Der Dreiradler im Mühlviertel Bericht über den Bau, den Nutzen und das langsame Verschwinden eines imgewöhnlichen Fahrzeuges Von Hans Falkenberg Als ich Ende der 60er Jahre zum er sten Mal durch das Mühlviertel fuhr, be geisterten mich nicht nur die unberührte Landschaft und die malerischen Orte. Neben Mähdreschern und Traktoren gab es Leiterwagen, von Pferden gezo gen, und Bauern, die mit Pferden oder Ochsen pflügten. Die Mechanisierung der bäuerlichen Welt war in vollem Gang, aber noch sah man in vielen Dör fern und Ortschaften Arbeitsgeräte der traditionellen Wirtschaftsformen im täg lichen Gebrauch. Das Mühlviertel gehört zu den an mutigsten Landschaften Oberöster reichs. Für Jahrhunderte lag es abseits der großen Verkehrswege, holte den Rückstand in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg aber schnell auf. So gehört heute ein Pferdefuhrwerk zu den seltenen Anblicken auf den Mühlviertler Straßen.^ Es gibt nicht viele Arbeiten über bäu erliche Arbeitsfahrzeuge in der volks kundlichen und technischen Literatur.^ Sie werden meist in Werken über bäuer liche Geräte und den Fahrzeugbau be schrieben. Eine erfreuliche Sonderstellung nimmt in der so spärlichen Dokumentie rung das Mühlviertel ein. Der Wissen schaftler Olaf Bockhorn' bearbeitete sy stematisch die Wagen und Schlitten die ser oberösterreichischen Bezirke Ende der 60er Jahre. Das Ergebnis veröffent lichte der Oberösterreichische Museal verein 1973 und 1978.'' Die Fülle der damals noch vorgefun denen Fahrzeuge ergab eine umfassende Bestandsaufnahme, bevor sich die weit fortgeschrittene Mechanisierung und Motorisierung endgültig durchsetzte. Heute, 25 Jahre später, könnte eine so materialreiche Arbeit nicht mehr ge schrieben werden. Die erstaunliche Ausnahme von den in diesem Vierteljahrhundert ver schwundenen Wagen bildet der Mühl viertler Dreiradler, das letzte eisenbe reifte Holzfahrzeug, schmucklos, klobig. Die „Mühlviertler Rundschau" veröffentlichte am 4. 7. 1991 ein Foto mit dem Titel „Heuernte mit einem PS" als wissenswerte Information. Es zeigt einen pferdegezogenen, heubeladenen Leiterwagen. In der gleichen Ausgabe wird ein Traktor abgebildet: „Feldarbeit anno dazumal". Die Aufnahme stammt von 1958 und brachte dem Einsender ein Honorar von 100 Schilling ein. Ältere Geräte der landwirtschaftlichen Me chanisierung sind bereits museumsreif. ' Für die Dokumentation aus der Nachkriegszeit in Osterreich seien u.a. genannt: Karoly Gaal, Karl Haiding, Helmut Prasch, Franz Simon, für Bayern Wolfgang Beck, Jürgen Heinrich Mestemacher, Helmut Sperber, Torsten Gebhard (s. Literaturverzeichnis). ' Dr. Olaf Bockhorn ist am Institut für Volks kunde an der Universität in Wien tätig. ' Olaf Bockhorn, Wagen und Schlitten im Mühl viertel, Bd. 1 Linz 1973, Bd. 2 Linz 1978.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2