OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 3

Wiener Plastiker des späten 19. Jahrhunderts in oberösterreichischen Friedhöfen Von Alfred Mühlbacher-Parzer ^A^erke der Grabskulptur „zählen zu den ältesten und auch bedeutendsten künstlerischen Leistungen der Mensch heit."^ In der klassischen Antike durften die Toten nur außerhalb der Stadtmauern beigesetzt werden, während im Frühchri stentum der Kirchenraum zum Bestat tungsort wurde, und zwar möglichst in der Nähe des Altars, d. h. dem Platz des Märtyrergrabes. Diese Kirchenbestat tung - das Vorrecht gewisser Schichten - wurde im 18. Jahrhundert aufgegeben. In der Antike gab es - abgesehen von der Stele - zwei wesentliche Anlagen: das Mausoleum und den Sarkophag. Im Mittelalter kam es zu einem weitgehen den Verzicht auf den Sarkophag (und damit zum Aufgeben der Grabplastik), da aus Platzgründen bei der Kirchenbe stattung ein neuer, spezifisch mittelalter licher Grabmaltypus entstand: die Grab platte (niveaugleich mit der Bodenfläche verlegt). Erst aus der skulptierten Grab platte (II. Jahrhundert) kam es über Flachrelief und Hochrelief zur Statue. Durch Anheben über das Fußboden niveau entstanden Tumha und Tischgrab (besonders in der Hochromanik und Gotik). Wandel der Todesanschauung Die wesentliche Voraussetzung der Grabmalplastik liegt im Wandel der To desanschauung: - Für das Mittelalter gilt das „Memento mori" - der Tod als Ende und Schranke des Menschlichen und Irdi schen. - In der Barockzeit will der Mensch über den Tod triumphieren und „im Bilde" (in effigie) weiterleben. - Der Klassizismus will den Tod be wältigen helfen („der verdrängte Tod"): der Tote ist der „Entschlafene". Das Grab mal wird das bevorzugte Todesmotiv! Neben die christliche Deutung des To desgeschehens treten Bilder aus der grie chischen und römischen Mythologie. Statt des figürlichen Schmuckes kom men symbolische Andeutungen: Pyra mide, Obelisk, Auge im Dreieck. Weiters finden wir den Genius mit der verlö schenden Fackel. Mit dem Abschieds motiv kommen verhüllte Frauengestal ten. - Die Romantik (die „Nachtseite" nach der Tageshelle des Klassizismus) sucht die Rechtfertigung des Todes („der verherrlichte Tod"). Dabei wird auch der „Tod für das Vaterland" verherrlicht! An stelle des Grabmals tritt der Friedhof als „melancholische Gattung von Gärten" (Theorie der Gartenkunst, Hirschfeld, 1775). - Im 19. Jahrhundert wird der Grab malkult zum Denkmalkult: Das Grab denkmal wird eine der zentralen künstle rischen und gesellschaftlichen Aufgaben des Historismus. ' Kitlitschka, Grabkult - Grabskulptur, S. 7.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2