OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 3

1945 an die Ostfront. Theodor Haecker erlag - zu vor noch ausgebombt - nur wenige Tage später seiner Zuckerkrankheit, der Sohn starb im Jänner 1946 in der Gefangenschaft. 1935 war Haeckers Frau an Nierenkrebs gestorben. Diese kurze Vita mag manches an Bitterem in Haeckers Werk verständlich machen. Seine Schriften waren radikal, also an die Wurzel ge hend, etwa: „Was ist der Mensch?" (1933), oder: „Uber den christlichen Sinn der Geschichte" (1935). In unvollständiger Form waren nach Haekkers Tod seine „Tag- und Nachtbücher 1939-1945" bereits 1947 bei Kösel in München erschienen. Wie schon angedeutet, war Haecker vor dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang einer der we sentlichsten Mitarbeiter des religiösen Fragen auf geschlossenen „Brenner" gewesen. Hatte Carl Schmitt das Wesen des Polibschen als das eines Freund-Feind-Verhältnisses herausgestellt, so ver weigerte ihm Haecker hierin die Gefolgschaft: Denn daraus folge ja, „daß das Ziel des Politi schen nicht mehr der Friede ist, sondern der Krieg. Und das ist nicht gut, und es ist auch nicht wahr". Das Wesen des Politischen ist vielmehr die Ge rechtigkeit (Kelsen stellt die Pilatus-Frage neu: „Was ist Gerechtigkeit?"), ihr Ziel der Friede, den der ins politische Chaos weisende Vertrag von Versailles gefährde. So geschrieben 1933! Der Christ Haecker war auch politisch hellsichtig; das zeigen auch die hiemit angezeigten „Tag- und Nachtbücher 1939-1945". Josef Demmelbauer Christian Graf von Krockow: Die Entscheidung. Eine Untersuchung über Emst Jünger, Carl Schmitt, Martin Heidegger. Mit einem Vorwort 1990. Reihe „Theorie und Gesell schaft", Bd. 16. Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 1990. 164 Seiten, franz. Brosch., DM 38,-. Die Erstausgabe dieses Buches erschien 1958 im Ferdinand-Enke-Verlag, Stuttgart, war rasch vergriffen und ist nur noch mit Mühe - etwa im Wege der Fernleihe - aufzutreiben. Wegen seiner anhaltenden Bedeutung für die Aufklärung der geistigen Entwicklungen und Kräfte vor und um 1933 hat der Campus-Verlag eine unveränderte Neuausgabe mit einem ebenso kurzen wie erhel lenden Vorwort des Verfassers vom Jänner 1990 auf den Markt gebracht. Der Philosoph und der Staatsrechtler sind fast gleich alt gewesen: Hei degger ist 1889 geboren und starb 1979, Carl Schmitt war ein Jahr älter und starb im Patriar chenalter in seinem Geburtsort Plettenberg in Westfalen (1888-1985). Der Dichter lebt heute, be reits 96 vorbei, seit nun schon über vierzig Jahren in Wiltingen in der Schwäbischen Alb in einem Forsthaus der Familie von Stauffenberg, von wo er noch als Neunzigjähriger zu weiten Reisen auf gebrochen ist. Gertrud Fussenegger kennt und schätzt ihn, der auch ein Bewunderer und langjäh riger Briefpartner Kubins war. In Heideggers Bann geraten sind auch Osterreicher: der Lyriker Paul Celan, der in Paris 1970 seinem Leben ein Ende setzte; Ingeborg Bach mann, die heuer, wäre sie nicht 1973 einem Brand unfall erlegen, 65 Jahre alt geworden wäre, ver faßte 1950 eine Dissertation über „Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Hei deggers"; schließlich der frühverstorbene Philo soph Fridolin Wipplinger aus Haslach, ein Bruder des in Linz beheimateten Pianisten. Das frühe In teresse, das der - so wie Heidegger und Schmitt - nach 1945 politisch mißliebige Ernst Jünger selbst in Osterreich fand, zeigt sich u. a. daraus, daß seine Kriegstagebücher „Strahlungen", erstmals 1949 in Tübingen erschienen, bereits 1950 im Ver lagjohann Schönleitner, Linz a.d. Donau, heraus kamen, den Druck besorgte hiebet der OÖ. Lan desverlag, Betrieb Ried i.I. Carl Schmitt, Anti pode unseres großen Staatsrechtlers und Rechts philosophen Hans Kelsen, des Vaters unserer Bundesverfassung, ist von Krockow im Vorwort 1990 „zum wahrscheinlich berühmtesten, jeden falls zum umstrittensten deutschen Juristen des 20. Jahrhunderts aufgerückt...". Soweit die Vorstellung dieser Trias, die mit ihrem Denken das der „antibürgerlichen Bürger lichkeit" vor der „Machtergreifung" bestimmte und in schroffem Gegensatz zu den damaligen Spielarten des Sozialismus stand. Für den Verfas ser der „Entscheidung" läßt sich an den Schriften von Jünger, Schmitt und Heidegger am klarsten ablesen, was die „Jahre der Entscheidung" (Os wald Spengler) um 1933 „rechts" bestimmt hat. Unmittelbaren Zugang hiezu bietet Ernst Jüngers Schrift „Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt", erstmals 1932 erschienen, wobei Jüngers „Arbei ter" nichts mit dem Proletariat, das der Bourgeoi sie im Klassenkampf gegenübersteht, zu tun hat, sondern die Dichotomie „Soldat" und westlich liberaler Bürger meint, wie Nicolaus Sombart ge zeigt hat (Serie Piper, Bd. 596, S. 144ff.). Das Werk Carl Schmitts hat der Rezensent im letzten Heft

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