Wissenschaftler, Mitherausgeber der Zeitschrift, hat in Deutschland einen klingenden Namen. An nähernd gleichzeitig hatte der Mitbegründer von „Der Staat", der Tübinger Professor Roman Schnur, an den Schluß eines Vortrages in Posen Betrachtungen über Postmoderne und Jurispru denz gestellt und dabei aus Robert Musils Essay „Das hilflose Europa" zitiert: .. daß jeder der von da und dort sich kreuzenden Ideen ein gewisser Lebenswert einwohnt, Unterdrückung Verlust und nur Aufnahme Gewinn bringt..." Von den 160 Seiten, die jedes Heft hat, kommen 30 Seiten auf diese gelehrte, dabei aber gut lesbare Studie. Wir stoßen hiebei außer auf neue Namen - insbesondere Lyotard ragt heraus - auch auf „Väter" des postmodernen kultur- und technikkritischen Denkens, auf Nietzsche und Heidegger oder auf Wittgenstein. Im politischen Bereich fühlt sich insbesondere der fundamenta listische Flügel der Grünen als Träger eines post modernen Bewußtseins. Da er bei der letzten Bun destagswahl unter die Räder gekommen ist, wird man zumindest derzeit Sontheimer zustimmen müssen, wenn er lapidar formuliert: „... es gibt keine Postmoderne in der deutschen Politik." Das heißt aber nicht, daß nicht in nächster Zeit mit Beeinflussungen der Politik von dieser Seite her zu rechnen sein wird. Daher auch das „Ergrünen" der etablierten Partei! Im selben Heft liest man weiter über „Das Ver hältnis von Staat und Kirche im Zusammenhang der pluralistischen Verfassung" (Pawlowski). „Der staatsrechtliche Positivismus in der Weimarer Republik", die Antrittsvorlesung von Werner Heun an der Universität Bonn, sollte gerade in Österreich auf Interesse stoßen, geht es darin doch wesentlich um die Rechtslehre von Hans Kelsen, der als einer der Väter unserer Verfassung gilt. Dieser Lehre hat man ja vorgeworfen, sie habe wegen ihrer „bis zum Selbstmord gehenden Neu tralität" (Garl Schmitt) Hitler die legale Machtüber nahme erleichtert. Den kleineren Beitrag „Zur Diskussion um die Wissenschaftsethik" seiner Aktualität halber gesondert zu empfehlen ist wohl überflüssig. Bei den Buchbesprechungen freut sich der Österreicher über die eingehende und zustim mende Besprechung der bei Manz in Wien er schienenen „Theorie der Rechtssetzung", heraus gegebenen durch den Staatsrechtler Heinz Schäf ten ein Buch übrigens, das angesichts der Geset zesflut und des Zwanges zur Rechtsvereinheitli chung wegen unserer EG-Annäherung nicht nur gelobt, sondern auch gelesen werden sollte. Wenn wir aus dem 29. Band (1990) wieder das Heft 3 herausgreifen, so erregt unser Interesse zu nächst die Abhandlung „Bayern und der Bund": Bayern hatte nämlich am 20. Mai 1949 wegen föderalistischer Bedenken das vom Parlamentari schen Rat in Bonn ausgearbeitete und nur wenige Tage vorher von ihm verabschiedete Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mehrheitlich ab gelehnt. Es folgt ein Bericht über die Sondertagung der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer vom April 1990 über die verfassungsrechtlichen Probleme bei der Wiederherstellung der deutschen Einheit. Das Verhältnis zwischen den Gemeinden und den Landkreisen (Knemeyer) geht auch unsere Gemeindefunktionäre an. Im Beitrag über „Eigen rechte der Natur" wird die neuerdings in den Vor dergrund gerückte biozentrische Umweltethik dem klassischen anthropozentrischen Weltbild gegenübergestellt. Ist jene ein Lichtblick oder Irr licht für einen verstärkten rechtlichen Schutz der Natur? So wird im Untertitel gefragt. Der ge schichtlich Interessierte sei noch auf Besprechun gen zu Dokumenten über Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik (5 441 ff.) und des Buches „Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945. Nationalsozialismus und Bolschewismus" von Ernst Nolte aufmerksam gemacht. Einige Ver öffentlichungen dieses Werkes hatten maßgeblich zur Auslösung des sogenannten „Historikerstrei tes" beigetragen. Jedes neue Heft von „Der Staat" bringt neue Anregungen auf gewohnt hohem Niveau. Der Zeitschrift wäre weite Verbreitung auch in Österreich zu wünschen! Josef Demmelbauer Christoph Ehrentiaut: Die Versammlungsfreiheit im amerikanischen und deutschen Verfassungs recht. Schriften zum Internationalen Recht, Band 47. Berlin: Verlag Duncker & Humhlot 1990. 225 Seiten, DM 87,-. ISBN 3-428-06897-1 Von der Protestbewegung in den USA gegen den Vietnamkrieg ausgehend, schwappte eine De monstrationswelle nach Europa über, die 1968 einen ersten Höhepunkt erreichte. Die Demonstra tionen setzten sich später in der Bundesrepublik Deutschland als Ausdruck des Protestes gegen die nukleare Bewaffnung, gegen Atomkraftwerke u. a. fort. Bei uns sind sie unrühmlich als Gegenveran staltung zum Opernball medial wirksam gewor den. Schließlich haben Massendemonstrationen der DDR den Todesstoß versetzt und wesentlich zur Wende im Osten beigetragen.
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