OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 2

„Koalitionsregierung", .. wobei sie die jetzige Entwicklungsphase der Politik als das Gleichgewicht der Klassenkämpfe bezeichnen". Am 3. November erfahren wir vom Parteitag, daß Otto Bauer - getreu seinem Grundsatz „Demokratisch, solange wir können, Diktatur nur dann, wenn man uns zwingt und soweit man uns zwingt (ein recht dehnbarer Begriff!)" die Errichtung einer „neuen Klassenherrschaft" ablehnte. Im übrigen werde es eine lange Übergangsperiode geben, die mehrere Generationen dauern könne, eine Periode, „in der die kapitalistischen und sozialistischen Betriebe nebeneinander bestehen werden ...". - Am 4. November meldete sich laut „Tages post" der Abgeordnete Danneberg zu Wort und lehnte eine Teilnahme an künftigen Landesregierungen ab. Gleichzeitig stellte er neue sozialpolitische Forderungen. - Am 5. November wird auf Seite 3 knapp vom Abschluß des sozialdemokratischen Parteitages berichtet, auf dem vorher noch die „größten Schreier" zu Funktionären gewählt worden seien. Recht ausführlich kommentiert das katholische „Linzer Volksblatt" das Geschehen: Am 31. Oktober war auf der Titelseite unter „Auftakt zum Parteitag" über Krawalle im Wiener Gemeinderat zu lesen. Auf Seite 2 beschäftigte sich eine Glosse „Die Angst vor dem Bekenntnis" mit der Rolle der Freidenker in der Sozial demokratie. Am 3. November lautet der Leitartikel „Bürgerkrieg oder nicht?": „... Jede Stimme mehr für die Sozialdemokratie bringt uns die Gefahr näher." Die Schlagzeile vom 4. November auf der Titelseite lautete „Bekenntnisse: Intellektuelle und Mein bauern als Troß der Industriearbeiter - Demokratie als Mittel zur Klassenherrschaft - Religion das ,Opium des Volkes'". Der Abschluß klingt spöttisch: „... Nur zu dem Zweck, um die sozialdemokratische Demagogie richtig zu werten, verdanken diese kindischen Geständnisse festgehalten zu werden." Am 5. November warnt die Schlagzeile des Blattkopfes: „Es bleibt bei der Täuschung" (in der Stellungnahme der Partei zur Religion). „Religion ist Privatsache" bedeutet für Otto Bauer: „... Wer dabei mithilft, ist uns willkommen, was immer er über den Himmel denkt... Das christliche Volk weiß aber auch, was ihm bevorsteht, wenn es sich in das rote Lager locken ließe." Am 7. November beschäftigt sich das „Volksblatt" unter dem Titel „Ein trauriges Kapitel" mit der Forderung der Sozialdemokraten auf Abschaffung des § 144. Im „Linzer Wochenblatt (der ,Katholischen Blätter')" vom 6. November findet sich auf Seite 2 unter der Überschrift „Kulturkampf oder nicht?" die Bemerkung: „... Dr. Otto Bauer erklärte (auf dem Parteitag) einleitend, daß durch das neue Partei programm dem politischen Kampfe keine neue Richtung gegeben werden soll ... Also Augen auf, christliches Landvolk, damit du weißt, wen du vor dir hast, sobald der Wolf im Schafspelz kommt!..Auf Seite 3 wird unter der Überschrift „Warum Vizebürgermeister Resch ging" die Vermutung geäußert, daß dieser als Freidenker von seiner eigenen Partei zum Rücktritt gedrängt worden sei. Am 12. November befaßte sich die Titelseite des Blattes unter der Schlagzeile „Der Kampf um die Macht - Lehren des sozialdemokratischen Parteitages" vor allem mit der Klassenkampf parole, der die christliche Friedensbereitschaft und Solidarität gegenübergestellt werden: „... Kein Klassenkampf, kein Klassenneid, sondern Klassengemeinschaft... Weg mit der Klassenpolitik - her mit der Volkspolitik!"

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