OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 2

Vorstellungen. Ausdrücklich bekennt man sich zum Antisemitismus. Dennoch wäre die Partei gut beraten gewesen, wenn sie die im „Linzer Programm" von 1923 vor geschlagene „Öffnung nach links" auf dem Boden demokratisch-christlicher Grund sätze einer Annäherung an die Heimwehr vorgezogen hätte.^'' So aber blieb dieses Programm eine der vielen versäumten Gelegenheiten in der Ersten Republik. Drei Jahre später gab sich die Sozialdemokratie ebenfalls in Linz ein neues Programm.^® Mit dem Zusammenbruch der Donaumonarchie hatte sie als die „Partei des Friedens" und der Republik, welche die Habsburger vertrieb, ihren ersten großen Sieg errungen und sie in einer Koalition mit den Christlichsozialen federführend gemacht. Trotz Hunger und wachsender Inflation nahm diese eine Reihe großer Reformen (Frauenwahlrecht, Ausbau der Sozialgesetze, Steuerreform, Verstaat lichung)^'^ in Angriff, die, im Rahmen der Koalition erzwungen, vielfach gegen die Interessen des Bürgertums gerichtet waren. Ideologisch hatte sich der linke Flügel des radikalen Bauer" gegen den rechten des gemäßigten Renner^® durchgesetzt und sich die Partei für den „Austromarxismus" entschieden. Nach der Wahlniederlage von 1920 hatte Bauer diese in die Opposition geführt und hoffte so mit einer „Allesoder-nichts-Politik" möglichst rasch wieder an die Macht zu kommen. Damit hatte er sich aber verrechnet. Die Sanierungsmaßnahmen Seipels^' führten nach einer kur zen Stabilisierungskrise zu einem vollen wirtschaftlichen Erfolg.®'' Bis 1929 erlebte Anton Staudinger, Christlichsoziale Partei und Heimwehren bis 1927 (in: Die Ereignisse des 15. Juli 1927. Protokoll, Wien 1979, S. 110-136). Berchtold, a. a. O., 5.24 7 ff. - Albert Kadan und Anton Pelinka, Die Grundsatzprogramme der österrei chischen Parteien, St. Pölten 1979, S. 75-93 (Linzer Programm 1926). - Norbert Leser, Das „Linzer Pro gramm" und der 15. Juli 1927 als Höhepunkte austromarxistischer Politik (in: Die Ereignisse des 15. Juli 1927. Protokoll, Wien 1979, S. 150-168). - Helmut Feichten Das Linzer Programm der österreichischen Sozialdemokratie, Diss., Wien 1974, S. 231-280 (S. 258-265 behandeln auch das Linzer Programm 1926 im Spiegel der bürgerlichen und kommunistischen Presse). - Ernst Winkler, Die österreichische Sozialdemokratie im Spiegel ihrer Programme. Mit einer Einleitung von E. Winkler, Wien 1971, S. 3 759 (betrifft das Linzer Programm 1926). Emmerich Talos, Dimensionen staatlicher Sozialpolitik, Entwicklung und Perspektiven, Habil.-Schr., Wien 1980. - Ders., Staatliche Sozialpolitik in Österreich, Wien 1981. - Erwin Weissei, Die Ohnmacht des Sieges. Arbeiterschaft und Sozialisierung nach dem Ersten Weltkrieg, Wien 1976. Julius Braunthal, Otto Bauer, Wien 1961, - Victor Reimann, Zu groß für Osterreich. Seipel und Bauer im Kampf um die Erste Republik, Wien 1968; siehe auch NOB, Bd. X (von J. Deutsch) sowie Leser, Werk, S. 59-76. Jacques Hannak, Karl Renner und seine Zeit, Wien 1965. - Siegfried Nasko (Hrsg.), Karl Renner in Dokumenten und Erinnerungen, Wien 1982. - Dr. Karl Renner, vom Bauernsohn zum Bundes präsidenten, Wien - Gloggnitz 1979. - Siehe auch NOB, Bd. IX, S. 9 ff. (von A Schärf) sowie Leser, Werk, S. 314-325. Klemens v. Klemperer, Ignaz Seipel. Staatsmann einer Krisenzeit, Princeton 1976. - Friedrich Rennhofer, Ignaz Seipel. Mensch und Staatsmann, Graz 1978. - Bernhard Birk, Dr. Ignaz Seipel. Ein öster reichisches und europäisches Schicksal, Regensburg 1932. - Rudolf Blüml (Hrsg.), Ignaz Seipel. Mensch, Christ, Priester in seinem Tagebuch, Wien 1933. Viktor Kienboeck, Finanz- und Wirtschaftspolitik, Wien 1936. - Gottlieb Ladner, Seipel als Über winder der Staatskrise vom Sommer 1922 (Zur Geschichte der Entstehung der Genfer Protokolle vom 4. Oktober 1922), Diss., Wien 1962.

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