„Linzer Programme" 1882-1923 -1926. Meilensteine in der Parteiengeschichte Österreichs Von Gustav Otruba Ver nicht allzu langer Zeit wurde der Fremdenverkehrsslogan „In Linz beginnt's" kreiert, der eine Antwort auf das wesentlich ältere Bonmot „Auf Linz reimt sich Provinz" darstellt. Es herrscht eine uralte Animosität zwischen den beiden Donaustädten Wien und Linz, der lange Zeit klein gebliebenen „verträumten Fensionopolis" einerseits und der mächtigen Haupt- und Residenzstadt eines Vielvölker staates andererseits mit ihrer zentralistisch lenkenden und leicht überheblichen Bürokratie. Letztere pflegte zu spotten, daß Linz „weder an der Donau - wie es früher immer betonte - noch an der Westbahn, sondern nur an einer einzigen Straßenbahn linie" liege, womit man die Kleinstadt abseits allen Weltgeschehens charakterisieren wollte. In Linz hingegen lebte eine alte stolze Tradition einstiger Größe im Unter bewußtsein weiter: Im Spätmittelalter war die Stadt zweimal Gegenresidenz und Rivalin Wiens gewesen; hier bestand ein Zentrum des Widerstandes protestantischer Stände und rebellischer Bauern; die Linzer Märkte waren jahrhundertelang eine Drehscheibe des West-Ost-Donauhandels mit dem Nord-Süd-Verkehr von Polen bis Italien, während Wien darin nur eine Randposition einnahm, mit der von den oberösterreichischen Ständen ins Leben gerufenen Linzer Wollenzeugfabrik hatte die Protoindustrialisierung der Donaumonarchie begonnen; nach den Napoleoni schen Kriegen wurde die Stadt zu einer der modernsten Festungen zum Schütze Wiens ausgebaut usw. Während Wien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr zu einem Schmelztiegel der vielen Nationen des Habsburgerreiches wurde und damit immer mehr seinen deutschen Charakter verlor, lebte im deutschen Bürgertum der Alpenstädte das alte Reichsbewußtsein weiter. In Linz hatten 1742 die oberösterreichiscben Stände dem Wittelsbacher Karl Albrecht gehuldigt und der Pragmatischen Sanktion abgeschworen; desgleichen wehten im Revolutionsjahr 1848 über der Stadt die schwarz-rot-goldenen Fahnen des Reiches und nur vereinzelt die schwarz-gelben der Habsburger. In der Folgezeit - unter dem Druck des Absolutismus - verband sich der Deutschnationalismus des Kleinbürgertums immer enger mit dem antiklerikalen Liberalismus^ der wenigen Großbürger, vermutlich ebenfalls eine Oppositionshand lung gegen die enge Verbindung von Thron und Altar in der Residenzstadt, gegen Kurt Wimmer, Liberalismus in Oberösterreich. Am Beispiel des Liberalpolitischen Vereins für Ober österreich in Linz (1869-1909), Linz 1979.
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