OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 1

Ein Jahrtag der Zimmerleute zu Steinbach Wir wollen uns jetzt in frühere Zeiten zurückversetzen und den Zimmerer jahrtag am 12. Juni 1656 miterleben. Damals lag der dritte Bauernaufstand bereits 30 Jahre zurück, die Leute waren zum katholischen Glauben übergetreten.'^ Am Dreifaltigkeitssonntag 1656 sagte wohl der Meister zu seinen Gesellen und Lehrjungen; „Morgen halten wir unseren Jahrtag. Richtet euer Feiertagsgewand, putzt eure Schuhe, und geht bald schlafen!" Am Montagmorgen zwischen 8 und 9 Lfhr trafen sich auf der Herberge am'Platz in Steinbach (wahrscheinlich Nr. 1, heute Pfarrzentrum) acht Meister, 63 Gesellen und die Lehrjungen des Zimmerhandwerks. Hierauf gingen sie mit dem Abgesandten der Herrschaft Steyr in feierlichem Zug in die Pfarrkirche Steinbach zum Hochamt. Der damalige Pfarrer Johann Gottfried Iglseder wird ihnen eine zünftige Predigt gehalten haben. Beim Opfergang gingen die Meister voran und achteten darauf, daß jeder Geselle und Lehrjunge sein angemesse nes Opfer leistete. Dann begaben sich 'die Zimmerer in ihre Herberge, wo sie der Wirt als Herbergsvater begrüßte. Zur Sicherheit mußte jeder sein Messer beim Betreten der Herberge abgeben. Der Zechmeister Wolf Söllräthner aus Steinbach öffnete mit dem Viergesellen in Gegenwart des ganzen Handwerks die Zechlade. Bei geöffneter Lade war jeder verpflichtet, sich sittsam und gefällig zu benehmen, höflich und ruhig zu sprechen, nicht zu fluchen oder iu schreien und sich nicht zu betrinken. Nun bezahlte jeder Meister den Vogtsechser für die Vogtherrschaft Steyr. Dann erlegte jeder Meister 17 Kreuzer und jeder Geselle 13 Kreuzer Aufleggeld in die Lade: Zechmeister Wolf Söllräthner aus Steinbach Nr. 6 hatte sieben Gesellen, Viermeister Andre Weger hatte elf Gesellen, Meister Wolf Faller sechs Gesellen, Mei ster Georg Gassenpaur vier Gesellen,! junger Meister Adam Windtermayr aus Sierning elf Gesellen, Meister Ägidi Egger fünf Gesellen, Meister Wolf Hollner achtzehn Gesellen, und Meister Hans Streift hatte einen Gesellen. Die Zechamtsrechnung über Einnahmen und Ausgaben des Handwerks seit dem letzten Jahrtag wurde vorgelesen, ohne Einspruch gutgeheißen und vom Vertre ter der Vogtherrschaft bestähgt. Nun folgte das Ledigzählen der Lehrjungen, die ihre Lehrzeit beendet hatten: Meister Hans Streift zählte ledig den Abraham Humpl, Viermeister Andre Weger den Stephan Radlmayr und den Hans Gschnaidtner, Meister Hans Grueber den Hans Windtermayr, Meister Wolf Faller den Wolf Ferg und Meister Wolf Holler zählte ledig den Wolf Wührgrabner. Jeder Meister stellte den ausgelernten Lehrling dem Handwerk vor und berichtete über sein Verhalten. Die Jr^ngen wurden gefragt, ob sie vom Meister ihre Lehrlingsentschädigung bekommen haben. Nachdem niemand etwas gegen sie vor zubringen hatte, dankten sie ihrem Meister für die viele Mühe bei der Lehre und Oö. Landesarchiv: HA Steyr, Sch. 1078, Fasz. 501, Nr. 8. Jahrtag der Zimmerleut, Bericht des Amtmanns in Steinbach an die Herrschaft Steyr, 12. Juni 1656.

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