OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 1

dem N. und N, ein ganzes Handwerk der Zmmerleut von Meister und Gesellen, die auf dem Land in beiden Landgerichten Hall und Steyr wohnhaft sind, eine Handwerksordnung hatten, die ihre Vorfahren, da man Christi unsers Heilands Gehurt im 1521. Jahr gezählt, Gott dem Herrn zu Loh und ihnen seihst zu guter Gewohnheit und Handwerkssitten, unter des wohlgehorenen Herrn Herrn Wilhelm Freiherrn zu Rogendorf und Mollenhurg als derselben Zeil Burggrafen auf Steyr Ferti gung aufgerichtet haben. Dann wiederum eine Erneuerung oder Bestälignug darüber, die ihnen das nächst vergangene 1561. Jahr von meinem Burggrafen Herrn Vettern, Herrn Hansen Hofman Frei herrn zu Grüenbichl und Strechau seligen, als damals gewestem Burggrafen auf Steyr gegeben worden. In welchen beiden Briefen und Handwerksordnungen sie ein Handwerk der Herrschaft Steyr mit aller Vogtei unterwürflich gemacht, und bisher also in ruhigem Gebrauch gewest. Seitmal sie aber über solch ihre Handwerksordnung, gemeines Lands aufgerichteten PoliceyOrdnung nach, etliche Artikel zu vermehren und zu verbessern hatten, baten sie uns in untertänigem Gehorsam, daß wir ihnen dieselben von obgedachter Herrschaft Steyr und der beiden Landgerichte wegen, in eine neue Handwerksordnungverfassen, dieselbe nicht allein gutheißen und bestätigen, sondern jetzt und zukünftig fest schützen und handhaben wollten. Wann wir dann solch ihr Bitten zu Beförderung des gemeinen Nutzens und guter Ordnung und Gewohnheiten ihres Handwerks angesehen. Auch der Römisch-kaiserlichen Majestät unseres allergnädigsten Herrn über dieses Erzherzogtum Osterreich ob der Enns publizierte Landgerichtsordnung zuläßt, daß ein jeder Landgerichtsherr in seinem Landgericht gute Ordnung und Gewohnheiten, die dem Landesbrauch und der Billigkeit nicht zuwider oder sonst jemand zu Beschwer gereichen, vornehmen und anrichten möge. Demnach so haben wir ihnen solch oftgedacht ihr Begehren und Bitten zu Verbesserung und Mehrung dieser ihrer Handwerksordnung bewilligt und dieselh in Artikel verfaßt, wie sie unterschiedlich hernach folgen.^" Jahrtag: Als erstlich so sollen Meister und Gesellen des Zimmerhandwerks, soviel ihr zu jeder Zeit inbeidenvorbenannten Landgerichten wohnhaft sein werden, im Jahr einmal nämlich all mal am Montag vor dem Gottsleichnamstag, wie von Alter herkommen, im Stainpach oder wo es einem Handwerk und der Herrschaft Steyr von Vogtei wegen gefällig sein will, ihrer uralten wohl meinenden Ordnung nach, einen Zusammenkunftstag halten. Und am selben morgens früh, vor allen anderen Handwerkssachen oder Handlungen das heilige Wort Gottes besuchen und anhören. Welcher Meister oder Geselle aber das aus Lässigkeit nicht täte, und doch auf solchen Zusammen kunftstag erschienen wäre, der sei der Herrschaft Steyr als vogtlichen Obrigkeit zu Strafe ver fallen das kleine Wand! 71 Pfennig.^^ ' Hall ist der alte Name von Bad Hall, dort war der Sitz des Landgerichtes Hall. Mollenburg liegt in Nie derösterreich und hat nichts mit Mölln im Steyrtal zu tun. Kaiser Ferdinand 1. hatte 1552 eine allgemei ne Polizeiordnung auf der Grundlage der Polizeiordnung von 1527 erlassen. Darin bestimmten zahl reiche Kapitel Handwerksangelegenheiten, daher wurde es notwendig, die Handwerksordnung zu er gänzen. ' Der Gottsleichnams tag heißt heute Fronleichnam. In den vorigen Ordnung von 1561 fehlt dieser Arti kel über den Jahrtag. Doch ist darin zu lesen, daß die Zimmerer laut ihrer uralten Ordnung von 1521 be reits einen Zusammenkunftstag gehalten haben. Die älteren Handwerksordnungen enthalten über haupt weniger Bestimmungen. Man hielt es offenbar nicht für nötig, alte Gewohnheiten und Hand werksbräuche aufzuschreiben. Weiters wird das „heilige Wort Gottes" genannt. Die Protestanten leg ten damals großen Wert auf das reine Wort Gottes, das unverfälschte Evangelium. Von etwa 1530 bis 1626 war der größte Teil der Bevölkerung unteres Landes protestantisch. - Mit dem kleinen Wandl ist eine festgesetzte Strafgebühr gemeint.

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