OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 4

Heilsversprechungen ihrer verschiedentlichen Diktatoren in blutige Gewaltfron ver führte Menschheit immer wieder den Weg in den Frieden eines sozialen Ausgleichs. Denn schließlich und endlich bleibt uns Menschen ja doch nichts anderes übrig, als daß wir uns, wie in unserem Erkennen bescheiden, so in unserem sozialen Streben vertragen." Schöneres, aber auch Resignativeres läßt sich zu diesem die Weltgeschichte durchziehenden Kampf um die beste Gestaltung des Zusammenlebens im Staat wohl nicht sagen. Freilich fällt einem dazu das Nestroy-Wort ein, daß die edelste Nation die Resignation sei. Marxismus als Ersatzreligion So konträre Auffassungen Kelsen und Hermann Heller in der Rechts- und Staatstheorie vertraten, so konvergent - und hiebet sprachvollendet - waren sie in ihrer Skepsis gegenüber ideologisch fixierten Standpunkten. Soweit der Marxismus „in Verfolgung des Bestrebens, Religion nicht nur in Wissenschaft und Kunst, sondern vor allem in Politik und Gesellschaftsveränderung aufzulösen, selbst zu einer Ersatzreligion (wird)", hielt ihm der deklarierte Sozialist Heller entgegen: „Wir sind Sozialisten, weil wir danach streben, daß so viel an Freiheit und Gleichheit im Menschengeschlecht verwirklicht werde, als sein Gesamtzustand nur immer erlaubt. Wir werden aber im gleichen Augenblick wirklichkeitsfremde und zersetzende Fantasten, wenn wir ohne Respekt vor der Wirklichkeit eine absolute Freiheit und Gleichheit in irgendwelcher Zukunft jemals verwirklichen zu können glauben. Nie und nimmer kann die letzte Sehnsucht unserer Seele durch die Politik befriedet werden. Die endgültige Überwindung aller gesellschaftlichen Gegensätze, die Lösung der aufgezeigten Widersprüche ist nur möglich im Religiösen, wo die Lösung als Erlösung erlebt wird. Absolute Freiheit ist eine religiöse, keine gesellschaftliche Idee ... Jene Vermischung der religiösen und gesellschaftlichen Lebenssphäre aber verunreinigt die Seele und verdirbt die Polihk." Stifter als politischer Dichter" Mit diesen bekenntnishaften Sätzen bringt der Staatsrechtler Hermann Heller zum Ausdruck, was Quintessenz des in seiner ordnungspolitischen ' Dem Leiter des Stifter-Institutes, Dr. Johann Lachinger, verdanke ich den Hinweis auf die zum 100. Todestag Stifters 1968 erschienene geistesgeschichtliche Studie von Adalbert Langer „Zu den Quellen des Rechtsdenkens bei Adalbert SHfter" in der Schriftenreihe des Adalbert-Stifter-lnshtutes des Landes Oberösterreich. Aus der darin nachgewiesenen Literatur sei herausgehoben: „Der Rechts gedanke Adalbert Shfters" von Erik Wolf. Freilich mußte diese Martin Heidegger gewidmete Studie dem Geist der Zeit ihres Erscheinens -1941 - einigen Tribut entrichten. Das Motto, eine Briefstelle von Shfter, weist dies bereits aus: „Recht und Sitte ist das Höchste der Welt, und wie nach meiner Meinung das deutsche Volk das erste an Geist und Seele ist, sollte es stets an der Spitze stehen von Recht und Sitte ..." 1925 schrieb dann der Soziologe Robert Michels, den Eisermann in „Der Staat", Heft 2/1987, „wiederbelebt" hat, „in beinahe klassischer Naivität" (Kelsen, Das Problem des Parlamentarismus, in: Die Wiener Rechtstheoretische Schule, S. 1686): „Wie die Italiener die Elite unter den Völkern Europas darstellen, so stellen die Faszisten die Elite unter den Parteien Italiens dar ..." Wie sich die Sätze gleichen!

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