OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 4

hohen und doch wohl schweren Bischofsstab. Dessen Gewicht aber wird überhaupt negiert. Der schwerelose Stab lehnt auch nicht an der Schulter, er drückt sich nicht in den Stoff des Ge wandes ein, nur der Mantelrand ist zurückgeschlagen. Der Maler konzentriert das gesamte Bild auf das Schauen des Göttlichen, das dem Betrachter aber verborgen bleibt. Das Bildfeld eines Altaraufsatzes ist zu beschränkt, um Platz für die licht umstrahlte Erscheinung einer göttlichen Person zu bieten. So vermittelt uns der Künstler das transzendente Geschehen allein durch die Reaktion dessen, dem es zuteil wird. So, wie es in dem Bild keine Archi tektur oder Requisiten gibt, die von der Bildaussage ablenken würden, ist auch das Individuelle in der Gestalt des heiligen Nikolaus stark zurückge nommen. Alles, was wir sehen, ist ein alter Mann, an dem das Wirken Gottes sichtbar wird. Dabei wird die Biographie des einzelnen nebensächlich. Trotzdem muß man sich ein gestehen, daß das Gemälde durch die Routine des vielbeschäftigten Meisters manches eingebüßt hat; Der heilige Nikolaus scheint etwas zu gewohnheits mäßig aus dem Figurenrepertoire ge griffen. Der Typus hat die Persönlichkeit des Dargestellten völlig verdrängt. Denn wenn das Thema auch die Dominanz der Allgemeingültigkeit über das indivi duelle Porträt rechtfertigt, ganz hätte der Mensch Nikolaus von Myra nicht ver schwinden dürfen hinter der Gottes vision eines „anonymen" Christen. Auch in der Ausführung entdeckt man einige Mängel. So ist die Perspektive nicht immer konsequent durchgezeichnet, wie etwa an der Schnecke des Bischofs stabes. Wir haben also ein durch schnittliches Werk eines bedeutenden Barockmalers vor uns. Überhaupt war das Tafelbild nicht Bartolomen Altomontes Stärke. Nicht alle seiner Figuren halten der kritischen Betrachtung aus der Nähe stand. Seine Hauptleistungen liegen auf dem Gebiet des Freskos, das im Zusammenhang der Raumdekoration steht,^ wie in den Stiftskirchen von Wilhering und Spital am Pyhrn. Man muß sich allerdings der Gerechtigkeit halber vor Augen halten, daß ein Auf satzbild nicht als Einzelgemälde gedacht ist, sondern für einen stark erhöhten Standort in der optischen Einheit eines Altaraufbaues. Doch zurück zum Bild selbst: Sein Aufbau ist einfach und klar. Der Bischofsmantel gibt der Figur eine monumentale Pyramidenform, bildet gleichsam einen festen „Sockel" für den bewegten Blick, der aus dem Bild hinaus führt - inhaltlich wie formal zu etwas Höherem. Der schwere Stoff des Bischofs mantels bricht großflächig um, die Knicke runden sich ab. In starkem Kontrast dazu stehen die unzähligen kleinen Falten des leichten Chorhemdes, eine vibrierende Oberfläche ohne festlegende Binnenzeichnung: weiße Höhungen die Faltengrate, graue Schatten dazwischen in den Faltentälern. Der knittrige Stoff des Chorhemdes mit seinem Spitzenkragen ist der Sammel punkt des barocken Oberflächenlebens, das die Glanzlichter den beruhigten Konturen einflößen. In reinem Weiß B. Heinzl, Altomonte. S. 11 f.

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