OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 4

sein, das den Kirchenpatron in der Schilderung einer Legende oder in seiner Glorie den Gläubigen an prominentester Stelle gezeigt hat. Zu sehen ist auf dem Gemälde die Hüftfigur eines bärhgen alten Mannes im Bischofsornat der Entstehungszeit. Er trägt einen grünen Rock, darüber ein dünnes Chorhemd mit Spitzenkragen, um den Hals gelegt eine Stola und über den Schultern den schweren Bischofs mantel mit goldener Borte und Schließe. Der Krummstab in der Linken und die Inful auf dem Haupt weisen ihn als kirchlichen Würdenträger aus. Die drei goldenen Kugeln, die auf dem Tischeck liegen, das von links in das Bildfeld hereinragt, deuten dem Gläubigen die Darstellung näher: Wir sehen den heiligen Nikolaus, Bischof von Myra in frühchristlicher Zeit, den Patron der Schiffer. Die Legende erzählt von ihm, daß er den drei Töchtern eines armen Mannes die Heirat ermöglichte, indem er ihnen unerkannt das Geld für die Aussteuer zukommen ließ. Bildliches Symbol dafür sind die drei goldenen Kugeln. Als spezifisches Attribut sind sie für die Erkennung des Heiligen so wichhg, daß der Maler sogar auf die Logik der Darstellung verzichtet hat, um die Dreizahl deutlich vor Augen zu führen. Die oberste der im Dreieck auf einandergestellten Goldkugeln würde sofort herabrollen, versuchte man, diese Scheinpyramide aus drei Kugeln nach zubauen. Der Raum, in dem der Heilige steht, bleibt unbestimmt. Da die Figur keinen Schatten auf den Hintergrund wirft, ist seine Tiefe nicht abschätzbar. Wir wissen nicht einmal, ob wir in einen Innenraum blicken oder nicht. Der Tisch scheint darauf hinzudeuten, doch die Ecke, die von ihm ins Bild hereinragt, führt nach links hinaus, anstatt uns die Raumtiefe zu erschließen. Ansonsten läßt sich nichts um den heiligen Nikolaus herum aus nehmen. Es war also nicht Anliegen des Malers, den Ort zu definieren. Der Schauplatz hat hier keine Bedeutung. Auch der Tisch ist nur da, um das unerläßliche Attribut zu tragen, damit die rechte Hand für das Entscheidende der Bildaussage - wie wir sehen werden - freigehalten wird: für die große Geste, in der sich der Seelenzustand der Figur äußert. Darauf konzentriert sich alles. Der Hintergrund ist nur eine einheitliche altrosa Folie, von der sich die Gestalt des Heiligen klar abheben kann. Die rechte Hand in demütiger Er griffenheit ans Herz geführt, blickt Nikolaus empor zum Himmel. Der Maler zeigt den Heiligen in dem Moment, wo er das Göttliche schaut. Seine Augen sind stark nach links oben gewandt, so stark, daß man beinahe nur das Weiß des Augapfels sieht. Das Glanzlicht auf der braunen Iris steigert den Blick für unser Empfinden fast zu einem „Schmachten". Für den Menschen im Barock war derart gefühlsbetontes Schauen aber eine durchaus nachzuvollziehbare Ausdrucksform seelischer Er griffenheit. Nicht nur das Gesicht, der ganze Körper wird von der göttlichen Macht erfaßt, die der Heilige ahnt. Locker, ja kraftlos berühren die leicht abgeknickten Finger der rechten Hand die Brust. So sehr packt den begnadeten Menschen die Vision des Göttlichen, daß er sich ihr mit ganzem Körper und ganzer Seele zu wendet. Da ist kein Platz mehr für Gesten oder Taten des menschlichen Willens. Auch die linke Hand umfaßt nur mit Daumen und Zeigefinger den manns-

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