OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 4

Zur Ablesbarkeü der Strukturveränderungen im Gestaltwandel Der wirtschaftliche Veränderungsprozeß begann, wie bereits festgehalten, nach der Hochblüte etwa ab dem 17. Jh., noch ohne in größerem Maß aufzufallen, denn erst gegen Ende des 19. Jh. war die industrialisierte Wirtschaft differenziert strukturiert und stark genug, um einen Verzicht auf das Selbstversorgerprinzip und auf kleinräumige Wirtschaftseinheiten zu ermöglichen. Dieser Änderungsprozeß ist in der Gestalt nachweisbar. Barockfassaden werden errichtet, ohne den Hausgrundriß und die Fensterachsen zu ändern. Nur jene Gebäude, die nach Bränden neu aufgebaut werden mußten, haben Grundrisse aus dem 18. oder 19. Jh. Von den wenigen Neubauten im 20. Jh. abgesehen, beschränkten sich die Umbauten im wesentlichen auf das Erdgeschoß und ließen von der alten Substanz nur Reste übrig, im Obergeschoß wurden - meistens eher ungeschickt - die Bedürf nisse nach moderner Hygiene erfüllt. Die Veränderung der Gestalt der hofseitigen Gebäude verläuft zeitlich ver zögert zum wirtschaftlichen Wandel. Die Verstärkung der Wohnbautätigkeit von 1950 bis 1980 ist durch Vergleich der Katasterpläne und Luftbilder aus diesen Jahren unschwer abzulesen. Die neuen Wohngebiete beanspruchen bei gleicher Bevölke rungszahl ein Vielfaches an Fläche; die noch bis Anfang unseres Jahrhunderts deut liche Differenzierung zwischen Siedlung und Landschaft ist völlig verschwunden. Der Funktionsverlust Das Überhandnehmen der Wohnfunktion führte zu einer Verringerung an Zentralitätskraft, ebenso wie die Funktionen Fremdenverkehr, Freizeiteinrichtungen, Zweig- und Außenstellen wenig zentralitätsfördernd sind. Seit der Schulbusaktion verliert auch die Schule ihre Zentralfunktion für den Marktort. Der im Ortszentrum freiwerdende Raum von ausgesiedelten Betrieben und / oder Verlagerung des Wohnstandortes wurde vom expandierenden tertiären Sektor beansprucht. Wenn auch Weyer heute fast alle Dienste eines kleinregionalen Zentralortes aufweist, so entspricht das Angebot in Qualität und Quantität nicht bei allen Dien sten dem „gewohnten" Stand. Diesen erwarteten Standard der potenhellen Bedürf nisbefriedigung (nicht der tatsächlichen!) bieten zur Zeit erst Steyr und etwas einge schränkt Waidhofen / Ybbs. Viele Dienste werden aber auch in Amstetten oder in der Landeshauptstadt Linz genutzt. Deshalb hat wie die anderen Marktorte auch Weyer die zentralitätsfördernde Funktion der Deckung des höherwertigen Bedarfs verloren. Auch die hohe Mobilität erleichtert die Lösung von Bindungen an tradierte Kriterien der Erreichbarkeit. Während der sechziger und siebziger Jahre wurden kleine Betriebe als „Struk turschwäche" betrachtet und nach Möglichkeit durch größere Einheiten ersetzt. Dabei ist übersehen worden, daß gewerbliche Klein- und Mittelbetriebe noch in ver-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2