OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 4

haben Rechteck-, Straßen-, Dreieckplätze, auch bei Hinzuzählung der erhobenen Märkte, die überwiegend dem Typus der unregelmäßigen Sammelsiedlung zuzuord nen sind, immer noch weit mehr als die Hälfte der Marktorte. Die zahlenmäßig kleinste Gruppe bilden die radialen Platzsysteme. Die strenge Grundrißform des Platzes wird durch die leichte Unregelmäßig keit der Bebauung (Rücksichtnahme auf die Topographie) und die differenzierte Fassadengestaltung aufgelockert. Das gibt dem Platz Bewegung, ohne die Ordnung aufzuheben. Der Ortsrand, in der Umrißlinie deutlich von der umgebenden Land schaft abgehoben, greift durch Form und Lage der Wirtschaftsgebäude sowie durch den direkten Übergang von der Marktparzelle zur Flurteilung in den Umraum ein. Dies kann heute noch trotz Zersiedelung festgestellt werden. Weyer ist allerdings aufgrund seiner topographischen Gegebenheiten einer der wenigen Marktorte, die zwar formal in den Umraum, aber nicht strukturell in Landschaft und Fluren eingebunden sind. Diese Form der Verbindung von Einfügung und Abgrenzung zum Umraum, Differenzierung einerseits und Gleichklang andererseits zwischen Innenform (Platz) und Außenform (Ortsrand) verdeutlicht in der Gestalt die Stellung und Auf gabe des Siedlungstyps Marktort als Bindeglied zwischen Dorf und Stadt. Für die Marktorte läßt sich eine Reihe von Gestaltgrundsätzen feststellen, die allerdings bei Siedlungserweiterungen seit Ende des 19. Jh. kaum mehr berücksichtigt wurden; ein Umstand, weshalb die Erweiterungsgebiete in ihrer Gestaltung nicht befriedigen können. Aus der Verwendung von Ordnungssystemen ergibt sich die Möglichkeit der Orientierung und Identifikation. Die Geschlossenheit der Bebauung läßt Räume auch differenziert und abwechslungsreich erleben; Größe und Form des Markt platzes korrespondieren mit den Maßen der Häuser am Platz, die Fassaden bewirken rhythmische Gliederung, ohne aufdringlich oder eintönig zu wirken. Der Einbezug der Topographie in die Gestaltung der Häuser und ihrer Lage zueinander lockert die Strenge des Ordnungssystems. Die Orts- und Platzeingänge werden durch die Stellung der Häuser besonders bezeichnet; dies dient der räumlichen Fassung und der Orientierung. Die Integration der Funktionen Arbeit, Wohnen, Erholen in jedem Marktbürgerhaus und im gesamten Ort ermöglicht ein Höchstmaß an differenzierten Gestaltungsmöglich keiten von der Großform bis zum kleinsten Detail. Die (früher nicht anders mögliche) Verwendung gleicher Materialien, gleicher Bauelemente und Anwendung gleicher Baumethoden bildet die Grundlage für die Vielheit in der Einheit der Gestaltung, für Ausgewogenheit von Individualität und Ordnung. Nicht zuletzt sind die „Schwellenbereiche" zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, zwischen Haus und Platz und teilweise auch im Erdgeschoß der Häuser zu erwähnen.

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