OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 3

Strömungen des Alpinismus bis hin zum Spitzen sport Bergsteigen zu beleuchten. Es ist auch ein Versuch, eine Brücke zu finden zwischen den Ver tretern des konservativen Alpinismus und den Sportkletterern. So berufene Autoren wie Hans-Peter Sigrist, Etienne Gross und Wolfgang Güllich nehmen sich dieser Problematik an. Trotz der großen Unter schiede zwischen alpinem Klettern und Klettern als Wettkampfsport ist heute doch die Bereitschaft zur gegenseitigen Akzeptanz erkennbar. Positive, aber auch negative Entwicklungen werden skiz ziert, hervorgehoben und kritisiert. Gleichzeitig wird auch klar, daß beide Sportrichtungen mit einer eigenen Denkrichtung und einem eigenen Le bensstil untrennbar verbunden sind, die aber trotz aller Unterschiede immer wieder Gemeinsamkei ten aufweisen. Am Rande werden dem Leser auch die jünge ren Alpinsportarten, wie Gleitschirmfliegen und Mountainbiking, nähergebracht. Die Sprache der Bergsteiger und die Motiva tion zum Bergsteigen sind Themen weiterer Beiträ ge in diesem Buch. Wie jedes Jahr ist ein Teil des Buchs dem Berg steigen in den Bergen der Welt gewidmet - in bei uns so unbekannten Gebieten wie in Korea und in so bekannten wie dem Everest-Gebiet, wo eine deutsche Expedition 1987 den 7.161 m hohen Pumori bestiegen hat. Dies ist sicherlich als Zei chen zu werten, daß nicht nur S.OOOer-Besteigungen Beachtung finden, sondern auch niedrigere Nebengipfel lohnende Ziele bieten können. Allen alpinen Kletterern, aber auch allen Sportkletterern sei der letzte Artikel „Traue kei nem herkömmlichen Haken' von Pit Schubert ans Herz gelegt, in dem er den Zustand und die Halt barkeit verschiedener Hakensysteme beschreibt und die Kräfte berechnet, die bei Stürzen aus ver schiedenen Höhen auftreten. Natürlich ist auch dem neunundachtziger Jahrbuch eine 1:25.000-AV-Karte über die Brenta beigelegt. Ghristian Hofinger Berg '90. Alpenvereinsjahrbuch. München: Bergverlag Rudolf Rother. 171 Seiten, S109,-. ISBN 3-7633-8051-3 Das diesjährige AV-Jahrbuch ist wieder, wie eigentlich schon üblich, äußerst vielschichtig ge staltet. Die Beiträge - Texte und Bilder - versuchen die vielen Aspekte des Bergsteigens und ihren Ein fluß auf die Kreativität, das Leistungsverhalten, die Zielsetzungen und Motivationen der Menschen, die diesen Sport betreiben, zu beleuchten. Der sportliche Aspekt stellt ja wieder nur ein Segment - allerdings ein ganz wesentliches - aus der Ge samtheit der Beschäftigung mit der Bergnatur dar. Der erste große Abschnitt des Buches ist den ötztaler Alpen gewidmet, dazu gibt es als Beilage die Neuauflage der AV-Karte 30/6 Wildspitze 1:25.000 von 1989. Die Faszination dieser Berg gruppe wird dem Leser durch Erlebnisberichte, durch die Beschreibung der Geschichte der Er schließung, durch Artikel über die Geographie und Geologie, durch Routenbeschreibungen und selbstverständlich auch durch das ausgezeichnete Bildmaterial nähergebracht. Im Großkapitel „Bergsteigen allgemein" be fassen sich Autoren wie Walter Siebert, Thomas Bubendorfer u. v. a. kritisch mit den verschiedenen Strömungen des modernen Bergsteigens, der Aus bildung der Bergsteiger, der Motivation, die zu Höchstleistungen im alpinen wie im Sportkletter bereich anspornt. Ziele, die für den Normalver braucher ohne entsprechendes langjähriges und konsequentes Training sicher nicht zur Nach ahmung zu empfehlen sind. Vor allem W. Sieberts Artikel über neue Wege in der Alpinausbildung liefert Denkansätze und Lösungsmöglichkeiten, die sicher noch nicht zum allgemeinen Gedankengut heutiger Ausbildungen gehören. Wie sehr heute die Ideen des Sportkletterns mit jenen „ernster" alpiner Unternehmungen ver schmelzen, zeigt Bernd Arnolds Bericht „End punkt und Anfang - Sportklettern an den TrangoTürmen, 6.000er im pakistanischen Karakorum". Auch heuer werden im Expeditionsteil des Jahrbuchs eine Reihe von wahrscheinlich nur Insi dern bekannten Zielen vorgestellt: der Pik Polyeda in der Sowjetunion, Bergsteigen rund um Cuzko, Berge über dem Regenwald von Madagaskar. Als besonderes Zuckerl ein Bericht über eine Expedition auf den Spuren des Schipioniers Fritjof Nansen: „Auf Schneeschuhen durch Grönland". Weiters finden sich Artikel über von der Berg welt beeinflußte Kunst und Kultur und - immer aktueller - über Umwelt- und Naturschutz. Das Konsumdenken macht ja auch vor den Alpin sportarten keinen Halt. Im Anhang kann sich der Leser noch über Un fallursachen und Unfallhäufigkeiten im alpinen Bereich in den Jahren 1986 bis 1988 informieren. Christian Hofinger

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