Geschichte schwankenden Linienführung hervorgeht. Für die Griechen, vor allem Eratosthenes, lag sie am Don und an seiner Mündung in das Asowsche Meer. Erst im 18. Jahrhundert, als Rußland zusehends in das Blickfeld des Westens rückte, wurde sie auf den Ural verlegt. Im 19. Jahrhundert von etlichen Geographen, darunter Carl Ritter, der zusammen mit Alexander von flumboldt als Begründer der wissenschaft lichen Geographie gilt, sogar noch weiter östlich, was der Verwaltungsgliederung schon des Zarenreiches entsprach, nämlich in das Tiefland des Ob, Irtysch und Tobol sowie seine Fortsetzung zum Kaspischen Meer. Inzwischen hat es sich einge bürgert, Europa wiederum am Ural enden zu lassen und südlich davon an einer Linie, die dem gleichnamigen Fluß zum Kaspischen Meer folgt. Dabei ist es Ansichtssache, im weiteren Verlauf die Manytschniederung, eine einstige Meeresverbindung, die zum unteren Don zieht, oder den Idauptkamm des Kaukasus zu benutzen. Es handelt sich freilich hierbei nur um eine konventionelle Grenzziehung, die höchstens einen Übergangsgürtel andeutet, da weder der Ural, für den vom Westen kommenden Rei senden ein Mittelgebirge über einem hügeligen Vorland, und noch weniger die an seinem südlichen Ende anschließende Kaspische Senke ein ernsthaftes fiindernis bilden. Was zeichnet nun dieses so verstandene Europa zwischen dem Nordkap weit jenseits des Polarkreises und Sizilien, wo sich bereits die Wärme der nahen Tropen ankündigt, sowie dem Kap Finisterre, an dem sich die Stürme des Atlantik brechen, und den Quellen der Kama und Petschora schon in der Nähe Sibiriens aus? Worin besteht seine natürliche Mitgift, die den Menschen fördert oder behindert? Seine reiche horizontale und vertikale Gliederung wird immer wieder her vorgehoben. Über ein Drittel seiner fast zehn Millionen km^ entfallen auf Inseln und Halbinseln. Auf lange Strecken gleichförmig verlaufende Küsten, die eher abwei send als einladend wirken, sind die Ausnahme. Mehr oder weniger geräumige Buch ten sorgen dafür, daß das Meer relativ nahe bleibt. Fast zwei Drittel Europas sind nicht weiter als gut 300 km davon entfernt, was in keinem anderen Erdteil der Fall ist. Das vom Atlantik kommende Westwetter mit seinen milden Luftmassen und seiner ausreichenden Feuchtigkeit, dem die vorwiegend vom Westen nach Osten streichenden höheren Aufragungen des Reliefs den Weg in das Innere erleichtern, ist daher zwar nicht ausschließlich, aber mit örtlichen Unterschieden im ganzen doch immer wieder vorherrschend. Dazu kommt im Nordwesten die Wärme des Golfstromes. Die kurvenförmige Abbildung der Breitenkreise auf vielen unserer Atlas- und Wandkarten, welche die Ränder nach oben rückt, macht es meistens nicht genug deutlich, wie sehr Europa dadurch begünstigt ist. Wien ist im Mittel gut um 3° wärmer als das etwa ebenso weit vom Äquator entfernte kanadische Montreal und Neapel fast um 5° als das damit vergleichbare New York. Wenn sich eine feste Eisdecke vor die Küsten Amerikas und Asiens legt, finden in Norwegen in der glei chen Breite der Seeverkehr und der Fischfang offene Häfen. Mit Ausnahme des äußersten Nordens und Südens sind in Europa weder allzu strenge und hartnäckige Winter noch alles versengende Sommerdürre ein unüberwindliches Hindernis für
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