OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 3

lang einer Bäuerin eine Speise nicht, so hatte der Müller die Schuld daran, er hat te das Getreide „vermählen". Bei den Müllern waren die jungen Bäuerinnen gefürchtet, die noch keine Rouhne im Brotbacken und im Heizen des Back ofens hatten. So mancher mißratene Laib Brot wurde auf die Unfähigkeit des Mül lers zurückgeführt.^ Auch die Tratsche reien der Bäuerinnen beim Kirchgang konnten für den einzelnen Müller von Nachteil sein. Jede pries „ihren Müller", sodaß bei der großen Konkurrenz durch Getratsche die Kunden ungerechtferhgterweise abgeworben wurden. Für die Qualität des Mehles waren von ausschlaggebender Bedeutung die Reinheit^ und Ausgereiftheit des Getrei des. Es mußte „resch", d. h. gut getrocknet, sein, damit keine Schimmelbildung auf treten konnte. Ferner sollte es frei von je der Verunreinigung, wie Unkrautsamen, Steinen, Erdklumpen und dergleichen, sein. Der Müller putzte zwar das angelie ferte Getreide mit Aspirateur und Trieur, aber jede Verunreinigung konnte er auch nicht entfernen. Besonders die Feuchhgkeit war vielfach ein Problem. Jene Land wirte, die das Getreide im sogenannten Hüttenkasten aufbewahrten, hatten die beste Qualität, denn die Körner waren bei dieser Lagerungsart von oben und von unten gut belüftet. Auch ein oftmaliges Umschaufeln des Getreides während der Lagerung war von Vorteil. Viele Bauern lagerten die doppelte Menge an benöHgtem Brotgetreide, um im Krisenfall genug Reserven zu haben. Die kleineren und ärmeren Landwirte konnten sich dies je doch nicht leisten, sie lebten wirklich von der Hand in den Mund. Auch die schlechteren Lagen waren benachteiligt. So waren die Bauern mit ihrem Getreide aus Unterwald, Sandl und Buchers nicht gern gesehene Kunden, denn ihr Roggen war kümmelgroß und hatte geringe Aus beute an Mehl.^ Es fehlte der „pralle" Kern, das Innerste des Kornes, aus dem das hochwerhge Mehl gewonnen wer den konnte. Diese bedauernswerten Leute fuhren von Mühle zu Mühle, und oft wurden sie abgewiesen. Ein Fest für Müller war der „Jahrtag" in Zettwing an der Maltsch.® Am letzten Sonntag im Jänner trafen sich alle „Eingezunfteten"' zu einem feierlichen Kirch gang mit Fahnenschmuck und Blas musikbegleitung. Zum Jahrtag wurden hier die Lehrlinge der Müllerzunft aufge dungen und freigesprochen. Und die Tanzunterhaltung, zu der die Bevölke rung der Umgebung gerne kam, dauerte ' Eine gute Beschreibung des Backvorganges lie fern Fritz und Thilde Lichtenauer in: Oö. Hbl., 41. Jg., H. 1, 1987. S. 3-10. ^ Alois Brandstetter schildert in seinem Roman „Die Mühle" (Residenz-Verlag Salzburg, 1981) sehr drastisch die verschiedenen Verunreini gungsgrade des Getreides. ' Nach Auskunft des Lexmüllers hat sich die Qualität des Getreide aus diesen Ungunstlagen in den letzten Jahrzehnten stark verbessert. Gründe dafür waren die Züchtung neuer Sorten und die Verbesserung der Düngung." ® Die Ortschaft Zettwing (Cetviny) an der Maltsch wurde erstmals 1325 urkundlich als Zetbune erwähnt (Urkundenbuch des Stiftes Hohenfurt). Der Ort war durchwegs von Deutschsprachigen bewohnt. Es bestand reger Verkehr zwischen den Zettwingern und den Windhaagern und Leopoldschlägern. Bei der Lexmühle gab es eine Bogenbrücke und von 1921 bis 1938 ein tschechisches und ein öster reichisches Zollamt. ' Im Heimathaus Freistadt gibt es zahlreiche Aus stellungsstücke, die die einstige Bedeutung der Zünfte und Innungen für die Gewerbetreiben den bezeugen.

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