OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 3

Linz-Prag Ein Schienenweg im Spiegel der Zeit Von Friedrich Berger Es mag gegenwärtig nicht zu verwegen sein, an eine durchgehende, schnelle Bahnverbindung zwischen Linz und Prag zu denken. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, daß diese Eisenbahnverbindung geradlinig ist wie kaum eine andere zwischen zwei Hauptstädten; nur, wer derzeit auf dem Linzer Hauptbahnhof nach dem beste henden Personenverkehr von Linz nach Prag fragt, erhält den Bescheid, daß mit einer längeren Fahrzeit und zeitraubendem Warten und Umsteigen zu rechnen ist; bequemer sei es über Wien und Gmünd. Immerhin haben die Ereignisse der letzten Zeit dazu geführt, daß zwischen Summerau und Budweis jene Stacheldrahtgrenzlinie weggefallen ist, die Europa in West und Ost teilte und damit das Mühlviertel zu einer Verkehrsrandzone machte. Jetzt ist Österreich wieder Mitte Europas. Abgewertete Möglichkeiten des Schienen verkehrs könnten neuerlich betriebswichtig werden und in moderne Versionen von Geschwindigkeit und Bequemlichkeit einbezogen werden. Somit ergibt sich für unsere Tage ein Umdenken in der Eisenbahnstreckenqualifikation, wobei nicht abge leugnet werden kann, daß ursprüngliche Trassenführungspläne des beginnenden Eisenbahnzeitalters plötzlich wieder an Bedeutung gewinnen und mit entscheiden der Aufmerksamkeit ins Kalkül zu ziehen sind. Für den Beginn der Schienenbahn besitzt Linz, wie allgemein bekannt, eine einmalige Rarität in der Pferdeeisenbahn nach Budweis. Damit stehen wir zu unserer Überraschung vor dem Ausgangspunkt unserer Betrachtung, vor der Linie LinzPrag. Daß die Pferdeeisenbahn eine andere Stationsfolge bei anderer Trassenführung hatte als die jetzige Linie nach Freistadt, ist auf den technischen Umstand der rasanten Entwicklung von Pferdekraft zu Dampf und Elektrizität zurückzuführen, berührt aber nicht die wirtschaftlichen und ökonomischen Seiten dieses Projektes. Wenn wir den wahren Geschäftsabsichten der Planer der Pferdeeisenbahn nach gehen, so kommen wir sogar zu der Zielsetzung, einen Schienenweg von Hamburg nach Konstantinopel zu errichten, wobei eine Donauüberquerung bei Mauthausen ins Auge gefaßt wurde, denn des Eisenhandels wegen sollte die Linie nach Steyr füh ren. Vom Zentrum Steyr aus hätte mit der Strecke über Enns nach Budweis das Gebiet Böhmen und Sachsen mit den Produkten der Eisenhämmer, hätten in weiterer Hinsicht die Marktplätze Petersburg und Hamburg bedient werden können. Daß dann im Endeffekt nur dem naheliegenden Salzhandel der Zuschlag für die Kapazitätsauslastung der Pferdeeisenbahn gegeben wurde und in konsequenter Folge die Strecke daher von Budweis nach Gmunden ins Salzkammergut aus gestaltet wurde, steht wieder auf einem anderen Blatt.

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