lebte schließlich ein Habsburger von 1582 bis 1593 im Schloß zu Linz, nämlich Erz herzog Matthias, der in dem bekannten „Bruderzwist" versuchte, Kaiser Rudolf II. das Land ob der Enns abzuringen. Damals sollten übrigens Stadt und Herrschaft (Burgvogtei) Wels seine Erbresidenz werden. Letztlich festigten aber die Landstände ob der Enns die Hauptstadtposition von Linz ihrerseits dadurch, daß sie von 1564 bis 15 71 in dieser Stadt ihr Landhaus als Gegenpol zur kaiserlichen Burg als Repräsentationsbau und Behördensitz errichteten, das ihnen auch als kulturelles und in der Blütezeit der Reformation als kirchliches Zentrum diente. An der Hauptstadtfunktion von Linz zweifelte auch der aufgeklärte Absolutismus im 18. Jahrhundert nicht. Als Kaiser Joseph II. dem Lande ob der Enns 1783 eine eigene Landesregierung gab, erhielt sie ihren Sitz in Linz neben dem altständischen Landhaus. Und so könnte man nun der Reihe nach alle die verschiedenen Behörden, Institutionen und Einrichtungen im weltlichen und kirchlichen Bereich - in letzterem natürlich vor allem die Gründung des Bistums Linz im Jahre 1785 - aufzählen, die in der Folgezeit in der Landeshaupt stadt Linz geschaffen oder angesiedelt wurden und dadurch zur Festigung der Hauptstadtfunktion beitrugen. Diese wurde auch im 20. Jahrhundert von den Natio nalsozialisten im Rahmen des Großdeutschen Reiches in der Zeit von 1938 bis 1945 nicht angetastet; bekanntlich sollte die Gauhauptstadt Linz nach Hitlers phantasti schen Ausbauplänen sogar zur schönsten Stadt an der Donau ausgestaltet werden, in der er selbst seinen Alterssitz einzurichten gedachte. Fassen wir in aller Kürze zusammen: Unser historischer Abriß hat gezeigt, welche Orte im Laufe der Zeit im Rahmen der verschiedenen polihschen Strukturen des heute oberösterreichischen Raumes die Funktion von Vororten oder Hauptstäd ten in einem weiteren Sinne ausgeübt haben. Nochmals ist daran zu erinnern, daß eine einzige, alle anderen Städte überragende Hauptstadt gemäß unserem heuügen Verständnis und unserer modernen Terminologie erst dann möglich wurde, als in der Region zwischen Inn und Enns im späten Mittelalter das eigenständige politische Gebilde eines Landes ob der Enns entstand. Unser Überblick hat aber auch deutlich gemacht, daß vor der offiziellen Bezeugung von Linz als Landeshauptstadt im Jahre 1490 die Stadt Enns bzw. die älteren Vorgängersiedlungen Lorch und Lauriacum in verschiedenen historischen Epochen von herausragender Bedeutung gewesen sind. Literaturverzeichnis (Auswahl) Dopsch, Heinz: Die steirischen Otakare. Zu ihrer Herkunft und ihren dynastischen Verbindungen. In: Das Werden der Steiermark. Festschrift zur 800. Wiederkehr der Erhebung zum Herzogtum, hg. v. Ger hard Pferschy = Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs 10, Graz - Wien - Köln 1980, S. 75 ff. Ennen, Edith: Funktions- und Bedeutungswandel der „Hauptstadt" vom Mittelalter zur Moderne. In: Hauptstädte in europäischen Nationalstaaten, hg. v. Theodor Schieder und Gerhard Brunn = Studien zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts 12, München - Wien 1983, S. 153 ff. Haider, Siegfried: Zum Problem karolingischer Pfalzen in Oberösterreich. In: Hist. Jb. der Stadt Linz 1980 (1981), S. llff.
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