Gerichtsversammlungen, den sogenannten Landtaidingen, zusammentraten. Wir haben damit in unserem Gang durch die Jahrhunderte jene Zeit erreicht, in der ein eigenes Land ob der Enns zu entstehen anfing - und damit beginnt auch die Frage nach einer „Landeshauptstadt" im engeren Sinne und in der spezifischen Bedeutung aktuell zu werden. Für das 14. und 15. Jahrhundert ist in der Geschichte Oberösterreichs charak teristisch, daß das ursprüngliche „Gericht" und spätere „Land" ob der Enns zirka zwischen Enns und Traun bzw. Hausruck im Laufe der Zeit um mehrere grundsätz lich gleichwertige Rechts- und Herrschaftsbezirke (Landrechtssprengel) erweitert wurde, indem der vom österreichischen Landesfürsten eingesetzte oberste Landrich ter bzw. Hauptmann ob der Enns auch in diesen Sprengein als oberster Gewalthaber Anerkennung fand. Bekanntlich handelte es sich dabei um die Herrschaft Waxenberg, das Landgericht Machland, die Herrschaft Freistadt, die Herrschaft Steyr, das Salzkammergut und die Herrschaft Schaunberg. Das bedeutet, daß von den späteren sieben landesfürstlichen Städten ob der Enns die Städte Enns, Linz und VJels im Kern gebiet des in Ausformung begriffenen Landes ob der Enns, des ursprünglichen „Gerichtes ob der Enns", gelegen waren, während Steyr, Freistadt und Gmmden erst im Laufe des 15. Jahrhunderts einbezogen wurden. Dieser Umstand war für die Haupt stadtfrage des entstehenden Landes insoferne vorbeshmmend, als die Entscheidung nur zwischen den drei erstgenannten Städten fallen konnte. Und sie fiel nicht ein deutig, sondern auf eine bezeichnende ambivalente Weise aus: Das zentral und an einem Donauübergang gelegene Linz, dessen beständigen Aufstieg Wilhelm Rausch wiederholt dargelegt hat - hier sei nur auf seine wirtschaftlichen Hauptargumente verwiesen: die Einrichtung der westlichsten Donaumautstelle der Babenberger und die bedeutenden daraus erfließenden Einnahmen der Landesherren sowie die Ent stehung der großen Linzer Jahrmärkte -, wurde Sitz des Hauptmannes ob der Enns, des Vertreters des Landesfürsten, der mit seinem bescheidenen Beamtenapparat in der landesfürstlichen Burg residierte; die landesfürstlichen Städte ob der Enns aber, die im 15. Jahrhundert zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen eine engere poli tische Zusammenarbeit betrieben (vielleicht etwas überzeichnet als „Städtebund" charakterisiert), scheinen selbst der Stadt Lnns die führende Rolle zugeteilt zu haben. Besonders bezeichnend für diese Situation scheint zu sein, daß z. B. im Jahre 1414/15 eine Städteversammlung von der Stadt Enns einberufen wurde, mit Zustimmung des Hauptmannes ob der Enns aber nach Linz verlegt wurde, um entsprechende Beschwerden und Anträge gleich direkt an ihn richten zu können. Die Bedeutung der Zentralverwaltung wird damit eindrucksvoll belegt! Und diesen meiner Meinung nach entscheidenden Vorteil, der sich u. a. auch in den vielen von Adel und Geistlichkeit in Linz erworbenen Freihäusern manifestiert - was allerdings den Nachteil hatte, daß die auf die Häuser bezogene Steuerkraft sank und nicht zuletzt dadurch die Rivalität mit den anderen, nicht weniger selbstbewuß ten Städten ob der Enns angeheizt wurde -, konnte die Stadt an der Donau auch in der Folgezeit wahren. Besonders begünstigt wurde sie dabei durch den Streit in der Dynastie der Habsburger zwischen Kaiser Friedrich III. und dessen jüngerem Bruder
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