Bevölkerung vorstellen. Inwieweit dies auch für die wohl nicht viel später am Zusam menfluß von Enns und Steyr erbaute Styrahurg zugetroffen haben mag, deren Grund herren und Erbauer nach neuer Anschauung mit den späteren Grafen von Lambach in Zusammenhang zu bringen sind, sei dahingestellt. Womit wir ein weiteres Iderrschaftszentrum zwischen Inn und Enns genannt haben, das für die Zukunft unseres Raumes noch von größter Bedeutung werden sollte und in dessen unmittelbarem Einflußbereich sich die alte Siedlung Wels zum Marktort und Handelsplatz entwickelte. Die Burg Lambach an der Traun ist um die Mitte des 11. Jahrhunderts als Sitz jener Grafenfamilie bezeugt, die seit dem 10. Jahrhundert zwischen Inn und Enns eine so beträchtliche grundherrschaftliche Machtstellung aufgebaut hatte, daß Kaiser Konrad II. ihr 1035 die tiefer im Süden gelegene Kärntner Grenzmark an der mittleren Mur (die Kernzelle der späteren Steiermark) übertrug. Als um 1060 der letzte Lambacher Markgraf starb und das Chiemgauer Grafengeschlecht der Otakare in die Machtpositionen und Funktionen der Lambacher eintrat, verlor die Burg Lam bach, in der ein Kanonikerstift gegründet worden war, ihre Bedeutung zugunsten des neuen Herrschaftszentrums (Burg) Steyr, das die Otakare wohl auch wegen der grö ßeren Nähe zu dem Markengebiet, das bald den Namen Steyr/Steiermark überneh men sollte, bis in das dritte Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts zu ihrem Hauptsitz er koren. In engem Zusammenhang mit ihm war vermutlich schon früh jene Siedlung entstanden, die sich im Laufe der Zeit zur späteren Stadt Steyr entwickeln sollte. Da neben muß aber die Siedlung Enns als Handelsort eine besonders günstige Entwick lung genommen haben, wofür man wohl zu Recht außer der vorteilhaften Verkehrs lage die geopolitische Situation nach der Einrichtung der ottonischen Mark an der Donau verantwortlich gemacht hat. Als östlichste Grenzsiedlung im bairischen Herzogtum, deren Grundherren zwar die Bischöfe von Passau waren, gewann sie in enger Verbindung mit der bairischen Hauptstadt Regensburg immer mehr Bedeu tung im Fernhandel, zuerst wahrscheinlich als bischöfliches Lehen der Grafen von Lambach und dann aber besonders im otakarischen Besitz. Um die Mitte des 12. Jahr hunderts hatte sie an Wirtschaftskraft alle anderen aufstrebenden Siedlungen und Handelsplätze übertroffen; die berühmten Ennser Messen mit einem Einzugsbereich von Maastricht im Westen bis Kiew im Osten sind dafür das beste Zeugnis. Auch auf die otakarische Münzstätte in Enns ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Enns war damals die bedeutendste Wirtschafts- und Machtposition der Otakare im ober österreichischen Raum, ja man kann es mit guten Gründen als „Hauptort" der mittler weile entstandenen Steiermark nördlich der Alpen bezeichnen. Herzog Otakar IV. nannte um 1190 Enns „villa nostra celebris", was man im Vorgriff auf die weitere Entwicklüng wohl durchaus schon mit „unsere berühmte Stadt" übersetzen darf. An dieser Stelle unseres historischen Überblickes ist es notwendig, einen kur zen verfassungsgeschichtlichen Exkurs über die entstehende hochmittelalterliche Landesherrschaft und die speziellen Machtverhältnisse im oberösterreichischen Raum einzuschieben. Der hochmittelalterliche Personenverbandsstaat basierte auf den persönlichen Gefolgschafts- und Lehensbeziehungen der Adeligen zu jenem
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