OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 3

lea Wo das nicht der Fall war, die Infrastruktur zuwenig ausgebaut und die Landzu teilung so knapp bemessen wurde, daß eine Familie auf die Dauer davon nicht leben konnte, blieb alles beim alten; besonders im Inneren der Basilikata und Lukaniens mit ihren geringen großflächigen Bewässerungsmöglichkeiten. 90 und mehr Prozent der im Zuge der Bodenreform errichteten Kolonistenhäuser sind hier gebietsweise ver fallen und verlassen von ihren Bewohnern, von denen es viele als Gastarbeiter in den Norden gezogen hat. Aber auch in den Küstenhöfen hat sich nicht überall das Bei spiel von Metapont wiederholt. Bedenklich ist der Einfluß der industriellen Entwick lungspole, welche die Planer konzipierten, wozu Tarent mit dem größten Stahl- und Hüttenwerk der EG gehört. Die dadurch ausgelöste Flächenkonkurrenz geht mei stens zu Lasten der Landwirtschaft, aber auch der Erholungsfunktionen, da Umwelt schutz und Landschaftspflege nirgends ernst genommen werden und eine verfehlte Planung mancherorts leerstehende Spekulationsobjekte zurückgelassen hat.' Die Kulturlandschaft Europas zeigt somit, wie diese wenigen Hinweise deut lich machen sollten, ein sehr differenziertes Bild, das die Unterschiede des Reliefs, des Klimas, der geschichtlichen Entwicklung und der das Handeln des Menschen bestimmenden Gesellschaftsordnung widerspiegelt. Die Frage nach der Gültigkeit des Begriffes „Einheit in der Vielfalt" ist somit nicht nur eine rhetorische, und der Ver dacht eines bloß griffigen Schlagwortes liegt nahe, das sich, wie es schon oft gesche hen ist, als Titel eines Buches, eines Aufsatzes oder eines Vortrages anbietet. Vielfalt führt indessen dort zur Einheit, wo sie in enger Nachbarschaft reali siert ist. Europa kann dies besonders für sich in Anspruch nehmen. Sein buntes Mosaik hat das Eigenleben seiner Teile begünstigt, aber deren maßvolle Größe, die weit hinter jener in anderen Erdteilen zurückbleibt, auch zur wechselseitigen Ergän zung gezwungen, die nicht auf materielle Güter beschränkt blieb. Sie hat jene kultu relle Durchdringung bewirkt, die das Trennende abschwächt, und wofür die Mono tonie einer weithin einheitlichen Landesnatur keine vergleichbaren Anregungen geliefert hätte. Nur mit letzter Anstrengung überwindbare Hindernisse waren dabei nicht zu bewältigen, denn der 1.200 km lange Alpenbogen bildet mit seinen im Winter offenen Pässen eine viel geringere Schranke als sein Gegenstück in Asien. Noch weniger trifft dies für die ebenso von Westen nach Osten verlaufende Mittelgebirgsschwelle nördlich davon zu. „Mitteleuropa" Einheit hat aber auch ein verbindendes Zentrum zur Voraussetzung und ist ohne ein solches undenkbar. Damit wird das Problem Mitteleuropa angesprochen, das bei einer Hinterfragung der Identität Europas durch alle gegenwärtigen Kontro versen nicht wegzudiskutieren ist. Der Führungsanspruch der einstigen Mittelmäch te und später Deutschlands auf den ihm hier zustehenden Lebensraum haben es suspekt gemacht, obwohl die leidvollen Erfahrungen der jüngsten Geschichte man- ' Rother 1987.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2