heute wenig Beachtung fand die Tatsache, daß die Kolonisation Südböhmens durch die Witigonen und die Kuenringer von Oberösterreich aus durch geführt wurde. PfemysI Otakar hat sich in Aus übung seiner Iderrscherpflichten immer wieder in unserer Heimat aufgehalten. Aus seinem Itinerar läßt sich eine gewisse Regelmäßigkeit des Verlau fes seiner Rundreisen durch seinen Herrschafts bereich ablesen; im Lande ob der Enns pflegte er meist im Spätherbst zu weilen. Die Beziehungen des Herrschers zu Oberösterreich finden mit der Preisgabe des Landes an Otakars größten Gegen spieler, König Rudolf I., ihr Ende, nachdem sich der letzte pfemyslidische Landeshauptmann Burk hard von Klingenberg 1276 unter dem Druck der Verhältnisse kampflos zurückgezogen hatte. Nicht zuletzt infolge der Organisationsform des landes herrlichen Kammergutes dürfte sich in der Regie rungszeit PfemysI Otakars II. für Oberösterreich das Bewußtsein einer gewissen Sonderstellung herausgebildet haben, das für die weitere Entwick lung zum selbständigen Herrschaftsgebiet maßge bend war. Jeder Leser wird dieses in flüssigem Stil ge schriebene Buch als spannende Lektüre empfin den; den fachkundigen Benützer werden darüber hinaus der umfangreiche Anmerkungsapparat und die ausführliche Bibliografie ansprechea Stammtafeln, Karten und ein Namenregister sind beim Zurechtfinden hilfreich. Nicht unerwähnt sollte auch die heute nicht so selbstverständliche Sorgfalt bei der Lektorierung bleiben. Dem Werk wäre eine weitgehende Verbreitung zu wünschen, weil es auf diese Weise zum besseren Verständnis der europäischen Geschichte beitragen würde. Herbert Bezdek Christoph Strohm: Theologische Ethik im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Der Weg Dietrich Bonhoeffers mit den Juristen Hans von Dohnanyi und Gerhard Leibholz in den Widerstand. f— Heidelberger Untersuchungen zu Widerstand, Juden verfolgung und Kirchenkampf im Dritten Reich, Bd. J.) München: Verlag Kaiser 1989. XXIV, 393 Seiten. DM 57,-. ISBN 3-459-01791-0 Der Jesuitenpater Alfred Delp und der evan gelische Theologe Dietrich Bonhoeffer sind die be kanntesten Gestalten des Widerstandes gegen Hit ler aus den Reihen der Katholiken und der prote stantischen Kirche; dies gilt auch für ihre Schriften. Weniger bekannt ist, daß Dietrich Bonhoeffer neben seinem Bruder Klaus mit zwei anderen Juri sten, die gleichzeitig seine Schwäger waren, in in tensivem Gedankenaustausch über das Verhältnis von Staat und Kirche und über das auf Thomas von Aquin zurückgehende ius resistendi, das Wi derstandsrecht, stand. Der eine, der ebenso wie die Brüder Bodenhoeffer der NS-Hinrichtungsmaschinerie zu Kriegsende zum Opfer fiel, war der 1902 geborene Hans von Dohnanyi, ein Sohn des Komponisten Ernst von Dohnanyi. Seine beiden Söhne wiederum sind heute sehr bekannt: Der eine, Klaus, ist erst kürzlich als Erster Bürgermei ster von Hamburg zurückgetreten, der andere, Christoph, ist ein anerkannter Dirigent. Hans von Dohnanyi war von 1933 bis 1938 als enger Mitar beiter des Reichsjustizministers Gürtner in dessen Ministerium tätig. Als er dort untragbar geworden war, kam er zur „Abwehr" des (mit O. E. Hasse) spä ter zu Filmehren gekommenen Admiral Canaris und wurde dort der politische Kopf der Vorberei tung des Rutsches gegen Hitler. Der andere Jurist war der Staatsrechtler Gerhard Leibholz (19011982). Er hatte bereits maßgeblichen Anteil an der Kritik des Positivismus, wie ihn insbesondere Hans Kelsen vertrat, durch die jüngere Staatsrechtslehre gehabt, als er, der assimilierte Jude, in die Emigra tion gehen mußte. Nach dem Krieg wurde er als Professor in Göttingen mit seiner Lehre vom Par teienstaat, der er die Forderung nach mehr inner parteilicher Demokratie an die Seite stellte, und als Richter am Bundesverfassungsgericht in Karls ruhe bekannt. (Seine Rolle als Demokratietheoreti ker hat W. Mantl, Repräsentation und Identität, 1957, S. 149-188, dargestellt.) Kern des vorliegenden Buches - und das ist trotz der Flut von Publikationen zum deutschen Widerstand das Neue an ihm - ist die „sektoren übergreifende" Untersuchung eines markanten Personenkreises, der sowohl am Kirchenkampf als auch an dem solidarischen Eintreten für verfolgte Juden und am aktiven Widerstand gegen das Hit ler-Regime beteiligt war, und das - vom emigrier ten Professor Leibholz abgesehen - mit dem Leben bezahlt hat. Wegen ihres erstaunlichen Einflusses auf die Entwicklung der Weimarer Republik zum Ende hin ist besonders Juristen und Historikern die Lektüre des Abschnittes über die Staatsrechtslehre der Weimarer Republik, zu der Leibholz den Anlaß bietet, zu empfehlen. Josef Demmelbauer
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