OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 1

sehen Einzelheiten des Buches einzuge hen. Besonders bemerkenswert ist aber die Behandlung der pädagogischen Fra gen, für die in oberösterreichischen Quellen kaum ausreichendes Material zu finden ist. Wie aus einem Visitationsprotokoll von 1558 ersichtlich ist, bestanden im bayrischen Teil der Diözese Passau nach wie vor Pfarr- und Klosterschulen neben den in größeren Märkten errichteten deutschen Schulen - ähnlich auch im Innviertel -, obwohl eine religiöse Krise die Lehrtätigkeit mancher Schulen zum Erliegen gebracht hatte. Aus Regensburg und Ortenburg kamen viele Impulse für die Schulen in Oberösterreich. Anderer seits schickten die bayrischen Schul kommissionen ihre Lehramtskandidaten zur Ausbildung in die (katholische) Nor malschule nach Linz, was auf die Ef fizienz dieser Lehrerbildungsanstalt schließen läßt. In Ortenburg war ein geschlossenes, lebendiges Kirchen- und Schulwesen entstanden. Durch die unmittelbare Nä he zu Österreich hatte die evangelische Enklave Ortenburg eine enorme Außen wirkung auf die Geheimprotestanten in Oberösterreich, die, allen Verboten zum Trotz, bald durch heimlich zugeführte geistliche Bücher, bald durch die in der lutherischen Grafschaft Ortenburg ge suchte und erlangte Comunion ermuntert und gestärket in ihrem Glauben verharrten. Nach der offiziellen Duldung des Lu thertums im Jahre 1781 wurden von den Evangelischen die besonderen Ver dienste Ortenburgs für das Überleben der Kryptoprotestanten in Oberöster reich sehr gerühmt. Denn bis dahin gin gen sie in Gruppen zehn bis zwanzig Meilen weit nach Ortenburg, sahen die dort bestehenden erbaulichen Einrichtungen, gingen nach Hause und ahmten diese einstweilen in Scheunen nach, lasen das Vdort Gottes, beteten, sangen und er munterten sich so. Nach der Vertreibung der Salzbur ger Protestanten in den Jahren 1729 bis 1732 verstärkten lutherische Emissäre (Boten, Kraxenträger und Prediger) von Regensburg kommend über Ortenburg als Durchgangsstation ihre Missionsrei sen zu den verbleibenden Geheimprote stanten in Oberösterreich, um sie im Glauben zu stärken und sie mit Büchern zu versorgen. Auch Ortenburg selbst wurde aktiv durch die Übersendung von Postillen. Eine außerordentliche Bedeutung hatten im Glaubensbereich die Schul meister. Beim Fehlen eines Prädikanten kam es häufig vor, daß der Lesegottes dienst des Schulmeisters der einzige Ver künder der Lehre war. Kirche und Schule waren ein organischer Körper. Pfarrer und Schulmeister waren in den Augen der Gemeinde gleichrangige Partner, was im katholischen Bereich undenkbar war. Die Herrschaft Mattighofen war Joa chims größte und einträglichste Grund herrschaft. Sein Vater hatte sie durch Heirat erworben. Sie diente den Ortenburgern als Residenz. Als Graf Joachim aus religionspolitischen Motiven im Ok tober 1563 daranging, unter Hinweis auf das ihm für seinen reichsunmittelbaren Territorialbesitz zustehende „jus reformandi" das Augsburger Bekenntnis in Ortenburg einzuführen, rückte dieses in den Mittelpunkt des Interesses. In Mat tighofen bestand weiterhin die katholi sche Schule, hier konnte er nicht Einfluß nehmen. Die Verzahnung der Schule mit dem Gottesdienst zeigt, daß der evangelische

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