Marginalien zur Orgel in der Stiftskirche Reichersberg Von Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas Im Jahre 1981 erhielt die Stiftskirche Reichersberg anläßlich des 900. Stif tungsjubiläums eine neue Orgel. Bei solchen Anlässen erinnert man gern an die lokale Geschichte des Instruments und zählt die Reihenfolge. Aber schon daran krankt es: Die Experten haben bis jetzt erst drei Vorgängerorgeln ermittelt, sieht man einmal davon ab, daß die letzte Orgel mehrfach umgebaut wurde und daß vor der ältesten Erwähnung der Orgel immerhin schon ein Organist in der Stiftskirche be urkundet ist. Das war 1560, als im Visitationsbericht unter den Klosterdienern auch der Organist angeführt wurde. Er setzt freilich das Vorhandensein einer Orgel vor aus. Einige Jahrzehnte später, unter der Regierung des Propstes Magnus Keller (1588 bis 1612), erhielt die Kirche eine neue Orgel. Wenn es so wenig greifbare Daten über die Geschichte einer Orgel gibt, dann hilft vielleicht der „Blick über den Zaun" in die umgebende „Orgellandschaft". Vergleicht man den Orgelbestand der bayeri schen Augustiner-Chorherrenstifte, wozu ja auch Reichersberg gehörte, dann läßt sich feststellen, daß in der Mehrzahl Orgeln zu Beginn des 16. Jahrhunderts vorhan den waren oder zu Anfang des Jahrhunderts angeschafft wurden. Eine Erneuerungs welle setzte um 1570 bis etwa 1610 ein. Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges erzwangen eine Restaurierungswelle bis in die 1660er Jahre, und schon 1670 begann mit der Barockisierung der Bauten auch ein neuer Zyklus von Orgelanschaffungen, der sich nach einem Jahrhundert erneut bei all jenen Stiftern wiederholte, die nicht erst in der ersten Hälfte oder Mitte des 18. Jahrhunderts zum Bauen gekommen waren. In dieses Schema passen die wenigen orgelgeschichtlichen Daten von Rei chersberg durchaus: Die Orgel vom Anfang des 16. Jahrhunderts wurde um 1600 er neuert; nach dem Brand von Kloster und Stiftskirche 1624 kam es zweifellos zu einem Neubau bzw. zur Wiederherstellung der Orgel im Jahre 1644, ohne daß man nähere Einzelheiten über die damalige Orgel in Erfahrung bringen konnte. Beim Ein sturz eines Turmes 1774 wurde diese Orgel - vermutlich die dritte - zerstört. Noch im gleichen Jahre schloß das Kloster mit dem Orgelmacher Johann Michael Herberger aus Stadtamhof bei Regensburg den Kontrakt zur Herstellung einer ganz neuen Orgel für 800 fl. unter Einschluß des vorhandenen Altzinns und
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