OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 1

Das menschliche Skelett aus dem Besitz Gottlieh Oherkausers. Der Beinrichler rechts im Bild erklärt dem Patienten eine Verletzung des linken Ellenbogens (Heimatmuseum Goisern). Stube, die zugleich als Wohn- und Be handlungsraum diente. Seine Frau Maria und ein Geschwisterkind, die kräftige Oberhauser-Theresia, halfen dabei. Zu letzt wurde die gebrochene Extremität mit Pappe geschient, die Oberhauser aus der Holzpappenfabrik im nahen Sankt Wolfgang in verschiedenen Stärken zu je 25 kg bezog. Gepolstert wurden diese Schienen mit Watte, die in großen Ballen vorrätig gehalten wurde, und die Fixation endlich erfolgte mit kräftigen Leinenfaschen, zu deren Aufwickeln sich der Beinrichter eine eigene, leider verloren gegangene Wickelmaschine anfertigen ließ. Schmerzlinderung oder -ausschaltung gab es naturgemäß nicht; von den ärgsten Schmerzen während der Reposition konnte er nur ablenken und seine Pa tienten so gleichsam überlisten: Den Er wachsenen stellte er Fragen nach ihren beruflichen oder familiären Sorgen, für die Kinder hielt er einen Vogelkäfig mit zwei Rotkehlchen in der Stube bereit. Nach dem Einrichten, Schienen und Ban dagieren gab es zur Linderung der Schmerzen einen Obstler. Angaben über das zu entrichtende Entgelt bzw. über die Höhe des Honorars für erfolgte Behandlungen finden sich keine und können von niemandem mehr gemacht werden. Aus handschriftlichen Zeugnissen von Patienten sicher belegt ist nur, daß Gottlieb Oberhauser Unbe mittelte gleich den Leuten aus der Nach barschaft umsonst behandelt hat. In der Erinnerung seines Ziehsohnes Martin Leitner, des Schulfreundes seines Sohnes Hermann, hat es für die Höhe des Hono rars drei Abstufungen gegeben; Die Ar men wurden mit einem: „Geh! Wir kom men schon zusammen" entlassen. Zu de nen, die meist bescheiden von ihrer Hän de Arbeit gelebt haben - und das war die Mehrheit in der näheren und weiteren Umgebung -, hat er gesagt: „Gibst mir halt, was du glaubst." Lediglich von den Reichen soll er regelrechte Honorare in bestimmter Höhe verlangt haben, und dies allerdings erst, seit er im Besitze des kaiserlichen Privileges war. Für auswärti ge Patienten - vorerst noch aus dem Salzkammergut, später dann beinahe aus allen Ländern der österreichisch-un garischen Monarchie - wurden in sei nem Anwesen stets zwei Betten freige halten. Das Bauernhaus des Beinrichters, Gassengut in Goisern Nr. 67 - am 7. De zember 1875 um 2.000 fl. von Gottlieb Oberhauser erworben -, steht nicht mehr. Ein Straßenzug auf dem Weg vom

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