OÖ. Heimatblätter 1990, 44. Jahrgang, Heft 1

Schon als Halterbub hatte er verletz te Tiere versorgt, gebrochene Knochen - etwa im Gefolge von Steinschlagverlet zungen - eingerichtet, mit Moos gepol stert, mit Hölzern geschient und mit Stricken und Riemen bandagiert. Man holte ihn alsbald auf benachbarte Almen und in umliegende Ställe mit der Bitte um Hilfe, wodurch seine Erfahrung bei der Behandlung von Frakturen und Luxationen rasch zunahm; je sorgfältiger er da bei vorging, umso besser wurden die Er gebnisse. Seiner Erfolge wegen wurde er alsbald als „Viehdoktor" bezeichnet. Bei seiner mit entsprechender Begabung ge paarten Veranlagung zur Hilfeleistung bei Verletzungen konnte es nicht ausblei ben, daß Oberhauser auch zu verletzten Menschen geholt wurde und Brüche, Verrenkungen und Wunden, vor allem auch die für die Arbeit der Holzknechte typischen Quetschungen und Zerrungen behandeln mußte. Auch hiebei stellten sich Heilerfolge rasch ein, und OberhauGottlieb Oberhauser (1847-1921). Fotografie um etwa 1912 ser war fortan angesehener „Beinrichter" und Bauer zugleich. Aber Ansehen und Recht bzw. Be rechtigung sind zweierlei, und so war Gottlieb Oberhauser bei Gendarmerie und Gericht schon bald kein Unbekann ter mehr; wiederholt wurde er wegen Kurpfuscherei angezeigt und bestraft. Nur dem in Goisern zur damaligen Zeit praktizierenden Dr. Josef Kubinger selbst machte es nichts aus, wenn Einheimi sche, die naturgemäß allesamt seine Pa tienten waren, im Falle entsprechender Verletzungen den Beinrichter aufsuch ten. Aber Arzte aus der näheren und wei teren Umgebung und der Beinrichter wurden - wie nicht anders zu erwarten - von ihren Patienten gegeneinander aus gespielt, und sehr wahrscheinlich wäre eine der daraus resultierenden Anzeigen und Verurteilungen des Oberhauser we gen Kurpfuscherei zum endgültigen Aus für seine Hilfeleistungen geworden, wenn nicht im nur wenige Kilometer ent fernten und 1856 zur kaiserlichen Som merresidenz avancierten Ischl ein Ange höriger des Hofes mit einer Beinverlet zung nach mehrfachen vergeblichen ärztlichen Konsultationen zu Oberhau ser gekommen und von diesem erfolg reich behandelt worden wäre. Dieses Ereignis muß in das Jahr 1884 (oder in das Jahr davor) fallen. Kaiser Franz Joseph, der bei seinen Ausfahrten zur Jagd wiederholt an dem alten Bauernhaus an der Straße durch Goisern mit den oft zahlreich davor war tenden Patienten vorbeikam und sich sehr wahrscheinlich darüber auch be richten ließ, erteilte daraufhin sowie auf ein entsprechendes und sicher auch zum günstigstmöglichen Zeitpunkt einge reichtes Majestätsgesuch dem Gottlieb

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