OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 4

Auch das Theater kam nicht zu kurz. Im Stehparterre (auch heute noch beliebt) konnte der Schüler um 10 Kreuzer sich drei Stunden lang bilden oder belusti gen. Bevorzugt waren - natürlich - das Lustspiel und die Operette, was weniger im Sinne unserer Lehrer war. Es gab übrigens für uns Gymnasiasten auch damals schon eine Art Jugendverbot, das vom Lehrkörper kontrolliert wurde. Aber im Grunde genommen waren ja alle die Sachen, wenn wir die heutigen Kinostücke zum Ver gleich nehmen, recht harmlos. Dagegen wurden klassische Stücke weniger gern von uns besucht. Was Opern anbelangt, erfreuten sie sich bei uns Mittelschülern, beson ders in den obersten Klassen, großer Beliebtheit. Richard Wagner war natürlich oben auf, doch wagten sich die Direktoren erst wieder zu Ende der neunziger Jahre (Alfons Cavar)^' an ,Ring' und ,Meistersinger', die seit dem Beginn der achtziger Jahre nicht mehr gegeben worden waren. Am beliebtesten war Lohengrin, und einmal kam es zu einer Demonstration im deutschnationalen Sinne im 2. Akt beim Auftreten König fieinrichs. Aber auch Verdi, Mascagni, Donizetti, selbst Meyerbeer waren bei den,Studenten' beliebt. Denn wer nicht Geige spielte oder Klavier, der sang wenig stens im Chor des Gymnasiums. Eine Studentenkapelle wie in Kremsmünster gab's in Linz allerdings nicht. Mich selbst hat man nach der 2. Klasse nicht mehr mitsingen lassen im Gesangsunterricht am Gymnasium, weil ich als Altist immer die führende, die Sopranstimme, eine Terz tiefer mitsang und mir die zweite Stimme nicht merken konnte. Kino gab's, wie gesagt, noch nicht, und das ,Kaiserpanorama', das sich in dem Hause Herrenstraße 8 befand, in dem ich mit den Eltern wohnte, brachte nur Land schaftsbilder von Ländern und Städten, aber es war von jungen Leuten immer gut besucht. Mit dem Aufkommen des ,Kinematografen' nach 1900^° ging es allmählich ein und schloß nach dem Ersten Weltkrieg endgültig seine Pforte. Die Jahre meiner Obergymnasialzeit hatte ich dann beim Fräulein Berta von Tarnoczy-Sprinzenberg^^ Zeichen- und später Aquarellunterricht, eine Maltechnik, für die mein Vater sehr schwärmte. Diese, eine kleine, lebhafte Dame, war eine MaleAlfred Cavar, 1859 in Wien geboren, war seit frühester Jugend beim Theater; zuerst als Schauspieler, leitete dann das Linzer Landestheater, das Grazer Stadttheater und seit etwa 1915 das Raimundtheater in Wien. Er starb am 15. 9, 1920 in Wien, österreichisches Biographisches Lexikon, Bd. 1, S. 139. Die ersten „lebenden Photographien" gab es im Frühjahr 1897 im Pferdestall des Hotels Schiff auf der Landstraße. Am 23. Dezember 1905 begann am gleichen Ort - wo noch heute das Zentralkino steht - das „Grand-Bioskop des Herrn Agostini" zu spielen. Zu Jahresbeginn 1909 eröffnete Karl Lifka im um gebauten einstigen Variete-Theater in der Waltherstraße sein „Grand-Cine-Phono-Theatre Electrique". Hans Commenda, Volkskunde der Stadt Linz an der Donau, Bd. II, Linz 1959, S. 262. Berta von Tarnoczy-Sprinzenberg, 1846 in Innsbruck geboren. Landschafts-, Stilleben- und Porträt malerin. Erhielt ihre Ausbildung in Salzburg, München und Wien, ließ sich dann in Linz nieder und führte in der Bethlehemstraße eine Malschule. Studienreisen, Ausstellungen in Pest und Agram. Zog später nach Wien und starb dort am 6. 3. 1936. Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Wien 1974, Bd. 4, S. 85.

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