Nase hielt, fiel ein solcher Papierpfeil gerade zwischen,Spezi' und Nase durch. Resul tat: ein Wutausbruch. Krebsrot, kurzathmig stürzte er auf den Katheder zu, um uns alle ins Klassenbuch einzutragen. ,Lausbuam überanand. Was habts denn da schon Wieda!?' Ein andermal kam er einige Minuten später als sonst in die Klasse, wo es gerade sehr laut zuging. Die Späher an der Tür des Klassenzimmers meldeten sein Kommen. Da setzte ein Chorus ein aus 40 Kehlen: ,Der Weli kummt, der Weh kummt, der Weli is schon da, und wenn a kan Fiaka hat, so reit' er auf an Floh.' Und es wurde erst damit aufgehört, als er schon oben auf dem Katheder stand, blaurot im Gesicht, fast blind vor Wut mit der Faust aufs Pult schlug. Und richtig: Auf die Lade! Klassen buch heraus! Dann setzte er sich und trug drin ein: Als ich am... um 3 Uhr die 7. Klasse betrat, wurde ich mit Gebrüll und Absingen eines Liedes empfangen: Der Weli kummt usw., also das ganze Lied ward eingetragen. Die Wirkung dieser Eintragung, deren Text wir erst später unter unbefugter Öffnung der Pultlade erfuhren, denn hie und da ließ einer der Professoren den Schlüssel stecken, war verblüffend. Wenn ich nicht ganz irre, war es der Klassenvor stand, unser Lateinprofessor Stichiberger." Er grinste nämlich übers ganze Gesicht. Dann aber setzte er, man sah ordentlich, wie er das Lachen verbeißen mußte, eine strenge Miene auf, und dann folgte eine saftige Strafpredigt, bei der nun wir das Lachen verbeißen mußten, und die Verkündigung des Urteils: zwei Stunden nachsit zen am Samstag. Außerdem käme die Sache vor die Konferenz. Nun, das war schließlich keine arge Drohung, denn die ganze Klasse konnte ja nicht ausgeschlos sen werden aus der Schule. Und so endete die Geschichte für uns bis auf die zwei Stunden Nachsitzen - mehr eine Strafe für die beaufsichtigende Lehrkraft - ohne weitere böse Folgen. Aber der Weli bot auch anderweitig Anlaß zur Heiterkeit durch seine Stilblü ten. Er vergaß nämlich mitten im Satz Worte oder in der Rede ganze Sätze, was den Zusammenhang störte. Ein Beispiel: Die Belagerung von Kufstein durch den Kaiser Max II. Weli begann ganz normal mit der Einschließung der damals von den Bayern besetzten Festung, von der Unzulänglichkeit der dem Kaiser augenblicklich zur Ver fügung stehenden Artillerie, die an den starken Werken Kufsteins resp. der Veste Geroldseck wenig Schaden anrichtete, so daß der Kommandant der Festung das biß chen Schutt, die einzige Wirkung der kleinen Feldgeschütze, recht sichtbar den Bela gerern zum Hohn mit Besen wegkehren ließ, und dann kam: ,Da ergrimmte der Kai ser, und er ließ von Innsbruck auf großen Flößen herabkommen den Weckauf, den Purlepaus, und die Faule Grete' - die Geschütze hatten Namen wie etwa die Dicke Berta im Ersten Weltkrieg - und:,... den Pinzenauer (so hieß der bayrische Festungs kommandant) ließ er um einen Kopf kürzer machen.' Er verschwieg oder vergaß ein fach, von der Einnahme der Festung durch die Kaiserlichen zu erzählen, und setzte gleich mit den Folgen der Eroberung ein. " Robert Stichiberger war zuerst Professor in Ried, Trebitsch und Nikolsburg, wurde im Herbst 1892 nach Linz versetzt und unterrichtete Deutsch und Latein. 1903 Ernennung zum Schulrat, 1906 Pensio nierung.
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