OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 4

Wecken oder eine ,Brezen' um 2 Kreuzer zu erstehen. Im Gegensatz dazu standen im Gymnasium ganze zwei Bäcker(jungen?), von denen der eine ein großer Spaßvogel war, unten im Vorhaus des Gymnasiums rechts und links vom Eingang. Schuldiener war damals ein gewisser Primer, ein älterer Mann mit grauwei ßem Spitzbart, der ebenerdig rechts neben der Vorhalle wohnte. Ihm unterstanden zwei jüngere Schuldiener, die sich unserer Gunst mehr erfreuten als der alte Grantscherm, der uns oft bei den Professoren verschergelte, wenn wir uns balgten oder im Schulzimmer etwas beschmutzt hatten - z. B. wenn man einem Mitschüler ein Tin tenglas nachwarf, das die Wand anstatt den Gegner traf. Da die Schülerzahl sehr groß war, 106 in der ersten Klasse, gab es Parallel klassen, und das bis etwa zur 7. Klasse hinauf. Die Mittelschüler waren mir fast alle neu, zumal gerade in meinem Fall wir nur zwei oder drei aus dem Pädagogium" in der B-Klasse waren, die anderen in der A-Klasse, allerdings waren beide Klassenzimmer im zweiten Stockwerk Nebenan war die 3. Klasse A und B, was zur Folge hatte, daß wir uns mehr mit den Drittklassern anfreundeten als mit denen von der 2. Klasse, die sich zu ebener Erde befand. Auch waren die meisten der Mitschüler von auswärts, zumeist vom Lande. Denn außer in Kremsmünster gab es in Oberösterreich kein zweites größeres Gymnasium, nur zwei kleine in Ried i. Innkreis und in Freistadt.^ Die aber galten als Refugia peccatorum. Zudem gab's in Linz ein größeres bischöfliches Konvikt (Paulhaiderhof, später Salesianum)"^ und auch sonst billige Kostorte bei älte ren Frauen oder Ehepaaren, die ein wenig dazuverdienen wollten. Die Jesuiten auf dem Freinberg^ hatten 1892 zwar auch ein Internat mit Privatgymnasium, aber die Schüler mußten Jahresschlußprüfungen am Staatsgymnasium ablegen, ebenso dort die Reifeprüfung machen. Aber auch das hörte sich auf, als 1896 das bischöfliche Gymnasium eröffnet wurde,® wohin auch von meinen Mitschülern einige übersiedel- ■* Angeschlossen an die Lehrerbildungsanstalt war eine fünfklassige Obungsschule; während die Leh rerbildungsanstalt im sogenannten Waagschulgebäude (heute Markthalle in der Altstadt) unter gebracht war, befand sich die Obungsschule im Hause der ehemaligen Landkanzlei Hofgasse 23. Zwi schen 1874 und 1876 wurde in der Honauerstraße ein geräumiger Neubau errichtet, wo beide, Lehrer bildungsanstalt und Übungsschule, Platz hatten. Die Übungsvolksschule wurde auch „Pädagogium", ihre Schüler „Pädagogisten" genannt. ' Außer den beiden Gymnasien in Linz und Kremsmünster gab es in Oberösterreich tatsächlich nur mehr das „Staats-Oberrealgymnasium" in Ried und das „Real- und Obergymnasium" in Freistadt, denen man nachsagte, sie seien „Zufluchtsstätten der Sünder". Auch Oberrealschulen gab es nur zwei, in Linz und Steyr. '' Das Salesianum wurde 1890 gegründet, wozu der Paulhaiderhof auf dem Freinberg, ein stattlicher Bauernhof, adaptiert werden mußte. Hier fanden vor allem Schüler des Linzer Gymnasiums eine Unterkunft, die später Priester werden wollten. Nach Eröffnung des Collegium Petrinum wurde es als Studentenkonvikt mit freier Berufswahl weitergeführt und 1920 baulich erweitert. ' Nachdem die Klostergebäude auf dem Freinberg im Jahre 1848 von den Jesuiten aufgegeben werden mußten, wurde 1851 in den leerstehenden Objekten ein bischöfliches Knabenseminar eingerichtet und blieb dort bis zur Übersiedlung in das neuerbaute Petrinum im Jahre 1897. Erst ab 1912 wurde mit dem „Collegium Aloisianum" der Schulbetrieb wieder aufgenommen. ® Der Bau wurde in Urfahr auf den Gründen des Leisenhofes 1895 begonnen und nach mehr als zweijäh riger Bauzeit im Jahre 1897 in Betrieb genommen.

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