OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 4

ist letztlich auch das Kapitel „Anekdoten und Sprücheln", in dem die kleineren und größeren Schwächen der damaligen Linzer Persönlichkeiten aufs Korn genommen werdea Die Lebenserinnerungen sind ein interessantes und wertvolles zeitgeschicht liches Dokument; sie gewähren einen guten Einblick in die allgemeinen Verhältnisse vor dem Ersten Weltkrieg, insbesondere in die Lebensweise des gehobenen Bürger tums. Sie befinden sich seit einiger Zeit in der Obhut des Linzer Stadtarchivs. Fritz Reiß als Gymnasiast. Foto: Farn. Reiß „MEINE GYMNASIALZEIT Nach Abgang von der Übungsschule im Juli 1892 machte ich die Aufnahms prüfung für die erste Klasse des humanistischen - ein anderes gab es damals außer in Wien noch nicht - Gymnasiums, die ich mit lauter ,Einsern' bestand. ,Mit dem Gymnasium beginnt der Ernst des Lebens', sagte der Onkel Max, der ein ständiges Mitglied der Sonntags-Tarockpartie meines Vaters sommersüber in der Villa war, mit seiner tiefen Stimme salbungsvoll zu mir, als ich ihm wichtig tuend erzählte, daß ich die Aufnahmsprüfung bestanden hätte. Nun, gar so ,ernst' habe ich die Sache weder angepackt noch durchgestanden, aber die ,Matura' habe ich doch, allerdings ohne ,Vorzugszeugnis' gemacht, rechtzeitig, ohne Nachprüfung, trotzdem besagter Onkel, als er mich kurz vor der Prüfung in einem Indianerbuch lesend antraf, wieder in befem Baß und aus voller Überzeugung geunkt hatte: ,Der wird die Matura nie bestehen!' Aber lange genug sind mir die acht Jahre damals vor gekommen. ,Der Ort ist gut, die Sache neu, der alte Lump ist auch dabei', sagt Wil helm Busch. Das K. K. Staatsgymnasium stand und steht noch heute Ecke Herren-

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