OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 4

Der Pfarrplatz von Osten. Federzeichnung um 1850 (Stadtmuseum Linz) gelangte bis in die sogenannte Kugel. Dadurch kam er mit dem Türmer in ein freund schaftliches Verhältnis, für den diese Besuche eine Abwechslung bildetea Er schreibt: Die Türmer waren alle Leute eines eigenen Schlages: hagere, luftgetrocknete Gestalten, die ihre Lehensweise hart und widerstandsfähig gegen die Unbilden des Wetters gemacht hatte. In Wind und Wetter mußten sie auf die Turmgalerie, und wenn schwere Gewitter über Linz hingen und sich unmittelbar über die Stadt entluden, war solch ein Gang rings um den Turm keineswegs gemütlich. Gerade bei solchen Gewittern aber mußten die Wächter doppelte Aufmerksamkeit anwenden, um jeden durch Blitzschlag entstandenen Brand schnellstens zu melden. Der Türmer tat nicht nur seinen Dienst da oben, er schlief und wohnte auch dort im Türmerstübchen, und nicht allein, sondern seine Frau mit ihm, die sich in ihrer Arbeit abwechselten, denn der Rundgang auf der Galerie des Turmes mußte Tag und Nacht zu bestimmten Zeiten durchgeführt werden. Mit einem Seil wurden Lebensmittel und Wasser aufgezogen, mit Hilfe dieses Seilzuges hielt auch der Tür mer seinen Einzug mitsamt allem Mobiliar. Betrachtet man die Glocken der Stadtpfarrkirche, bemerkt man, daß drei von den sechs Glocken noch aus der Zeit von 1693 stammen. Sie sind umso wertvoller, da der Erste und Zweite Weltkrieg von allen anderen Kirchen von Linz die Glocken abforderte. Die größte Glocke ist die „Kaiserin". In ihrem Material steckt die Glocke, die Kaiser Friedrich III. für die Gangolphkapelle im Schloß gießen ließ, von Kaiser Maximilian aber der Stadtpfarrkirche 1494 geschenkt wurde, da sie für den Schloß turm zu schwer war. Die alte Kaiserglocke mußte erstmals nach dem Brande 1509, dann nochmals 1519 von Reicher umgegossen werden. Ihre jetzige Gestalt erhielt sie im Jahre 1693, als Melchior Schorer für die 1687-1695 erweiterte und neu gestaltete

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