OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 4

dem schönen Geschlechte anstößig ist, wogegen sie dem größeren Teile des männ lichen einen Reiz mehr gewährt. Der gewöhnliche gesellschaftliche Umgang in Linz gewinnt dadurch sehr, daß das schöne Geschlecht von allen Klassen lebhaften Anteil daran nimmt und in Gesellschaft der Männer die öffentlichen Orte aller Art besucht, doch nicht die Kaf feehäuser. Der Ruhm der Schönheiten von Linz hat sich durch mehrere Reisende all gemein verbreitet, obschon der eigentlichen Schönheiten, nach strengen ästhetischen Regeln, hier nicht mehr sein mögen, als verhältnismäßig in andern Städten." Findet man indeß auch nicht viele griechische Profile, so sieht man doch eine Menge reizvoller, blühender, voller, zum Teil hoher und schlanker Gestalten. Sonst wurden diese Reize vielleicht noch mehr hervorgehoben durch die den Linzerinnen eigene gefällige ICleidung; seitdem sich aber das schöne Geschlecht nach griechi schem Schnitte modelte, ist die Tracht in ganz Deutschland in größeren Städten sich gleich, und die Linzerinnen unterscheiden sich nur noch durch die Goldhauben, welche unter dem Bürgerstande Nationaltracht sind und eine gefälligere Form haben als in manchen anderen Gegenden. Die Frauenzimmer haben meist einen leichten Conversationston. Selbst unter denen vom Bürgerstande findet man zuweilen eine nicht gemeine Bildung, da manche der reichen Bürger ihren Töchtern eine bessere Erziehung geben, sie im Ciavier, Singen, im Französischen und Italienischen unter richten lassen. - Wie überall im südlichen Deutschland findet man auch hier die für das Ganze wohltätige, dem Menschenfreunde erfreuliche Mischung der Stände in öffentlichen Gesellschaften, besonders in solchen, die sich im Freien versammela (Der Beschluß folgt) Innerhalb der Vorstädte befinden sich mehrere Gesellschaftsgärten, wovon jedoch die meisten weniger eigentliche Gärten sind, als mit Bäumen bepflanzte Plätze, welche übrigens eine zur gesellschaftlichen Unterhaltung bequeme Einrichtung und die dazu nötigen Gebäude haben. Einen öffentlichen Garten, welcher diesen Namen wirklich verdient, wird Linz wahrscheinlich nicht eher bekommen, als bis der Mayrederische, welcher schon zum Teil dazu eingerichtet war, dem Publicum gänzlich geöffnet wird. Er wurde von den Jesuiten angelegt und hätte bei seiner Größe hinläng lichen Raum, auch Anlagen im neuern Geschmack mit besonderer fiinsicht auf gesellschaftliche Unterhaltung zu machen. Unter den jetzt bestehenden Gärten hat ein nicht fern vom Kapuzinerkloster gelegener, das fiagerstöckel genannt, für einen Fremden das meiste Interesse, weil er wegen seiner höhern Lage eine weite schöne Aussicht darbietet. Ein nettes Gärtchen unweit des Prunnerstiftes, in welchem ein im Freien stehender ungeheurer Feigenbaum unter dieser Breite allerdings eine Merk würdigkeit ist, bietet zwar keinen Raum zum Lustwandeln dar, doch dazu ladet die schattenreiche Allee ein, welche in der Nähe anfängt, bis zum kaiserlichen Fabrik gebäude führt und in und bei Linz die einzige ist. Eine Nationallustbarkeit der Linzer ist eine Art von Scheibenschießen, welche im Winter stattfindet. Auf Sälen sind zwei bis drei Schießstätten angelegt. Nach kleiEbd., S. 321 ff.

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