Salamun, Ideologie und Aufklärung. Weltan schauungstheorie und Politik. (=- Studien zu Politik und Verwaltung, Bd. 24.) Wien - Köln - Graz: Böhlau 1988. 142 Seilen. S 196,-. Das vorliegende Buch weist folgenden Inhalt auf: I. Ideologie und Sprache 1. Verbalstrategien in der Politik 2. Zur politischen Pragmatik des Wortes „Marxis mus" im stalinistischen Herrschaftssystem II. Ideologie und Politik 1. Chancen und Gefahren einer stärkeren Ideologisierung der Politik 2. Konfliktverschärfende Tendenzen von Ideolo gien III. Ideologie und Wissenschaft 1. Formen der Ideologisierung von Wissenschaft 2. Zur Geschichte der Diskussion um Ideologie, Wahrheit und Wissenschaft rV. Ideologie und Sport 1. Politisch-ideologische Funktionen des Sports 2. Olympismus als Weltanschauung: Kritische Überlegungen zur Sportideologie Was ist Aufklärung, der zweite Begriff aus dem Buchtitel? Zunächst eine bestimmte geistes geschichtliche Epoche, gekennzeichnet durch Na men wie Voltaire, Diderot oder Lessing. Dann aber ein permanenter Prozeß, nach der berühmten For mel Kants aus dem Jahre 1784 „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmün digkeit", diese wiederum das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Was ist Ideologie? Der Begriff ist schillernd und vielfältig. Der Verfasser nimmt dazu im Vor wort wie folgt Stellung: „Ist heute von .Ideologie' die Rede, kann damit recht Verschiedenes gemeint sein. Weder im politi schen und journalistischen Sprachgebrauch noch in Philosophie und Fachwissenschaften (Soziolo gie, Geschichts- und Politikwissenschaften usw.) findet sich ein einheitliches Verständnis dieses Wortes. Nicht selten versteht man unter .Ideologie' etwas Negatives: eine unnötig emotionalisierte po litische Uberzeugung; eine politische An schauung, die durch parteiische Interessen ver fälscht ist; eine Anzahl von weltanschaulichen Vorstellungen, die Verschleierungsfunktionen hinsichtlich solcher Interessen ausüben; politische Ideen, die eine bedenklich illusionistische und wirklichkeitsfremde Schlagseite haben. Oft meint man mit .Ideologie' aber einfach: eine politische Weltanschauung; ein System moralischer und po litischer Grundsätze; weltanschauliche Leitideen; politische Orientierungsideale und Grundwerte." Eine in bezug auf die Politik, die neben der Philosophie und Staatslehre der Haupttummel platz des Ideologischen ist, praktische Unterschei dung liefert Felix Ermacora in seinem „Grundriß ei ner allgemeinen Staatslehre" (1979): „Ideologie ist Weltanschauung, aber auch eine Theorie, die ein Sonderinteresse durch das Allgemeininteresse zu legitimieren versucht - unter Verschleierung die ses Vorganges. Dieser Verschleierungsvorgang wird vor allem mit Schlagworten versucht. Um der klareren Wortbedeutung willen wird man die posi tive Seite des Ideologiebegriffes als weltanschauli che Idee, die negative Seite des Ideologiebegriffes als seine schlagworthafte Verallgemeinerung und daher als eine illegitime Verabsolutierung des Re lativen anzusehen haben. Alle politischen Ideen kreise weisen - mehr oder minder umfangreich - Elemente .positiver' Ideen auf, sie haben aber auch .negative' Inhalte, die sich im verdummenden Schlagworthaften ausdrücken. Ich würde diese ne gative, schlagworthafte Seite des politischen Ideenkreises als die Ideologie, die positive Seite als die Weltanschauung oder politische Idee bezeich nen" (S. 33). Freilich: Was in der jeweiligen Ideolo gie positiv, also politische Idee, was negativ, also Ideologie im abschätzigen Sinn ist, darüber strei ten die Menschen je nach Standpunkt. Die Ge schichte der Zwischenkriegszeit mit ihrem Lager denken, das ein Uberspringen der Lagermauern kaum zuließ, zeigt, daß sich die einen im Besitz der Wahrheit wähnen, die anderen jedoch in der Ideo logie befangen sehen, und dies wechselseitig. (Das Standardwerk von Hans Barth trägt den bezeich nenden Titel „Wahrheit und Ideologie".) Wenn wir im herkömmlichen, wenig differenzierenden Sinn von Ideologien, „Bündeln geschichtlicher Ideen" oder Weltanschauungen bzw. politischen Ideen sprechen, so treten sie ab der Französischen Revo lution in Erscheinungen wie Liberalismus, Konser vatismus, Sozialismus und den mannigfachen Na tionalismen auf. Otto Brunner kennzeichnet sie in seinem Es say „Das Zeitalter der Ideologien" idealtypisch so: „Sie wollen aus ihren Ursprüngen heraus Wissen schaft sein und sind das auch in erheblichem Ma ße. Sie behaupten aber auch, auf unaufhebbaren Gesetzen, sei es des wirtschaftlichen Zusammen lebens, sei es der geschichtlichen Entwicklung zu fußen, und damit werden sie schon zur Weltan schauung, zur Metaphysik... Und endlich sind es
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