OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 3

niedlicht: Der Gedanke von „Dunkel", das auch gerade bei Stifter da sei (Ackel, 1956), die Einsicht, daß Stifter „gegen das Chaotische seine Welt aufrichtet" (Henz), das Unterstreichen der „tigerartigen Anlage" (Schmidt, 1969) spielen im Stifter-Bild oder in den Stifter-Bildern des diesem Vortrag zugrunde liegenden Textcorpus' auch eine Rolle. Zum Abschluß wird ein Satz aus Joseph August Lux' Literaturgeschichte angeführt: „Bekenntnis zu Stifter heißt Bekenntnis zur. feinsten österreichischen Lite ratur." Über „Die Stifter-Rezeption in der Zeitschrift ,Wort in der Zeit' 1955-1965. Literarhistorische und kulturpolitische Tendenzen" referierte Dr. Wolfgang Hackt, Innsbruck Aus mehreren Gründen kann „Wort in der Zeit" als wichtigste österrei chische Literaturzeitschrift der fünfziger und sechziger Jahre gelten: als umfangreiche Dokumentation der Literatur, als Teil und Spiegel des literarischen Lebens und - nicht zuletzt wegen der hohen Subventionen - als Zeugnis österreichischer Kultur politik zwischen Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. Obwohl die Zeitschrift vor allem der Gegenwartsliteratur verpflichtet ist, ist Stifter präsent; mit literarischen Texten zwar nur aphoristisch, doch sind ihm Aufsät ze gewidmet, und es erscheinen Rezensionen mancher Ausgaben bzw. von Sekun därliteratur. Das besondere Interesse gilt jedoch den Erwähnungen Stifters in redak tionellen Notizen bzw. Essays zu allgemeinen literarischen Themen, in Aufsätzen zur Gegenwartsliteratur oder in Rezensionen nichtstifterischer Werke. Idier wird deut lich, daß Stifter im Erwartungshorizont der Leser ein fester Platz eingeräumt wurde. Aus diesem Material wird dann versucht, Aspekte eines Stifter-Bildes zu rekonstruieren; der wiederentdeckte, oft falsch verstandene große Epiker, der Klassi ker der österreichischen Literatur, der Bewahrer der Ordnung, der Erzieher. Dieses Bild wird schließlich im Kontext der Zeitschrift auf seine Funktion hin untersucht. Es zeigt sich dabei, daß Stifter selbstverständlich erwähnt wird, wenn es darum geht, Traditionslinien einer österreichischen Literatur nachzuweisen oder diese überhaupt als Nationalliteratur zu begründen. Stifter wird aber auch heran gezogen, um die Wertschätzung eines Werkes eines anderen Autors zu legitimieren. Dem fierausgeber Rudolf fienz dient er zur Untermauerung des eigenen Selbstver ständnisses als Dichter. Im Nebeneinander von traditioneller bzw. traditionalisti scher Literaturauffassung und einem der Moderne verpflichteten Literaturverständ nis wird Stifter zur Absicherung des traditionellen Paradigmas genützt. Im kultur politischen Kontext schließlich wird auf Stifter vor allem dann verwiesen, wenn es gilt, die Tradition des christlichen Abendlandes einzumahnen. Nicht nur vom literarhistorischen Standpunkt, sondern auch aus gesell schaftspolitischer Sicht ist der Vortrag von Dr. Wolfgang Wiesmüller, Innsbruck, „Ein politisches Mahn- und Trostbuch? Zur Rezeption von Stifters ,Witiko'" von zeitloser Bedeutung. Nicht von ungefähr wurde Stifters historischer Roman „Witiko" aus einer jahrzehntelangen Versenkung erst und gerade in den Jahren nach dem Zweiten Welt krieg heraufgeholt. Die Frage nach Sinn und Ziel der Geschichte, die Suche nach Maximen politischen Idandelns, der Kampf um die Aufrechterhaltung staatlicher

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