Adalbert-Stifter-Kolloquium Adalbert Stifter - Aspekte seiner Rezeption und Wirkung 2. Teil: von 1930 bis zur Gegenwart Von Rudolf Maria Henke Vom 18. bis 20. Mai 1989 versammelten sich 20 Germanisten aus Deutsch land, Frankreich, Italien, Japan und Österreich im Hofsaal des Theatercasinos in Linz, um ihre Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte vorzustellen und darüber Dis kussionen abzuhalten. Infolge der Vielfalt der Ansätze wurde dem Teilnehmer der Tagung eine Menge Material angeboten, das in seiner Gesamtheit in einem Sammel band der Schriftenreihe des Adalbert-Stifter-Institutes gemeinsam mit den Vorträ gen des Linzer Kolloquiums von 1986 (Stifter-Rezeption und Wirkung. 1. Teil: von 1888 bis 1930) veröffentlicht werden wird. In diesem Rahmen ist daher nur ein Hinweis auf einige Schwerpunkte mög lich, deren erster von Doz. Dr. Sigurd Scheichl, Innsbruck, zum Thema „Stifter als In begriff österreichischer Literatur. Zur Auseinandersetzung um den Begriff der öster reichischen Literatur seit 1945" präsentiert wurde. Um das Stifter-Bild in den späten vierziger und fünfziger Jahren zu verstehen, bedarf es eines Textcorpus', um zu einer qualitativen Analyse auf Grund der Erwäh nungen zu Stifters Texten zu kommen, wobei dem „Bekenntnishaften" mehr Auf merksamkeit geschenkt wird als einschlägigen wissenschaftlichen Darlegungen, da es hier um die Darstellung eines „öffentlichen" Stifter-Bildes geht. Bei der Erarbeitung dieses Textcorpus' war der Umstand auffallend, daß es weder einen „linken" noch einen kommunistischen Beitrag zur Entwicklung des Bewußtseins einer „österreichi schen Nation" gibt. Ernst Fischer, der sich mit der Literatur des 19. Jahrhunderts befaßt hat, geht Stifter offensichtlich aus dem Weg. Nun zur Stifter-Rezeption, wie sie sich in den Texten niederschlägt. Insgesamt wird Stifter weniger häufig als Grillparzer erwähnt, wohl deshalb, weil es bei Grillparzer explizite Aussagen zum Verhältnis von deutscher zu österreichischer Litera tur gibt, zu welchem Thema Stifter sich jedoch nicht geäußert hat, weshalb er auch nicht griffig zitiert werden konnte. Die hier interessanten Bezüge des Stifter-Bildes sind jene, die in mehreren Publikationen wiederkehren und als Bestandteil der „opinio communis" aufgefaßt werden können. Im Kontext der Veröffentlichungen fast tautologisch sind Feststel lungen wie die, daß „Stifters Werk tief im österreichischen Wesen gründet" (Rudolf Henz, 1958, 1975). Bei Henz wirkt allerdings die Formel vom „österreichischen
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