fen, das den Bischof ermächtigte, ja verpflichtete, wegen Vermutung eines künftigen Ärgernisses oder Zwistigkeifen eine Ehe zu verbieten. Die Unterlagen mußten beschafft werden. So trat die vierte Person - der inzwischen zum Bezirksarzt von Kirchdorf an der Krems avancierte - Bruder Karl Schiedermayr in den Dunstkreis der Ereignisse. Ihm fiel die Aufgabe zu, mit einem zweiten graduierten Arzt ein Gutachten zu erstel len, das eine Internierung ermöglichte. War dieser zweite Arzt der Kremsmünsterer Stiftsarzt (seit 1855) Dr. Ignaz Sigismund Pötsch? Er wäre am ehesten in Frage gekommen, weil er ebenso wie Dr. Karl Schiedermayr nebenberuflich Botaniker war und beide befreundet gewesen sind. Außerdem konnte Dr. Karl Schiedermayr der Forderung gerecht werden, als Gerichtsarzt aufzutreten, denn die Bezirksämter in kleineren Orten waren auch gleichzeitig die Bezirksgerichte. Der Antrag einer Bezirksbehörde - neben oder zusätzlich zu dem der Angehörigen - auf Einweisung in eine Irrenanstalt konnte vom Bezirksarzt Dr. Schiedermayr sehr leicht durch sei nen guten Bekannten (oder Freund?), dem Bezirksvorsteher von Kirchdorf, Franz Schützenberger, besorgt werden. Karl Schiedermayr war auch vorgesehen, die Vormundschaft über das Kind zu übernehmen, wenn der „Täter" Josef, der Erzeuger des unehelichen Kindes, aus dem Verkehr gezogen sein würde. Doch konnte Karl dem Wunsche seines Bruders Johann Baptist (?) noch nicht nachkommen, da er noch nicht verheiratet war und eine Vormundschaft für ein Mädchen nicht übernehmen konnte. Eine Unterlage fehlte noch, um die Internierung endgültig vollziehen zu las sen: der Heimatschein. Obwohl Josef Schiedermayr in Wien geblieben sein mußte, da er beruflich in Linz und Oberösterreich nicht aufschien, wurde für ihn beim Magi strat in Linz ein Heimatschein beantragt und am 20. August 1856 an den zum Stadt pfarradministrator in spiritualisbus et temporalisbus gewordenen Domherrn Dr. Johann Schiedermayr auf „Weisung des Gemeindevorstandes" ausgefolgt. Somit waren alle Voraussetzungen für eine Einweisung in das Irrenhaus im Linzer Prunerstift gegeben, und Josef Schiedermayr dürfte Ende 1856/Anfang 1857 eingeliefert worden sein. Die Verpflegskosten im Irrenhaus (seit 1861 Landesanstalt) waren in drei Klassen eingeteilt, von denen die erste am wenigsten frequentiert war, obwohl täglich nur 60 Kreuzer zu bezahlen waren. Die Brüder Johann Baptist und Karl Schieder mayr konnten aufgrund ihrer guten Posten die Zahlung leicht leisten. Ob Mutter und Geschwister von der Internierung wußten, ist nicht bekannt. Ebensowenig dürfte Karolina Barghesi vom heimlichen Abgang ihres Freundes gewußt haben. Sie lebte weiterhin als „Erzieherin" in Wien und war wegen ihres Kin des zum Stillschweigen verhalten worden. Die hohe kirchliche Position des Dom herrn Schiedermayr konnte ihr eine Ausnahmegenehmigung für die Erziehung ihrer Tochter - die ja katholisch getauft war - erwirkt haben, denn sie mußte wissen, daß es Nichtkatholiken untersagt war, katholische Kinder in „Wohnung, Kost und Erzie hung" zu nehmen; wurde damit ihr Schweigen erkauft? Sicher hatte sie auch finan zielle Zuwendungen erhalten, die Dr. Karl Schiedermayr, der fallweise in Wien bei der zoologisch-botanischen Gesellschaft zu tun hatte, als Mittelsmann überbracht
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