OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 3

Bücherrf^^ für die Insassen. Die Ironie des Schicksals wollte es, daß er selber am 16. April 1878 an „Gehirnerweichung"'" starb. Wußte die Mutter von der Internierung? Vermutlich nicht, und es ist durch aus möglich, daß sie ihren jüngsten Sohn nicht mehr zu Gesicht bekam, da sie am 5. Jänner 1858 verstorben war.'" Mit der Internierung des Josef Schiedermayr in der Irrenanstalt war das „peinliche" Problem des „unehelichen" Kindes für die angesehene Familie Schieder mayr im unmittelbaren Bereich der Landeshauptstadt aus dem Weg geräumt. Noch lebte die Kindesmutter Karolina Barghesi mit der Schiedermayr-Tochter in Wien,-'" das war aber weit vom Schuß; und sehr wahrscheinlich wurde sie mit einer entspre chenden Abfertigung zum Schweigen veranlaßt und ihr in Aussicht gestellt, daß für das Kind Bertha gesorgt werden würde. Es ist auch nirgends vermerkt, daß sie jemals in Linz aufgetaucht sein soll. Mit der Übernahme der Vormundschaft - nicht Adoption - für Bertha Barghesi, der Nichte, durch Dr. Karl Schiedermayr im Mai 1866 dürfte der „Fall Schiedermayr" als abgeschlossen zu betrachten sein. Wie das bislang Gesagte dar legt, war Anton Bruckner nicht in die Vaterschaft zu Bertha Barghesi „verwickelt", ja mit größter Sicherheit hatte er die Kindesmutter gar nicht gekannt, denn sonst wäre eine Begegnung der beiden in Wien - Bruckner war seit 1868 (1. Oktober)'^^ am Wiener Konservatorium Professor - überliefert worden. 5. Zusammenfassung und Kommentar Die vorstehenden Recherchen konnten Hintergründe und Zusammenhänge um das Vaterschaftsgerücht zu Anton Bruckner und Irrtümer zum Fall Schiedermayr aufklären. Eine chronologische Abfolge der Ereignisse vermag das Geschehen im ganzen zu verdeutlichen. Die Konzentration der Betrachtungsweise ist naturgemäß auf den engen Personenkreis um Karolina Barghesi und die Brüder Dr. Josef, Dr. Johann Baptist und Dr. Karl Schiedermayr eingegrenzt. Der Name Weißgärber kam erst zwanzig Jahre später ins Gespräch. Zentralgestalt des Geschehens im Fall Schiedermayr und auslösendes Moment war Karolina Barghesi: Eine Schweizerin, von der so gut wie nichts aus ihrem Lebenslauf bekannt ist. Wir wissen nur, daß sie in Ems/Graubünden am 15. April 1828 geboren worden war und in Wien, Josefstadt 221, am 7. August 1855 eine uneheliche Tochter, Bertha, geboren hatte, als deren Vater sich Dr. Josef Schie dermayr aus Linz vor dem Seelsorger und zwei Zeugen am 13. August des gleichen Jahres bei der Taufe des Kindes erklärte und verlangt habe, als solcher in das Tauf buch eingetragen zu werden. Er bekräftigte die Erfüllung seines Wunsches mit seiner Unterschrift. Damit tritt die zweite wichtige Person in das Blickfeld der Betrachtung. Dr. Josef Schiedermayr hatte - wie bekannt - an der Wiener Universität Jus studiert und mit seinem Bruder Karl - dem späteren Bezirksarzt von Kirchdorf an der Krems - im Wiener IX. Bezirk, Alservorstadt (21 und 10, bis 1843/44) zusammengewohnt. Im

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