Zur „Angelobung" der im Vordruck angeführten „Pflichten" hätte Dr. Schiedermayr am 9. Mai erscheinen sollen; hatte aber diese „Eigenschaft" erst am 22. Mai 1866 „angelobt"."^ Das Dokument ist in zweifacher Flinsicht bemerkenswert und offensichtlich manipuliert (vom Bezirksarzt?): 1. führt es Bertha Barghesi (Barketzi) als „Tochter... Josef Schiedermairs", dessen akad. Grad (Dr. jur.) verschwiegen wird, an, und 2. ent hält es den Vermerk des „verstorbenen Iderrn Bruders". Ist die erste Formulierung „Bertha Schiedermair" - weil das Kind unehelich war und der „Vater" die Kindesmutter nicht ehelichte und von Karl Schiedermayr nicht adoptiert worden war - schon unrichtig, so ist die andere Angabe vom „verstorbenen Herrn Bruder" geradezu ungeheuerlich, da Dr. ]osef Schiedermayr - der Bruder von Karl Schiedermayr - zu diesem Zeitpunkt noch gelebf^*^ hatte, und zwar in der Irrenanstalt in Linz."' Und mit dieser irreführenden Bemerkung scheint mir, wurde der „Fall Schie dermayr" kriminell, während davor liegende Aktionen moralischer und medizini scher Natur gewesen sein dürften. Zur Erinnerung der Vorgeschichte: Dr. Josef Schiedermayr hatte sich am 13. August 1855 als Vater des unehelichen Kindes der Karolina Barghesi (Barketzi), Bertha, vor zwei Zeugen, protokolliert vom Kooperator fiempel, im Pfarramt Maria Treu in der Josefstadt erklärt und verlangt, daß er als solcher in das Taufbuch eingetragen werde, wie es dem bürgerlichen Gesetzbuch (1811) entsprach. Er und der Taufende hatten also wahrheitsgemäß gehandelt und wären straffällig geworden, hätten sie den Gesetzesparagraphen zuwidergehandelt. Der Jurist Schiedermayr wußte das. Ebenso dürfte er gewußt haben, daß er der Kindes mutter gegenüber eine Verpflichtung hatte - und nicht nur versorgungsmäßiger Art. Er hatte sicher die besten Absichten, sein Verhältnis zur Kindesmutter zu legalisieren, doch standen schwerwiegende Gründe dagegen, die eine dauernde Bindung verhin derten. Und sicher nicht zuletzt die Meinungen der Brüder Johann und Karl, die beide in „gehobenen Positionen" - der eine als Domherr, der andere als Bezirksarzt - waren und die „Familienschande" eines unehelichen Kindes in einer katholischen Familie nicht ohne weiteres hinnehmen konnten und keinesfalls eine eheliche Verbindung mit einer Protestantin duldeten. Schon längere Zeit vor der Geburt seiner Tochter dürfte Dr. Josef Schiedermayr in Wien, Josefstadt 149, gewohnt"' haben, denn unter einem bestimmten Datum scheint er in der Linzer StadtyfarrchronikJ^^ die sein Bruder Dr. Johann Bapt. Schiedermayr als Stadtpfarradministrator seit seinem Amtsantritt (1853) eigenhändig schrieb, nicht auf. Es heißt dort 1853: „... 3. Dezember ...Der 71ste Geburtstag unserer Mutter. Die Brüder von Steyr u KÜrchdorf kamen hieher u so sind wir 6 Geschwister wieder beisamen. - Große Gratulation beym fFochwürdigsten Herrn Bischöfe.. Wenn Domherr Schiedermayr sechs Geschwister, statt sieben erwähnte, so fehlte (den 1819 verstorbenen Josef, 1.,^^^ ausgenommen) der vierte Bruder, Josef, der Jurist. Die
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