Waren die beiden Schwestern Emilia und Rosa instrumental (Emilia) und vokal (beide) ausgebildet, so war das fünfte Kind der Weil3gärbers - der Sohn Maxi milian^®' (1884-1951) - rein instrumental begabt und erreichte als Violinvirtuose und Quartettgründer (Weißgärber-Quartett) beachtliches Können, das ihn zu den Wiener Philharmonikern und auf den Platz eines Konzertmeisters führte. Er lebte vor wiegend - um nicht zu sagen ausschließlich - in Wien, war dreimal verheiratet"® und schien ein Freigeist gewesen zu sein. Seine äußere Ähnlichkeit - besonders im Profil - mit Anton Bruckner gab sicher manchen Anlaß, über seine Herkunft zu rätseln, doch sind physiognomische Ähnlichkeiten sehr häufig zufällig und im Grunde ohne Bedeutung. Karolina Weißgärber"^ (1885-1970) - das sechste Kind - trat musikalisch nicht in Erscheinung, blieb „bürgerlich" und heiratete einen Forstbeamten (1915),"^ obwohl auch sie kurze Zeit als Schauspielerin tätig war. 3.4 Anton Bruckner Als letzter in der Personenreihe sei - rein informativ und nur als „Erwähnter" - Anton Bruckner"® (1824-1896) genannt, dessen biografische Daten als bekannt vor ausgesetzt werden. Nur die Zeitspanne von 1854/55 ist zu behandeln. In den Angaben schrieb Frau Bronnen (a. a. O.) von einer „Bruckner-Tochter" und einem „Ahnherrn" der Weißgärber-Geschwister, ohne dezidiert Anton Bruckner als „Vater" zu bezeichnen; auch erfolgte kein Hinweis darauf, wo, wann, unter wel chen Umständen und wie lange Bruckner die Kindesmutter Barghesi kennengelernt, getroffen und mit ihr zusammengewesen sein soll; völlig außer acht gelassen wurde Bruckners persönliche und charakterliche Situation zur „Tatzeit" - der Kindeszeu gung -, die (rechnet man die 266 Tage der Schwangerschaft von der Konzeption bis zur Geburt) Mitte November 1854 erfolgt®®" sein müßte. Zu diesem Zeitpunkt war aber Bruckner in St. Florian und vollauf ausgelastet mit seinen Pflichten als Lehrer an der Pfarrschule, provisorischer Stiftsorganist, musikalischer Betreuer der Sängerkna ben und Komponist - er schrieb im August 1854 die Missa solemnis®®® - und zudem bereitete er sich auf die Hauptschullehrerprüfung vor und übte täglich „zehn Stunden auf dem Klavier und drei an der Orgel".®®^ Wie hätte er sich bei dem enormen Auf wand an Zeit und Fleiß irgendwelche „Abenteuer" leisten können? Daß seine finanzielle Lage in diesen Jahren nicht die beste war - 36 Gulden als Lehrer, 80 Gulden als Organist, also 116 Gulden®®'' jährlich (!) - ließ ihn verständ licherweise nach einer Besserstellung in der „Sicherheit" eines gutdotierten Postens (Gerichts-Kanzlist) mit 350-400 Gulden®®® jährlich oder einer „guten Partie" zum Heiraten ohne unehrbare Absicht Ausschau halten. Dies bedeutete aber keine Krise. Als Lehrer und Organist war Bruckner der kirchlichen Obrigkeit unterworfen, die auf strengste Einhaltung moralischer und sittlicher Integrität ihrer „Unterthanen" achtete.®®' Davon abgesehen, war Bruckners innere, seelische Bindung an Kirche und Religion®®® durch Erziehung und Tradition von unverrückbarer Festigkeit, so daß eine illegitime Beziehung für ihn unvereinbar mit seiner Haltung gewesen wäre.
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