OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 3

macht Politik im Hintergrund. Diese negative Darstellungsweise scheint dem Zeit geist zu entsprechen: Wir dürfen nicht vergessen, daß Weidmann ein Zeitgenosse Josephs II. war, welcher nicht zuletzt durch seine Säkularisationsmaßnahmen den Klerus zu entmachten versuchte. Wenn diese Maßnahmen zwar hauptsächlich gegen den katholischen Klerus gerichtet waren, so dürfte aber auch eine Verunglimpfung der protestantischen Geistlichen durchaus im Sinne des Kaisers gewesen sein. In Carl Schalks Drama steht der Student im Mittelpunkt des Werkes. Der Student wird hier zum Träger einer religiösen und sozialen Idee, die vom Urchristen tum und dem Sozialismus - wie ihn Karl Marx formulierte - abgeleitet ist. Casparus propagiert die Aufteilung des Privatbesitzes, indem er die Apostelgeschichte zitiert: Die Menge aber der Gläubigen war ein Herz und eine Seele, auch Keiner sagte von seinen Gütern, daß sie sein wären, sondern es war ihnen Alles gemein. Es war auch Keiner unter ihnen, der Mangel hatte, denn wie Viele ihrer waren, die da Aecker oder Häuser hatten, verkauften sie dieselben und brachten das Geld des verkauften Guts. Und legten es zu der Apostel Füßen, und man gab einem Jeglichen, was ihm noth war.^'^ Durch den Tod Fadingers und die Gefangennahme Madlseders erlangt Casparus die Oberhand über das Bauernheer und rüstet zum Entscheidungskampf der Besitzlosen. Doch diese unterliegen. Casparus resigniert schließlich: Noch sind nicht würdig wir zu siegen, weil wir nicht fähig sind das Gottesreich auf Erden zu begründen, das Reich der Gerechtigkeit, Brüderlichkeit und Gleichheit, ... Sind wir denn bereit den Knechten und Mägden Dasselbe zu geben, das wir selbst genießen,... und für ihre Erhaltung zu sorgen, wenn sie alt oder krank geworden sind und uns nicht mehr dienen und nützen können 1 Mit tiefster Beschämung muß ich es sagen, uns ist der echte und urchristliche Geist, der Gottesgeist noch fern.^^ Die Figur des Casparus verkörpert bei Carl Schalk den Vorkämpfer für die sozialistischen Ideen, die am Ende des 19. Jahrhunderts einen großen Teil des geisti gen Gepräges der Zeit ausmachten. Bei Gustav Streicher macht der Student Hans Straßer eine Wandlung vom Priester in spe, der statt mit dem Schwert mit dem Evangelium zu kämpfen gedachte,®® zum gnadenlosen Rächer seiner „Stefferl" durch. Er ermordet den Frei herrn von Harrach, der sein Stefferl entehrt hatte, und nimmt damit auch Schuld auf sich. In der Folge wird er zum wichtigen Agitator, der die Bauern immer wieder zum Kampfe aufruft: Deshalb hat uns der allmächtige Gott im richtigen Augenblick ins Feld gerufen, daß wir, ein Werkzeug in seiner Hand, ein göttliches Strafgericht bilden für die großen Sünden der Herrschenden und Ihr, Ihr habt doch alleg'schworen. Euch eher in Stücken zerhauen zu lassen, als das Evangelium zu verraten.^"' Carl Schalk, „Der Student", S. 72. " Ebenda, S. 113. Vgl. Gustav Streicher, „Stephan Fadinger", S. 30. Ebenda, S. 70.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2