OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 3

und Sehnsüchte, aber auch Befürchtungen, die zu untersuchende Zeit, ihre Weltsicht und Stimmung besser kennenlernt. Eine Epoche verrät, mehr als ihr selber bewußt ist, von sich durch ihre Vorliebe für eine bestimmte Vergangenheit. Denn Wahlver wandtschaft und Sehnsucht sind dabei am Werk. Der Mensch sucht und findet in der Poesie immer nur sein eigenes Denken und Fühlen. Folglich sind nur solche Stoffe zur dramatischen Behandlung geeignet, die in innigster Wahlverwandtschaft zu Stimmungen und Bedürfnissen des gegen wärtigen Zeitbewußtseins stehen. Im Folgenden sollen nun historische Dramen, die den oberösterreichischen Bauernkrieg zum Thema haben, exemplarisch hervorgehoben werden und in chro nologischer Reihenfolge - vom 18. Jahrhundert beginnend bis ins 20. Jahrhundert - betrachtet werden. Paul Weidmann: „Stephan Fädinger" (1781) Biographisches zum Autor Paul Weidmann (1744-1801): Wiener Dramatiker der Josephinischen Zeit. Als Beamter war er in verschiedenen Stellungen tätig. Er wird zu Lebzeiten Josephs II. befördert, doch erfuhr er nach dessen Tode viele Zurücksetzungen. Die fortwähren den Eingaben Weidmanns an den Kaiser, welche seiner Unzufriedenheit Ausdruck verliehen, zeigen das dauernde Ringen des Dichters um eine bessere Position. Weid mann war vor allem Dramatiker. Inhalt und Form Paul Weidmanns „Stephan Fädinger" gliedert sich in fünf Aufzüge, die jeweils bis zu zwölf Auftritte enthalten. Die fiandlung umfaßt einen relativ geringen Zeit raum (von der Belagerung von Linz bis zum entscheidenden Kampf um die Stadt), wie auch die Einheit des Ortes gewahrt bleibt - Die Handlung geht vor hey LinzA Das Drama steht in der Tradition der Ritterdramen, welche gerade zu dieser Zeit - nicht zuletzt wegen des großen Erfolges von Goethes „Götz" (1773) - sehr populär waren. Weidmann betrachtete sein Drama aber auch als Lehrstück: Alle Menschen fühlen in ihren Herzen die Bedürfniße sanfter Empfindungen, und daher kömmt es, daß auch die Feinde aller Sittenlehren, doch manche Stunde in der Schaubühne zubringen, und eben die Wahrheiten, die sie auch dem finstern Katheder, im predigenden Tone vorgetragen, verabscheuen, im Schauplatz gelas sen, ja mit Vergnügen hören, wenn anders der Dichter seine Moral so künstlich in lebhafte Hand lungen zu verstecken weis, daß er nichts weniger als die Absicht zu haben scheinet, sie belehren zu wollenV * Paul Weidmann, „Stephan Fädinger oder Der Bauernkrieg". Ein Schauspiel in fünf Aufzügen. Salzburg 1781, S. 1. ' Ebenda, erste Seite der unpaginierten „Vorrede des Verfassers".

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