OÖ. Heimatblätter 1989, 43. Jahrgang, Heft 3

Zu dieser Gruppe ist hier eindeutig Carl Schalk zu zählen. Alfred Grohmann ist hier nicht so leicht einzuordnen; wenn er auch als einer der ersten Wortführer der Sozialdemokratie in Oberösterreich gilt, so herrschen in seinem „Stöffel Fadinger" doch eher nationalistische Elemente als marxistische vor. Bedeutendere Vertreter dieser Richtung wie zum Beispiel Ferdinand Lassalle, Friedrich Wolf, Hanns Eisler, Dieter Forte u. a. seien hier nur erwähnt. Die andere Gruppe, die dem völkisch-nationalen Lager zuzuordnen ist, hat nach Fussenegger andere Motive:... sie sieht im Aufstand der Bauern ein imposantes Lehens zeichen ethnischer Kraft; dieser Gruppe bereitet es Genugtuung, daß sich im Schoß des Volkes in früher Zeit und unter härtesten Bedingungen unbeugsame Gesinnung, Trotz, Entschlußkraft und eine mannhaft redliche Grundsatzhaltung kundgetan haben, die-so die hier implizierte Hoffnung - auch heute noch wirksam sind oder in möglichen Zeiten der Not wieder wirksam werden könnten. Patriotismus kann ja nie darauf verzichten, sich mit historischen Kontexten zu instrumentieren.^ Hier ist auch wesentlich, daß man in Zeiten völkisch-nationaler Prägung und besonders während der Zeit des Nationalsozialismus der Bedeutung des Bauern tums einen völlig neuen Stellenwert einräumte. Arno Mulot schreibt hierzu: Die zuneh mende Erkenntnis der Bedeutung des Bauerntums für das völkische Leben hatte eine fortschreitende Neuwertung der geschichtlichen Kämpfe des Bauerntums zur Folge. Der bäuerliche Widerstand gegen gewisse geschichtliche Entwicklungstendenzen wurde nicht mehr als Zeichen kulturferner Rückständigkeit gewertet, sondern als Kampf gegen Überfremdung und Vergewaltigung durch art fremdes Wesen bekannt. Die Bauernkämpfe der Vergangenheit rückten in den Brennpunkt der völkischen Geschichte.'^ Die dritte Gruppe, die G. Fussenegger anführt, ist nicht durch politisches Interesse, sondern durch ein Interesse ästhetischer Art motiviert. Die Saga vom Volks aufstand mit seinen bunten, turbulenten, dramatischen Episoden hat auch heute noch nicht ihren Reiz verloren. Der stürmische Atem, der jene Tage bewegte, bewegt die Phantasie auch des moder nen Menschen.^ G. Fussenegger sieht den oberösterreichischen Bauernaufstand als eine Kom bination aus sozialen, patriotischen und religiösen Momenten. Sie stellt daher ihr Libretto für Helmut Eders Oper zwischen diese drei Fronten, wobei es ihr aber ganz besonders auf die Aussage ankommt, daß für jede Volkserhebung eine ideologische „Krücke" notwendig ist, um die Unzufriedenheit und die Wünsche artikulieren zu können. Wie in so vielen Fällen hatte sich auch hier erwiesen, daß die Not allein, daß das nackte Elend den Menschen selten in den Aufruhr treibt, wenn ihm nicht zugleich von irgendwoher eine ideologische Krücke geboten wird, an der er sich aus der täglichen Misere seines Alltags zu gezielten Aktionen erheben kann. Die ideologische Krücke muß kein revolutionäres Theorem sein.^ Eine vierte Gruppe wird durch Weidmanns Fadingerdrama repräsentiert. Die Werke dieser Gruppe dienten dazu, das absolute (wenn auch aufgeklärte) Kaisertum und dessen Machtanspruch zu legitimieren. ' Ebenda, S. 123. ' Arno Mulot, Das Brauchtum in der deutschen Dichtung unserer Zeit. In: Die deutsche Dichtung unserer Zeit. Bd. I, 1. Teil, S. 145. ® Gertrud Fussenegger, Die Vorläufer. S. 123. ' Ebenda, S. 124.

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