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OBEROSTERREICHISCHE 43. Jahrgang 1989 Heft 3 Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Johann Krebs Die literarische Rezeption des oberösterreichischen Bauernkrieges Eine Darstellung am Beispiel des Dramas 179 Fritz Feichtinger Der Fall Schiedermayr - und Anton Bruckner 212 Leopold Mayböck Das Dorf Vogled, der Vogelweider-Hof und die Vogeltenne von Weitersfelden Ein Beitrag zur Besiedlungsgeschichte des Unteren Mühlviertels 249 Erich Reiter Das Naturdenkmal „Ottnangien" zwischen Wolfsegg und Ottnang am Hausruck 262 Rudolf Maria Henke Adalbert-Stifter-Kolloquium Adalbert Stifter - Aspekte seiner Rezeption und Wirkung 2. Teil: von 1930 bis zur Gegenwart 271 „Offene Planung" als Methode der Dorfentwicklung (Ferdinand Aichhorn) 277 Eine Wanderung im Mühlviertel 1899 (Jutta Krause) 280 Zur Belagerung der Burg Falkenstein 1289 (Herbert Bezdek) 283 Buchbesprechungen
Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Leiter: W. Hofrat Dr. phil. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der OO. Heimatblätter: Dr. Alexander Jalkotzy, Landesinstitut für Volks bildung und Heimatpflege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskulturzentrum Ursulinenhof), Tel. 0 73 2 / 2 7 05 17-23 Jahresabonnement (4 Hefte) S 160,- (inkl. 10 % MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges. m. b. H., 4020 Linz, Köglstraße 14 Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-049-2 Mitarbeiter: Dipl.-Ing. Ferdinand Aichhorn, Griesgasse 15, 5020 Salzburg W. Hofrat i. R. Ing. Mag. Herbert Bezdek, Kons., Nißlstraße 28, 4040 Linz Prof. Fritz Feichtinger, Finkstraße 2, 4040 Linz Dr. Rudolf Henke, Ramsauerstraße 28, 4020 Linz Dr. Jutta Krause, Lärchenstraße 10, D-8011 Forstern Mag. Johann Krebs, Andreas-Hofer-Platz 3 a, 4040 Linz Leopold Mayböck, Hochreithstraße 8, 4311 Schwertberg Mag. Erich Reiter, Blütenstraße 23/227, 4040 Linz Titelbild: Adam Graf von Herbersdorf, Reiterbildnis 1626 Zeichnung: Mathias Kager, Stich: Lucas Kilian. Foto: Oö. Landesmuseum, landeskundliches Archiv
Die literarische Rezeption des oberösterreichischen Bauernkrieges Eine Darstellung am Beispiel des Dramas Von Johann Krebs Vom Bayrischen ]och vnd Tyranney vnd seiner grosßen Schinderey mach vnns o lieher Herr Gott frey. Weilß gilt die Seel vnd auch das Guet, so gilts auch vnßer leih vnd Bluet. Gott geh vnns einen holten mueth. Es mueß sein. (Inschrift auf den Fahnen der Bauern) Der Bauernkrieg in Oberösterreich 1625/26 - Historischer Abriß Die Ursachen, die zu den oberösterreichischen Bauernaufständen und schließlich zum großen ICrieg 1626 führten, sind im religiösen Bereich gleichermaßen zu finden wie in der politischen und wirtschaftlichen Sphäre. Der oberösterreichische Bauernkrieg im 17. Jahrhundert kann als Teil des Dreißigjährigen Krieges gesehen werden und ist im wesentlichen als Folge der gegenreformatorischen Maßnahmen Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) zu betrachten. Zwar gab es schon vorher Bauernerhebungen, wie die von 1525/26 und 1594 bis 1597, die große Auseinandersetzung zwischen den Bauern und dem Kaiser, die schließlich zur endgültigen Niederlage der Bauernschaft führte, ereignete sich aber in den Jahren 1625/26. Nach der Niederschlagung des zweiten Bauernaufstandes, der bis 1597 andauerte, bot sich Kaiser Rudolf II. (1576-1612) die gewünschte Gelegenheit, die da und dort begonnene Gegenreformation in allen Gebieten systematisch durchzufüh ren. Am 6. Oktober 1597 erschien eine kaiserliche Resolution, wonach in allen lan desfürstlichen Städten, Märkten, Pfandschaften und bei den Bauern auf dem Lande das Christentum nur in der katholischen Form anerkannt werden könne. Die Prädikanten seien abzuschaffen, die besetzten Kirchen zurückzugeben. Während diese gegenreformatorischen Maßnahmen von Kaiser Rudolf II. ebensowenig Erfolg zeigten wie die Rekatholisationsbemühungen Kaiser Matthias' (1612-1619), änderte sich die Lage mit einem Schlage, als Ferdinand II. (1619-1637) die Regierung antrat bzw. antreten wollte. Ferdinand II. war aus der Schule der Ingolstädter Jesuiten hervorgegangen, d. h. Vertreter eines landesfürstlichen Absolutismus und eines kämpfenden Katholizismus. Ferdinand II. hatte kraft des Augsburger Religionsfriedens von 1555 bereits in der Steiermark, in Kärnten und in Krain der Gegenreformation mit Gewalt zum Sieg
N arm Pl-äW iw' läNB .chvtes l^lfe-OSeRHAVBTHAN t VfifeUWOJ ifiSTATUlÄB P ;üI^(OS£TJVN»l-rrME» E 1*WKtei5M40£MJ Tack r j?^«iAj«>GisronBF-N Stefan Fadinger. Ölgemälde auf Leinwand, nach 1626. Foto: OÖ. Landesmuseum, landeskundliches Archiv verholfen. Da er sich weigerte, den oberösterreichischen Landständen Zugeständ nisse in konfessionellen Fragen zu machen, übernahmen diese selbst die Regierung und verbündeten sich mit den aufständischen Böhmen. Dies war jener erste Schritt der Oberösterreicher zur Rebellion gegen das Haus Österreich, der das Verhältnis zwischen dem Land Oberösterreich und dem Hause Habsburg noch auf lange Zeit trüben sollte. Die Wahl Ferdinands zum römischen Kaiser am 28. August 1619 bedeutete für ihn eine große Zunahme an Macht und Einfluß und eine Stärkung seines Sen dungsbewußtseins. Auf der Rückreise von Frankfurt nach Wien schloß er in München mit dem bayrischen Herzog Maximilian I. ein Bündnis. Maximilian I. war Oberhaupt der Liga, des katholischen Fürstenbundes. Der neue Kaiser ernannte ihn nun zum Oberbefehlshaber über das ligistische Heer und stellte ihm als Entschädi gung für seine Auslagen die Verpfändung Oberösterreichs in Aussicht. Das habsburgische Reich war wegen der wirtschaftlichen Belastungen durch die Türkenkriege und die sich anbahnenden Kriege gegen die Schweden finanziell schwer in Bedräng nis geraten und konnte nur durch die Verpfändung Oberösterreichs die katholische Liga unterstützen. Am 30. Juni 1620 war der Bayernherzog vom Kaiser mit der Niederwerfung dieses Landes beauftragt worden. Am 24. Juli überschritt der Großteil der bayrischen Armee die oberösterreichische Grenze; der Widerstand wurde gebrochen, und am 4. August zog der Bayernherzog im Schloß zu Linz ein. Mit der Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg (8. November 1620) ist das Schicksal der böhmischen und oberösterreichischen Protestanten besiegelt.
Am 6. März 1621 gab der Kaiser den Landständen die Verpfändung des Lan des ob der Enns an Bayern bekannt und stellte als Statthalter des Herzogs den Grafen Adam von Herbersdorf vor (die Schreibweisen Herberstorff, Herberstorf, Herbers dorf variieren in den einzelnen Quellen). Herbersdorf wurde in das Land ob der Enns geschickt in der Hoffnung, er werde mit der schwierigen Situation eines Landes, dem große Belastungen zuge mutet werden mußten, zu Rande kommen. In den ersten vier Jahren seiner Herrschaft konnte er sogar das Vertrauen des Volkes gewinnen. Von den anfänglichen Erfolgen in der Niederwerfung des Aufstandes bestärkt, setzte 1624 Kaiser Ferdinand II. eine Reformationskommission ein, die die Rekatholisierung des Landes ob der Enns in die Wege leiten sollte. So erschien im Oktober des Jahres 1624 das kaiserliche Mandat, demzufolge alle nichtkatholischen Prädikanten und Schulmeister binnen acht Tagen das Land zu verlassen hätten. Um die vakanten Pfarrstellen zu besetzen, wurden italienische Priester aus Südtirol berufen, die oft nicht einmal der deutschen Sprache mächtig waren. Dieser Umstand und die Tatsache, daß die Gemeinden an die Predigt in deutscher Sprache nach lutherischem Vorbild gewohnt waren, machte viel böses Blut. Das nationale Element, daß die Bevölkerung die Messe in der Landessprache hören wollte, ist hier nicht zu vernachlässigen. So kam es Ende Jänner 1625 zum Aufstand in Nallernhach. Der italienische Dechant Blasius de Livo hatte einen italienischen Priester eingesetzt. Einige hundert Bauern widersetzten sich der Einführung, bewarfen den Pfarrer mit Steinen, so daß Dechant und Pfarrer flüchten mußten.^ Ahnliches ereignete sich im Mai 1625 in Frankenburg; der Unterschied war, daß sich nun Protestierende aus fast allen Pfarren der Umgebung sammelten und for derten: Die Prädikanten müssen wieder ins Land! Als Reaktion darauf ließ Herbersdorf am 15. Mai 1625 ein Exempel statuie ren, das als „Frankenburger Würfelspiel" in die Geschichte einging. Zeigte er in Nat ternbach noch Verständnis für das evangelische Volk, so lud er nun die umliegenden Pfarreien auf das Feld bei Hausham und traf jene Entscheidung, die ihm für immer den Vorwurf des Wortbruchs und der Heimtücke eintragen sollte. Er verurteilte 38 Richter, Räte und Pfarrherren zum Tode, schenkte aber dann der Hälfte das Leben, indem er sie um ihr Leben würfeln ließ. Wenn auch die Folgen dieses Blutgerichts auf dem Haushamer Feld unabsehbar waren, so war dieses Ereig nis noch nicht der direkte Anlaß für den großen Bauernaufstand. Diesen Anlaß bot Kaiser Ferdinand II. selber. Der Kaiser war auf dem ein geschlagenen Weg geblieben; im August 1625 wurde eine Reformahonskommission eingesetzt, die die Gegenreformation kompromißlos durchführen sollte; am 10. Oktober 1625 erschien das Reformationspatent, das als wesentlichen Punkt die ' Karl Eichmeyer, Reformation und Bauernkriege in Oberösterreich. In: Karl Eichmeyer, Helmut Feigl und Wal ter Litschel, Weilß gilt die Seel und auch das Guet. Oberösterreichische Bauernaufstände und Bauern kriege im 16. und 17. Jahrhundert. Linz 1976, S. 57.
UR5PRUNGSGEBIET DES AUFSIANDES .. Neül.irv-h»n Wjid • 'N ! Si. Afiithi» •/ Weiherau Wels, I LjmbjA lanvierlel damals bayerisdi 2 6 10 20 km Der Bauernkrieg in Oberösterreich im Jahre 1626. - Unter Zuhilfenahme der Kartenabbildung in: Eichmeyer, Feigl, Litschel, VMeilß gilt die Seel und auch das Guet. Oberösterreichische Bauernaufstände und Bauernkriege im 16. und 17. Jahrhundert. Linz 1976 sofortige Auswanderung aller Nichtkatholiken zum Inhalt hatte - und das hätte einen Großteil der Bevölkerung betroffen. In der Folge rotteten sich die oberösterreichischen Bauern unter ihren Führern Stefan Fadinger^ und Christoph Zeller zusammen und zogen gegen die bayrischen Besatzungstruppen. ^ Die Orthographie des Namens „Stefan Fadinger" wechselt von Quelle zu Quelle (Stefan, Stephan, Steffel; Fadinger, Fattinger...). Im Folgenden wird daher die einheitliche Schreibweise: „Stefan Fadin ger" verwendet.
Handelt es sich bei den Bauernunruhen von 1525/26 um eine angestrebte „soziale Revolution", so wird in der Bauernrevolte 1625/26 mit konfessionellen und nationalen Argumenten gekämpft. Beim Bauernaufstand 1525/26 begegnen wir der Berufung der Bauern auf das Wort Gottes; dahinter steht aber nicht die Lehre Luthers, sondern eher die „Urstands theologie der Bauernreformation'U Diese Urstandstheologie, oder Adamismus, besagt, daß alle Menschen gleich sind (vom gleichen Urvater abstammend) und daher die Rollenverteilung in Herrschende und Beherrschte nicht naturgegeben sei; somit könne auch nur ein aus dem Volke kommender Kaiser das Ideal darstellen. Dies ist ein in der Reformation oft wiederkehrender Gedanke. Außerdem berief man sich auf das „Alte Recht", die sogenannten „Waistümer", denen zufolge das Acker land dem Bauern gehöre, alles Nichtackerland aber Eigentum der Marktgenossen schaft seU Das Interesse der Literatur am Bauernkrieg Wenn man sich die Frage stellt, warum, von welcher Seite aus und aus welchen Motiven diesem längst vergangenen Ereignis immer wieder ein so großes Interesse gezollt wurde, so fällt eine bemerkenswert breite Fächerung der Interessen an diesem Stoff auf. So wurde dieses Thema sowohl von sozialistisch-marxistisch orientierten Literaten, wie auch von nationalistisch-völkisch-national-national sozialistisch ausgerichteten Literaten behandelt. Es existiert aber auch eine litera rische Bauernkriegsrezeption, die abseits von politischem Engagement den Bauern aufstand von der „ästhetischen Seite" her betrachtet - das Kraftvolle, die Dynamik eines Volksaufstandes bietet hier den Anreiz für die Schaffung literarischer Werke. Dieses dreifache Interesse am Bauernkrieg - hier sei angemerkt, daß sich diese Abhandlung aus Gründen des Umfanges ausschließlich mit der Rezepdon des oberösterreichischen Bauernkrieges 1625/26 befaßt; die weit umfangreichere Rezep tion des deutschen Bauernkrieges 1525/26 kann nicht berücksichtigt werden - betont auch G. Fussenegger in einem Aufsatz zum Thema der Vorläufer des Bauernkrieges; Ich sehe drei Gruppen mit verschiedenen Motiven agieren. Die eine erblickt in jeder revolutionären Aktion, wann immer sie stattgefunden und zu welchem Ende sie geführt hat, einen Vorläufer späte rer wirksamerer und damit womöglich auch künftiger Revolutionen. Die Erinnerung an eine lokale Revolte dient dieser Gruppe allemal nur als Beleg dafür, daß schon immer Unmenschlichkeit von Seiten der Mächtigen geherrscht, schon immer Widerstand von Seiten der Unterdrückten rege gewe sen und sich entladen habe. So soll die Utopie tiefer in der Vergangenheit verankert und damit auch für die Zukunft als notwendiges, weil organisches Ergebnis der Geschichte empfohlen werden.^ ^ Karl Eichmeyer, Reformation und Bauernkriege. S. 61. '' Ebenda, S. 61. ' Gertrud Fussenegger, Die Vorläufer. Von Spartacus bis Fadinger. In: Oö. Hbl., 29. Jg., Heft 1, Linz 1975, S. 123.
Zu dieser Gruppe ist hier eindeutig Carl Schalk zu zählen. Alfred Grohmann ist hier nicht so leicht einzuordnen; wenn er auch als einer der ersten Wortführer der Sozialdemokratie in Oberösterreich gilt, so herrschen in seinem „Stöffel Fadinger" doch eher nationalistische Elemente als marxistische vor. Bedeutendere Vertreter dieser Richtung wie zum Beispiel Ferdinand Lassalle, Friedrich Wolf, Hanns Eisler, Dieter Forte u. a. seien hier nur erwähnt. Die andere Gruppe, die dem völkisch-nationalen Lager zuzuordnen ist, hat nach Fussenegger andere Motive:... sie sieht im Aufstand der Bauern ein imposantes Lehens zeichen ethnischer Kraft; dieser Gruppe bereitet es Genugtuung, daß sich im Schoß des Volkes in früher Zeit und unter härtesten Bedingungen unbeugsame Gesinnung, Trotz, Entschlußkraft und eine mannhaft redliche Grundsatzhaltung kundgetan haben, die-so die hier implizierte Hoffnung - auch heute noch wirksam sind oder in möglichen Zeiten der Not wieder wirksam werden könnten. Patriotismus kann ja nie darauf verzichten, sich mit historischen Kontexten zu instrumentieren.^ Hier ist auch wesentlich, daß man in Zeiten völkisch-nationaler Prägung und besonders während der Zeit des Nationalsozialismus der Bedeutung des Bauern tums einen völlig neuen Stellenwert einräumte. Arno Mulot schreibt hierzu: Die zuneh mende Erkenntnis der Bedeutung des Bauerntums für das völkische Leben hatte eine fortschreitende Neuwertung der geschichtlichen Kämpfe des Bauerntums zur Folge. Der bäuerliche Widerstand gegen gewisse geschichtliche Entwicklungstendenzen wurde nicht mehr als Zeichen kulturferner Rückständigkeit gewertet, sondern als Kampf gegen Überfremdung und Vergewaltigung durch art fremdes Wesen bekannt. Die Bauernkämpfe der Vergangenheit rückten in den Brennpunkt der völkischen Geschichte.'^ Die dritte Gruppe, die G. Fussenegger anführt, ist nicht durch politisches Interesse, sondern durch ein Interesse ästhetischer Art motiviert. Die Saga vom Volks aufstand mit seinen bunten, turbulenten, dramatischen Episoden hat auch heute noch nicht ihren Reiz verloren. Der stürmische Atem, der jene Tage bewegte, bewegt die Phantasie auch des moder nen Menschen.^ G. Fussenegger sieht den oberösterreichischen Bauernaufstand als eine Kom bination aus sozialen, patriotischen und religiösen Momenten. Sie stellt daher ihr Libretto für Helmut Eders Oper zwischen diese drei Fronten, wobei es ihr aber ganz besonders auf die Aussage ankommt, daß für jede Volkserhebung eine ideologische „Krücke" notwendig ist, um die Unzufriedenheit und die Wünsche artikulieren zu können. Wie in so vielen Fällen hatte sich auch hier erwiesen, daß die Not allein, daß das nackte Elend den Menschen selten in den Aufruhr treibt, wenn ihm nicht zugleich von irgendwoher eine ideologische Krücke geboten wird, an der er sich aus der täglichen Misere seines Alltags zu gezielten Aktionen erheben kann. Die ideologische Krücke muß kein revolutionäres Theorem sein.^ Eine vierte Gruppe wird durch Weidmanns Fadingerdrama repräsentiert. Die Werke dieser Gruppe dienten dazu, das absolute (wenn auch aufgeklärte) Kaisertum und dessen Machtanspruch zu legitimieren. ' Ebenda, S. 123. ' Arno Mulot, Das Brauchtum in der deutschen Dichtung unserer Zeit. In: Die deutsche Dichtung unserer Zeit. Bd. I, 1. Teil, S. 145. ® Gertrud Fussenegger, Die Vorläufer. S. 123. ' Ebenda, S. 124.
igj'tract ^tpeper ^afttcu((tr=@(§ret6ctt/ ^ ^(ms (tit ^ijnor l^laofs / t)oti öett EcMifcfc« | ^awrcit tm^gns) ob t>cr jgniifl« a»t>cy an Ferteli B ij1 n" Tr<1 m 0^. ^ ^^Tzr— Louff JoJl.Laujj-.W-mC im b SraaJfl'K " Siflö Ä '^ufr,'Uwjf,Ttiiflr/o iieher Johd fauff, trrtö nvrtb bw %taofact nrif, bart ui) &ic^ jar fc^oK bift. g^.. 'w3m -Q Adio SignorPlateis dein gute amori und Freund mit einander. gj^.. Satirisches Flugblatt auf die Belagerung von Linz durch die Bauern, 1626. Foto: OO. Landesmuseum, landeskundliches Archiv Wenn hier die Rede ist vom Interesse am oberösterreichischen Bauernauf stand 1625/26, so muß jedoch erwähnt werden, daß ein solches nicht immer vorhan den war. Der oberösterreichische Bauernkrieg von 1625/26 galt bis ins 19. Jahrhun dert als ein trauriges Ereignis der oberösterreichischen Geschichte, über das die Annalen am liebsten geschwiegen hätten. Im Zuge einer besseren wissenschaftlichen Erfassung des Krieges kommt man zu neuen Einstellungen. Die alten Ansichten über den Krieg und dessen Träger werden abgetragen, die Auffassungen liberaler. Doch wie langsam sich diese neue Auffassung auf oberösterreichischem Boden durchset zen konnte, zeigt ein Erlebnis, das dem füstoriker und Landesgerichtsrat Julius Strnadt widerfuhr. Als er im Jahre 1903 in einem katholischen Burschenverein die historisch erwiesenen Tatsachen vortrug, wurde er in seiner Rede unterbrochen und konnte nur durch Ein schreiten der Polizei vor Gewalttätigkeiten bewahrt bleiben.^° Das Spannungsfeld zwischen „Dichtung und Wahrheit" Dem Geschichtsschreiber ist der Thatbestand selbst und die Bedeutung desselben für den menschlichen Geist der höchste Fund. Dem Dichter ist das Höchste die schöne Wirkung der eigenen Vgl Friedrich Holzinger, Der oberösterreichische Bauernkrieg in der Dichtung (Diss.). Wien 1933,1. Seite der Einleitung.
Erfindung, ihr zuliehe wandelt er hehaglich spielend den wirklichen Thathestand}^ So formuliert Gustav Freytag in der Abhandlung über „Die Technik des Dramas" seine Gedanken zum Verhältnis zwischen Historiographen und Dichtern. Weiters schreibt er: Auch der geschichtliche Stoff ist durch den Historiker bereits vermittelst einer Idee geordnet, bevor der Dichter sich seiner bemächtigt. Die Ideen des Geschichtsschreibers sind allerdings nicht poetische, aber sie wirken bestimmend und bildend auf Theile des \Nerkes, welches durch sie hervorgerufen wirdP- In diesen beiden Zitaten sind nicht nur die Grundprobleme des Geschichts dramas, sondern die der gesamten Geschichtsdichtung angesprochen. Zum einen wird das unterschiedliche Bestreben von Historiker und Dichter genannt; zum anderen wird auf die Tatsache der Subjektivität aufmerksam gemacht, das heißt, daß selbst der mit wissenschaftlichen Methoden vorgehende Historiker - durch die Notwendigkeit der Auswahl und Ordnung der Fakten - nicht zu absoluter Objektivität kommen kann. Im Bereich der literarischen Rezeption von „Geschichte" wird das Verhältnis von geschichtlicher und poetischer Darstellungsform nicht nur selbst literarisch produktiv; hier führt eine spezifische Konfrontation von historischer Realität und poetischem Bewußtsein sowie die daraus resultierende geschichtsdramatische Konzephon wieder auf die Frage nach dem Verhältnis von Geschichte als Realität und Geschichte als Darstellung. Die mehr oder weniger bewußten Veränderungen von Geschichte, die der Dichter aus literarischen Gründen vornimmt oder vorneh men zu müssen meint, werfen das Problem auf, ob und wie sich poetische Wahrheit im Geschichtsdrama konstituiert, ob und wie sie sich zum Beispiel selbst gegen die geschichtliche Wahrheit zu konstituieren vermag. Auch Adalbert Schmidt schließt sich hier mit einer sehr ähnlichen Sichtweise an, indem er im Nachwort seiner Anthologie über die Bauernkriege in der Literatur folgendes schreibt: In des Dichters Hand liegt die Wahl der Perspektive, er kann durch entspre chende Verkürzungen, durch Weglassen des Unwichtigen das Dargestellte verwesentlichen und vertiefen und so Profile schaffen, die eine höhere Wahrheit haben als ihre originalen Entsprechun gen.^^ Und weiters hebt auch A. Schmidt die dichterische Überzeugungskraft gegen über der wissenschaftlichen Haltbarkeit hervor: Die Dichtung analysiert den Menschen nicht, sondern sie stellt ihn dar. Ihre Darstellung kann Ergebnisse wissenschaftlicher Analyse enthalten, die sich der Dichter angeeignet hat, sie kann auch ohne solche Erkenntnisse allein aus privater Erfahrung und Intuition schöpfen - das ist ohne Belang. Denn nicht auf die wissenschaft liche Haltbarkeit, sondern auf die dichterische Uberzeugungskraft ihres Menschenbildes kommt es anV Ebenso fächert A. Schmidt die Palette der Darstellungsgegenstände möglichst breit auf: Der geschichtliche Gegenstand... kann einer historischen Einzelperson gelten oder dem Zeitbild einer Epoche mit erfundenen Gestalten. Die Darstellung kann auf Chronikalisches oder Psychologisches, auf Ideengeschichtliches, Kultur- oder Sozialgeschichtliches abgestimmt sein.^^ " Gustav Freytag, Die Technik des Dramas. Leipzig 1901, S. 15. Ebenda, S. 14. " Adalbert Schmidt, Der Bauernkrieg in literarischer Sicht. In: Oö. Hbl., 29. Jg., H. 3/4, Linz 1975, S. 134. Ebenda, S. 133 (= Wolfgang Binder, Das Bild des Menschen in der modernen Literatur. Schriften zur Zeit im Artemis-Verlag, Heft 31, Zürich 1969.) Ebenda, S. 133.
Warum Geschichtsdramen geschrieben werden Lion Feuchhvanger schreibt hierzu in seinem Werk „Das Haus der Desdemona oder Größe und Grenzen der historischen Dichtung" folgendes: Das wichtigste hAotiv aber, das den echten Dichter dazu bewegt, in gewissen Fällen die Einkleidung ins Historische zu wählen, ist ein Tieferes. Der Dichter, ob ers weiß oder nicht, wählt die historische Einkleidung deshalb, weil er die allzu große Nähe vermeiden, weil er das Darzustel lende erhöhen, „darstellen", auf eine Bühne stellen, weil er es distanzieren will. Der Autor weiß, daß man eine bessere Perspektive nur aus der Distanz gewinnen kann, daß man die Linien eines Gebir ges aus der Entfernung besser erkennt als mitten im Gebirge. Der Autor, um sein zeitgenössisches Weltbild klarer aus sich herauszuprojizieren, rückt es in eine größere räumliche Entfernung. Er gestaltet nicht Geschichte um ihrer selbst willen, ersieht im Kostüm, in der historischen Einkleidung, im Stilisierungsmittel, ein Mittel, auf einfachste Art die Illusion der Realität zu erzielen. Erzwingt sich selber und zwingt auch den Leser, zurückzutreten, nicht die einzelnen Teile zu betrachten, sondern das Ganze zu überschauen, zwingt sich und ihn, zeitgenössische Inhalte aus der Perspektive zu sehenA Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich bestimmte Epochen ganz bestimmten vergangenen Epochen in ihrem Wesen und in ihrer Weltsicht verwandt und sich besonders zu diesen hingezogen fühlen. Heimito von Doderer drückt dies in seinen „Dämonen" besonders treffend aus: fedes Zeitalter hat seine Vorlieben unter den vorhergegangenen Perioden, und das nennt man dann Renaissance oder Romantik oder Klassizismus oder sonstwie. ..an solchen Kehren leben ganze Völker und Kulturkreise dicht an einem früheren Abschnitte, ja tatsächlich viel näher als etwa am Jüngstvergangenen. Gebärden und Fühlweisen und Denkweisen kehren wieder und selbst die Landschaft wird in der wiedererwachsenden Art von ehemals gesehen: jedoch auch diesmal ist's ja etwas gänzlich Neues, Frisches - und so wird es auch erlebt! - denn eigentliche Wiederholung gibt es nicht. Jedesmal muß die Vergangenheit neu geordnet und gesichtet werden, da ja jedesmal ihr Schwerpunkt, nach welchem sich alles richten muß, anderswohin verschoben ist: nämlich in eine andere Gegenwart und das heißt aber zugleich auch in einen anderen jetzt tiefinnerlich verwandten und höchst gegenwärtigen Teil der Vergangenheit. Deshalb ist jede echte Geschichtsschreibung („wie ein großer Denker gesagt hat"), Geschichte der Gegenwart, mag sie auch jeweils mit Römer zeiten oder dem hohen Mittelalter oder irgendeiner anderen Zeitspanne sich befassen. Nein, die Vergangenheit ist nichts Festliegendes, wir gestalten sie immer neu. Die ungeheuren Massen ihrer Tatsachen sind nichts, unsere Auffassung davon aber ist alles. Darum muß jede Zeit von neuem Geschichte schreiben.^^ Diese Aktualisierung der Vergangenheit, die in der Dichtung wahrscheinlich am deutlichsten zum Ausdruck kommt, macht sich schließlich unter anderem der Historiker zunutze, zumal er durch die in der Dichtung zutage kommenden Wünsche " Lion Feuchtwanger, Das Haus der Desdemona oder Größe und Grenzen der historischen Dichtong. Rudolfstadt 1961, S. 156. (Zit. nach Martin Huber, Reformation und Bauernkrieg, S. 34 f.) Heimito von Doderer, Die Dämonen. Nach der Chronik des Sektionsrates Geyrenhoff. München 1956, S. 109 f.
und Sehnsüchte, aber auch Befürchtungen, die zu untersuchende Zeit, ihre Weltsicht und Stimmung besser kennenlernt. Eine Epoche verrät, mehr als ihr selber bewußt ist, von sich durch ihre Vorliebe für eine bestimmte Vergangenheit. Denn Wahlver wandtschaft und Sehnsucht sind dabei am Werk. Der Mensch sucht und findet in der Poesie immer nur sein eigenes Denken und Fühlen. Folglich sind nur solche Stoffe zur dramatischen Behandlung geeignet, die in innigster Wahlverwandtschaft zu Stimmungen und Bedürfnissen des gegen wärtigen Zeitbewußtseins stehen. Im Folgenden sollen nun historische Dramen, die den oberösterreichischen Bauernkrieg zum Thema haben, exemplarisch hervorgehoben werden und in chro nologischer Reihenfolge - vom 18. Jahrhundert beginnend bis ins 20. Jahrhundert - betrachtet werden. Paul Weidmann: „Stephan Fädinger" (1781) Biographisches zum Autor Paul Weidmann (1744-1801): Wiener Dramatiker der Josephinischen Zeit. Als Beamter war er in verschiedenen Stellungen tätig. Er wird zu Lebzeiten Josephs II. befördert, doch erfuhr er nach dessen Tode viele Zurücksetzungen. Die fortwähren den Eingaben Weidmanns an den Kaiser, welche seiner Unzufriedenheit Ausdruck verliehen, zeigen das dauernde Ringen des Dichters um eine bessere Position. Weid mann war vor allem Dramatiker. Inhalt und Form Paul Weidmanns „Stephan Fädinger" gliedert sich in fünf Aufzüge, die jeweils bis zu zwölf Auftritte enthalten. Die fiandlung umfaßt einen relativ geringen Zeit raum (von der Belagerung von Linz bis zum entscheidenden Kampf um die Stadt), wie auch die Einheit des Ortes gewahrt bleibt - Die Handlung geht vor hey LinzA Das Drama steht in der Tradition der Ritterdramen, welche gerade zu dieser Zeit - nicht zuletzt wegen des großen Erfolges von Goethes „Götz" (1773) - sehr populär waren. Weidmann betrachtete sein Drama aber auch als Lehrstück: Alle Menschen fühlen in ihren Herzen die Bedürfniße sanfter Empfindungen, und daher kömmt es, daß auch die Feinde aller Sittenlehren, doch manche Stunde in der Schaubühne zubringen, und eben die Wahrheiten, die sie auch dem finstern Katheder, im predigenden Tone vorgetragen, verabscheuen, im Schauplatz gelas sen, ja mit Vergnügen hören, wenn anders der Dichter seine Moral so künstlich in lebhafte Hand lungen zu verstecken weis, daß er nichts weniger als die Absicht zu haben scheinet, sie belehren zu wollenV * Paul Weidmann, „Stephan Fädinger oder Der Bauernkrieg". Ein Schauspiel in fünf Aufzügen. Salzburg 1781, S. 1. ' Ebenda, erste Seite der unpaginierten „Vorrede des Verfassers".
Der Inhalt ist schnell umrissen: Stefan Fadinger ist von der Bauernschaft gezwungen worden, als ihr Anführer zu fungieren: Fadinger: Ich für meinen Theil wollte lieher zu Hause sitzen; doch man hat mich gezwun gen, Anführer zu werden; sonst stünde mein Haus schon in Brand. Ich habe mich endlich bereden lassen.^° Der erste Auftritt zeigt im wesentlichen kleinere Geplänkel zwischen kaiser lichen Soldaten und Bauern. Bemerkenswert ist hier, daß der Widerpart der Bauern kaiserliche Truppen sind und nicht bayrische; so ist auch im gesamten Stück kein ein ziges Mal von den Bayern die Rede, auch ist der Gestalt fierbersdorfs keine Rolle zugeteilt. Dies ist mit Sicherheit aus dem agitatorischen Gharakter des Stückes zu verstehen. Es kommt zu einer Aussprache zwischen Fadinger und General Pappenheim, in der Fadinger das Leid der Bauern darlegt und die Mißachtung des Bauernstandes durch den Adel anklagt: Fadinger: Woher nimmt er (der Kaiser) die Kräfte, als von uns? - Wer füllt alle Stände aus, der Bauer! Ja, Herr General, der Bauer, das verfolgte, gedrückte Lastthier, das ihr verachtet - A/Ian mißgönnt uns das Licht, das wir schauen, und beneidet uns um die Luft, die wir frey einathmen - Wir sind die Auswürflinge, der Spott der Erde; wir die wir alle nähren; uns kriechende Würmer trit der Vornehme mitFüssen; wir müssen uns krümmen; sie ärnten, wo wir säen - Herren bittet Gott, daß euer Volk ewig dumm bleibt, sonst zittert! denn sie wachsen euch über die Köpfe Schließlich kommt es fast zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts - doch da kommt die Meldung, daß Bauernhorden unter der Führung Wellingers ein Schloß gestürmt, den Edelmann getötet und alles verwüstet hätten. Durch diese Tat ist ein Friedensschluß unmöglich, der Krieg nimmt seinen Lauf. Der zweite Aufzug zeigt die barbarischen Ausschreitungen der Bauern unter Hauptmann Wellinger. Es entwickelt sich ein Konflikt zwischen Fadinger und Wellin ger. Fadinger - im Stück als ritterlicher Held dargestellt - erwächst in Hauptmann Wellinger ein Widerpart, der nur an blinde Rache und Selbstbereicherung denkt. Als sich schließlich Wellinger und seine Spießgesellen über die Tochter des Schloß herren und deren Kammerzofe hermachen wollen, rettet Fadinger die beiden Frauen aus ihrer Not. Der schwelende Konflikt zwischen den Bauernführern bricht nun offen aus. Wellinger beginnt sich mit dem Gedanken zu tragen. Fadinger das Oberkom mando zu entreißen und es selber zu übernehmen. Diese Uneinigkeit der Bauern finden wir fast in allen Bauernkriegsdramen thematisiert. In diesem Aufzug beginnt auch das Intrigenspiel des Pastors Dollinger, der mit den Bauern mitgezogen war und nun die Bauernführer gegeneinander auszuspielen versucht. Nachdem nun der Pastor den Bauernführer Wellinger gegen Stefan Fadinger aufgehetzt hat, geht er im dritten Aufzug daran, Kätchen - Fadingers Verlobte - gegen Fadinger eifersüchtigzu machen, sowie Martin - den SchwiegervaterFadin gers - gegen den Bauernobristen aufzuhetzen. Ebenda, S. 6. Ebenda, S. 14.
Nahezu der gesamte dritte Aufzug beschäftigt sich mit diesem Intrigenspiel des Pastors, der bald triumphierend feststellt: Dollinger: Das Gift wirkt - So blüht mein Glück von allen Seiten Dollinger hat nämlich im Sinn, nachdem er die beiden Bauernobristen gegen einander ausgespielt hat, sich an Fadingers Verlobte heranzumachen. Auch der vierte Aufzug ist dem Doppelspiel des Pastors gewidmet. Dollinger versucht nun, das von Fadinger in Schutz genommene Edelfräulein Sophie an Wel linger zu verkuppeln. Dollinger ist sich seines Sieges schon sehr gewiß, wenn er zu seinem Küster Knaul sagt: Ha ha ha, ich werde die dummen Bauern fein untereinander hetzen. - Ha haha... Witz muß ein evangelischer Pastor haben! - das wird ein hübsches Spiel werden!^^ Doch die Pläne des Pastors werden durchkreuzt, als Fadinger gemeinsam mit dem gegnerischen Oberst Löwel - dem Verlobten des Edelfräuleins - dazwischen tritt. Fadinger übergibt dem kaiserlichen Oberst seine Braut. Durch diese ritterliche Geste erwirkt sich Fadinger allerdings mehr Sympathien beim Feind als bei seinen Gefolgsleuten - Wellinger schmiedet bereits Mordpläne gegen Fadinger. Im fünften Aufzug sollte nun die Entscheidung fallen. Die Bauern bereiten sich auf den Sturm auf Linz vor. Doch das Bauernheer ist schon gespalten in zwei Parteien - die Entzweiungsbemühungen des Pastors tragen bereits Früchte: Martin: Die Bauern sind untereinander getrennt. Die Sache geht schlecht. Wir werden bald fallen müssen. Jeder will der Erste seyn - So gehts, wenn die Leute aus der Ordnung kommen. Solange das Bündel beysammen war, gieng alles gut; aber bald wird der Feind eine Ruthe nach der anderen brechen, weil sie einzeln und zerstreut liegen - Fadinger meynt es gut, aber der gute Rath wird nicht immer befolgt Somit ist der Untergang der Bauern besiegelt. Fadinger wird verwundet. Das Bauernheer wird zerschlagen. Auf dem Sterbelager verkündet Fadinger seine willige Einordnung in den Staat, indem er seinen Gefolgsleuten die aesopische Fabel von den Gliedern, die dem Magen ihren Dienst versagen, erzählt: Fadinger: Hört: Die Glieder des Körpers meuterten einst wider den müssigen Magen. Die Füsse sagten ihre Beschwerden; wir tragen das ganze Gehau. Die Hände rühmten ihren Fleiß. Der Kopf stellte seine Verdienste vor; alle preisen ihre Arbeit, und wir sagten sie zuletzt, wir Thoren nähren den müßigen Magen, der weiter nichts thut, als die Früchten unsers Schweißes verzehren. Sie verschwuren sich also alle wider den Magen, und ent schlossen ihm keine Nahrung mehr zu geben. Was geschieht? Der Magen kocht nicht mehr; er theilt keine Säfte mehr den übrigen Gliedern mit; er schrumpft zusammen, die Glieder faulen mit, und der ganze Körper stirbt. ... der Kaiser und sein Adel sind der Magen - die Bürger, und die Bauern sind die Glieder - Wir murren wider die Müßigen, weil wir nicht ihre Arbeit sehen - Wir verschwören uns, wir weigern uns zu arbeiten und die Acker zu pflegen - Was wird endlich die Folge ' Ebenda, S. 78 f.
seyn liebste Brüder?- Die Vornehmen werden frey lieh Noth leiden, aber die Noth wird uns auch mittreffen - Auf Krieg folgt Pest und Hunger; wir werden einander selbst aufreiben, und so wird das ganze Land zu Grundgehn - Laßt euch meinen Tod zum Beyspiel seyn Mit einem Aufruf an die Bauern, dem Kaiser gegenüber gehorsam zu sein, stirbt Fadinger: Fadinger: Kehret zurück zu eurer Arbeit meine Brüder! Der Kaiser euer Vater verzeiht euch, und liebt euch wieder als seine Söhne, und getreuen Unterthanen - Verwandelt die Pflugscharen, macht durch eurem Fleiß euch, und euer Vaterland glücklich!^^ Versuch einer Deutung Weidmann selbst schreibt in der Vorrede zum Stück, daß er die Bühne als Ort zur Verbesserung der Sitten betrachtet: Welch eine nützliche Schule der Sitten können also diese Tempeln derFAusen seyn, wenn ihre Priester sich nur damit beschäftigen, müdem Donner der Wohlredenheit das Laster zu bekriegen, die Thorheiten zu beschämen, die Heucheley zu entlarven, die Vorurtheile auszurotten, und Tugenden in ihrem vollen Glänze zu zeigen. Aus diesem schönen Gesichtspunkte habe ich stäts die theatralische Dichtkunst betrachtet,. H Und weiter schreibt er: Da der Staat für die Bildung seiner Bürger keinen Schiksamern, und keinen so häufig besuchten Versammlungsplatz ausfinden kann, wo die Verbesserung der Sitten, und die Verfeinerung des Geschmackes mit dem Vergnügen so vereinbarlicht ist, so wäre es eine sehr unpolitische Handlung für die Staatskunst, wenn sie die Dichter blos auf die Schilderung kleiner Thorheiten einschrenken wollte,.. d® Das Drama ist aus Weidmanns Zeit, des aufgeklärten Absolutismus, heraus zu sehen. Als Zeitgenosse Josephs II. (und von diesem protegiert) können dem Dichter die Forderungen der Bauern nach Religionsfreiheit nicht revolutionär und staatsfeindlich erscheinen. Immerhin wurde im selben Jahr, als er das Drama schrieb, das Toleranzpatent und die Aufhebung der Leibeigenschaft erlassen. Weidmann geht hier also völlig konform mit den politischen Anschauungen seiner Zeit - man kann das Stück sogar durchaus als Agitationsstück für die Maßnahmen Josephs II. betrachten. Die Umbiegung der Geschichte erwies sich bei Weidmann aus dem Ausgleich von Geschichte mit dem Zeitalter, in dem er lebte, als notwendig, Menschen, welche für Gewissensfreiheit und Erleichterung der sozialen Lasten kämpften, konnten einem Anhänger des aufgeklärten Absolutismus nicht als Rebel len erscheinen. Die Tatsache, daß sich die Bauern jedoch in kriegerischer Weise auch gegen den Kaiser auflehnten, mußte Weidmann durch einen Kunstgriff entschärfen. Dieser Kunstgriff besteht darin, daß er die Bauern in zwei Gruppen aufteilte, von denen die eine Fadinger und die andere Wellinger führte. Fadingers Gruppe ist die Verkörperung edler Streiter, die für eine Idee kämpfen; sie schrecken vor jeder Gewalttätigkeit zurück und haben den Frieden (nach der Erfüllung ihrer Forderun- " Ebenda, S. 84 f. Ebenda, S. 87. " Ebenda, zweite Seite der unpaginierten „Vorrede des Verfassers". Ebenda, dritte Seite der unpaginierten „Vorrede des Verfassers".
gen) als höchstes Ziel. Es sind dies die Helden, die Vorkämpfer für die Idee der Auf klärung. Fadinger selber wird als „ritterlicher Gentleman" dargestellt. Er verzichtet darauf, seine Gegner zu kennen, um sie nicht strafen zu müssen,^' er benimmt sich einer adeligen Dame gegenüber als ritterlicher Kavalier,^° auf ebenso ritterliche Weise verhandelt er mit seinem Feinde Pappenheim,-'^ er schenkt sogar einem feind lichen Spion, der ihn zu töten versuchte, das Leben, worauf sich dieser mit den Wor ten Du verdienst Führer zu seyn! bedankt. Er wird sogar von seinem Feind, dem Oberst Löwel, in moralischer Hinsicht hoch geschätzt: Nachdem Fadinger dem Oberst seine Verlobte Sophie unversehrt übergibt, bedankt sich Löwel mit den Worten: Schade, daß du ein Rehell bist - Ich würde dich als einen Bruder liehen Der Figur Fadingers gegenüber steht Wellinger mit seiner Anhängerschaft, die als mordlustige Räubergesellen dargestellt werden, die anstatt der ideale nur Genußsucht und Selbstbereicherung im Sinn haben. Beide Figuren sind zum Scheitern verurteilt, da sie sich gegen den Kaiser erhoben haben. Doch während Oberst Löwel die Niederlage Fadingers eigentlich bedauert: Löwel: Fadinger! Mir ist leid, dich in dieser Lage zu finden hat er für den Tod Wellingers nur folgende Worte übrig: Löwel: Ich begegnete dem VJellinger, und seinem Gefolge - Ich haute ihn in die Pfahne Die Bauern werden zwar besiegt, der Aufstand niedergeschlagen, und den noch kommt es zu einer Wendung ins Positive für beide Seiten. Stefan Fadinger erkennt seine „Verfehlung" gegenüber dem Kaiser, er bekennt sich als „Rebell" schul dig. Mit der Erzählung der aesopischen Fabel führt er die Bauern in den Gehorsam gegenüber dem Kaiser zurück. Der Abschluß ist daher schließlich der höchste Triumph des Kaisers und der ideelle Sieg Fadingers. Weidmann konnte Fadinger nicht als „Helden" sterben lassen, denn er hatte sich gegen den Kaiser aufgelehnt. Er konnte ihn aber auch nicht als „Rebellen" sterben lassen, denn er hatte für Ideen gekämpft, welche zum ureigensten geistigen Gut der Zeit des Dichters gehörten. Fadingers Schuld wird gleichsam neutralisiert durch die Tatsache, daß seine Ideen in Erfüllung gehen. Hinzuweisen ist auch noch auf die Figur des Pastors Dollinger. Weidmann stellt sie völlig anders dar, als sie dann später bei allen nachfolgenden Darstellungen charakterisiert wurde. (Die Figuren des Studenten, des Prädikanten und des Pastors sind identisch.) Er zeigt den Pastor als genußsüchtigen Intriganten, der schließlich eine nicht unerhebliche Teilschuld am Zugrundegehen der Bauern hat. Ebenda, S. 68. Ebenda, S. 27. Ebenda, S. 12 ff. Ebenda, S. 50. Ebenda, S. 65. Ebenda, S. 86. Ebenda, S. 87.
Carl Schalk: „Der Student" Trauerspiel in fünf Atifzügen und einem Vorspiel aus der Zeit des oberösterreichischen Bauernkrieges 1626 (1894) Biographisches zum Autor Carl Schalk, 1851 in Mödling geboren, war Kustos der Bibliothek der Stadt Wiea Er betätigte sich als Wirtschaftshistoriker und hat auf diesem Gebiet viele Arbeiten geliefert. Er verstarb im Jahre 1922. „Der Student": Allgemeine Vorbemerkung Schalks Drama ist der Versuch, die Thematik des oberösterreichischen Bauernkrieges zu einem sozialistischen Tendenzdrama auszugestalten, fiierin besteht seine Einzigartigkeit, zumal der oberösterreichische Bauernkrieg sonst kein einziges Mal aus dieser Sicht behandelt wurde. Die Rezeption der Bauernkriege aus sozialistischer Perspektive beschränkt sich hauptsächlich auf die deutschen Bauern aufstände von 1525/26, deren Exponenten Florian Geyer, Götz von Berlichingen und Thomas Münzer waren. Die bekanntesten Werke sind hier sicherlich Ferdinand Lassalles „Franz von Sickingen" (1857), Friedrich Wolfs „Der Arme Konrad" (1924) und „Thomas Münzer. Der Mann mit der Regenbogenfahne" (1953) vom selben Autor. Der oberösterreichische Bauernkrieg wurde jedoch zumeist von Vertretern anderer Weltanschauungen rezipiert, nicht zuletzt aus dem Grunde, daß in Ober österreich eine sozialistische Tradition im literarischen Sinne kaum entwickelt war. Zum Inhalt des Dramas Im Vorspiel werden zwei der Hauptpersonen des Dramas, der Student Casparus und Katharina, vorgestellt. Casparus ist der Sohn eines reichen Kauf mannes und hat in Leipzig Theologie studiert; er ist vom Geiste des Evangeliums erfüllt und voll Drang, den Leidenden zu helfen und die Welt zu verbessern. In einem Gespräch mit Katharina sagt Casparus: ... Und herrlich ist fürwahr die Welt nicht eingerichtet. Die Einen prassen im Ueherßuß, indeß die Andern darben, und Noth und Elend treiben Viele zu Verbrechen. Die A4ächtigen wollen wohl die Schuld davon dem Eiergott in die Schuhe schieben; was aber schlecht hier ist auf dieser Erde, ist allein der Menschen eigene Schuld, der Reichen und der Mäch tigen, die herrschen und die Weltgeschichte lenken; in diesen sitzt der Teufel. So lebt' ich denn recht mißvergnügt im Kreise weniger Genossen, wie wir von einem unbestimmten Geist, dem des Evangeliums erfüllt, voll Drang den Eeidenden zu helfen und die Welt zu bessern doch nicht Mittel und Wege wußten, zu handeln und uns zu bethätigen.^^ Carl Schalk, „Der Student". Trauerspiel in fünf Aufzügen und einem Vorspiel aus der Zeit des oberöster reichischen Bauernkrieges 1626. Wien 1894, S. 21.
Die Kunde vom oberösterreichischen Aufstand veranlaßte ihn, hierher zu kommen und die Bauern mit Rat und Tat zu unterstützen: Mit Tagesanbruch will ich morgen ins Weiherauer Lager, die Kämpfenden entflam men,...^'' Die andere Hauptrolle ist die der Katharina. Sie ist die Tochter einer Gmundner Witwe und fristet im Soldatenlager ein kümmerliches Dasein als Prosti tuierte. Als sie von Seebach, einem bayrischen Leutnant, der als Bauer verkleidet in einem Aschacher Gasthaus nächtigt, bedrängt wird, befreit sie Casparus aus den Händen ihres „Freiers". Damit beginnt eine Liebesbeziehung zwischen den beiden, die das ganze Stück dominieren sollte. Casparus sieht in Katharina eine hilfsbedürftige Frau, sie in ihm einen Freund, der sie nicht wie alle anderen Männer in der Not verläßt. Im ersten Akt wird Casparus von den Bauern in die Geschehnisse des „Frankenbur ger Würfelspieles" eingeführt und über ihre Beschwerden informiert. Es kommt hier zur Sprache, daß man den evangelischen Ständen die ... Einkommen und Güter, die zur Unterhaltung der evangelischen Kirchen und Schulen gehören ...de facto entzogen hat,^^ daß finanzielle Lasten wie Bestattungskosten, Garnisonsgeld u. s. w. die Bürger und Bauern arg bedrängen und schließlich ... daß Seine kaiserliche Majestät und dero kaiserliche Gemahlin uns (den Bauernvertre tern) jeden Zutritt um den wir demütiglichst gebeten haben, verweigert haben, sodaß wir wohl jede Hoffnung aufgeben müssen, es würde unseren Beschwerden Folge gegeben.. .^' Die Beschwerden gipfeln schließlich in der Forderung: Den Herberdorf, die Bayern, die Fremdlinge, fort mit ihnen aus dem LandH° Selbst Weikhart von Polhaim, ein Mitglied des oberösterreichischen Herren standes, zweifelt an der Möglichkeit einer friedlichen Beilegung des Konflikts: Ich bin vom Adel, und wie es sich von selbst versteht, dem Kaiser treu und ihm ergeben. Mit blutigem Herzen seh' ich Euch in Euer Verderben rennen. Doch Eure Sache ist gerecht und ich gebe nunmehr selbst die Hoffnung auf, auf friedliche Gestaltung.'^^ Die Bauern wählen daraufhin Stefan Fadinger als ihren obersten Anführer. Der zweite Akt handelt im wesentlichen von den Nachfolgediskussionen um das Oberkommando über die Bauernschaft nach dem Tode Fadingers. Das gesamte Geschehen zwischen der Ernennung Fadingers zum Bauernobristen und seinem Tod wird übersprungen. Madlseder, Bürger von Steyr und Mitglied der Eisengesellschaft, fürchtet, daß die nichtbesitzenden Schichten (Knechte und Arbeiter) zuviel Einfluß auf die Führung der Bauern erlangen könnten. Vor allem fürchtet er deren Sozialrevo lutionäre Tendenzen: Denn was sie sind und waren von Stand und Profession, Alle sind sie das Gleiche, Leute, die nichts haben, und die, das gebt Ihr mir wohl Alle zu, auch nichts zu verlieren haben. " Ebenda, S. 22. Ebenda, S. 45. Ebenda, S. 51. Ebenda, S. 46. " Ebenda, S. 52.
Was können solche Leute wollen? Was Anderes, als das Gut von Jenen, die Etwas ihr Eigen nennen, der Kirche und des Adels nicht allein, das könnte uns ja schließlich gleichgiltig sein, nein, auch das unsere. D'rum schaue ich auf solche Freunde und Bundesgenos sen mit scheelen Augen.*^ Madlseder fürchtet, ,.. was ja im Grunde ihrer Seele schlummert, das Verlangen nach Theilung aller Güter oder nach Gütergemeinschaft, was für uns schließlich auf Eins herauskäme! Er hegt daher gegen den Studenten den Verdacht, er könnte die armen Mas sen gegen die Bauern und die Stände aufwiegeln: Wer bürgt uns, daß nicht eines Tages er das richtige zündende Wort erfinde, das Alle mit reißt, denen er aus der Seele spricht, und daß er dann eine Secte bilde nicht nur gegen die Katholischen, sondern auch gegen uns, gegen alle Besitzenden!^^ Madlseder forciert daher die Wahl des Achaz Wiellinger, eines Mitgliedes des oberösterreichischen Ritterstandes, zum Bauernobristen. Wiellinger wäre auch aus dem Grunde als Bauernführer für Madlseder sehr wünschenswert, da er diesen leicht gängeln und manipulieren könnte. Doch die Bauernknechte und Eisenarbeiter fordern einen der ihren, einen aus den armen Leuten'*'^ als Anführer. Von nun an beginnt sich das Lager der Aufständischen zu spalten: in die Gruppe der Adeligen, der rei chen Bürger und grundbesitzenden Bauern auf der einen Seite und in die Gruppe der ffandwerksgesellen, der Bauernknechte und Arbeiter auf der anderen Seite. Erstere, für die der Aufstand ein Kampf um den Glauben ist, wird von Madlseder gelenkt; letztere, für die der Aufstand einen Kampf um die bloße Lebenserhaltung bedeutet, wird von Casparus unterstützt. Casparus versteht es, im Laufe der Zeit durch Agita tion die Mehrheit der Aufständischen auf seine Seite zu ziehen, indem er Madlseder als „bürgerlichen Kapitalisten" anprangert: Casparus: Du kennst den Madlseder, der alle Fäden in den Händen hält. Ihn treibt allein der bürgerliche Ehrgeiz, das arme Volk der Knechte und Gesellen aber, das macht ihm wenig Kummer Der niedere Mann ist seine letzte Sorge. —Mitglied der Eisengesell schaft und Freund des kleinen Mannes kann gleichzeitig wohl Keiner sein! Woher stammt denn der Reichtum dieser Herren 1 Wo anders her als aus dem Schweiß der Eisenarbeiter. Und sind die Herren Bauern etwa besser, drücken sie nicht ihre Knechte und finden sie das nicht gut und recht?^^ Casparus avanciert zum Führer eines Lagers vor Gmunden und nach der Gefangennahme Madlseders durch die Soldaten des Grafen BFerbersdorf zum de facto einzigen Befehlshaber des Bauernheeres. Doch durch das getrennte Vorgehen der Bauernheere waren diese zum Scheitern verurteilt und wurden schließlich auf gerieben. Casparus gelingt es gerade noch, seine Geliebte, Katharina, aus der Stadt Ebenda, S. 63. Ebenda, S. 64. Ebenda, S. 65. Ebenda, S. 73. Ebenda, S. 78 f.
Gmunden zu befreien, bevor sie gemeinsam den Tod finden. Ort und Zeit der Hand lung gibt Schalk sehr genau an: Das Vorspiel spielt in Aschach am 17. Juni, der erste Act im Lager hei Ehelsherg am 24. Juni, der zweite im Lager vor Linz am 5. Juli, der dritte in Wels am 21. August, der vierte im Lager vor Gmunden und in Gmunden am 9. November, der fünfte auf dem Schlachtfelde um Vöklahruck am 18. November 1626.^'' Der historische Hintergrund beruht der Hauptsache nach auf Felix Stieves historiographischem Werk: „Der oherösterreichische Bauernaufstand des Jahres 1626", wie Carl Schalk seiher betont.^® Gustav Streicher: „Stephan Fadinger" Tragödie aus dem oberösterreichischen Bauernkriege (Vertonung der Rebellenlieder von Hans Wagner) (1903) Biographisches zum Autor Gustav Streicher (eigentlich August) wurde am 2. Februar 1873 in Auerbach hei Uttendorf (Oherösterreich) geboren Er besuchte die Realschule und die Handels akademie in Linz. In den folgenden Jahren lebte er als Schriftsteller zunächst in Salz burg, dann in Linz und seit 1907 in Wien. Am 12. August 1915 starb Gustav Streicher in Bad Hall. Zu seinen bekanntesten Werken zählen: „Die Perle des Kurortes" (Roman 1896); „Das Märchen vom Glück" (Roman 1897); „Menschwerdung" (Schauspiel 1899); „Am Nikolotage" (Volksstück 1902); „Stephan Fadinger" (Tragödie 1902); „Die Schürze" (Komödie 1903); „Die Freunde" (Drama 1905); „Die Macht der Toten" (1910); „Das Geschlecht Hagenstorf" (Schauspiel 1910); „Traumland" (Märchen drama 1913).^' „Stephan Fadinger" (1903): Allgemeines zum Drama Gustav Streicher scheint sich ...mit der naturalistischen Prosa seines „Stephan Fadinger" (1903) sichtlich an Gerhart Fiauptmanns „Florian Geyer" orientiert zu haben. Analogien fallen hier in mehreren Bereichen auf: die strukturelle Konzeption des Stückes als Fünfakter sowie ein Aufgebot von 55 Rollen (in Hauptmanns Stück " Ebenda, S. 4. Ebenda, S. 4. Ferdinand Krackowizer und Franz Berger, Biographisches Lexikon des Landes Österreich ob der Enns. Gelehrte, Schriftsteller und Künstler Oberösterreichs seit 1880. Passau und Linz 1931, S. 331. Adalbert Schmidt, Der Bauernkrieg in literarischer Sicht. In: Oö. Hbl., 29. Jg., H. 3/4, Linz 1975. S. 150. Vgl. auch Heinrich Wimmer, Geschichte des Dramas in Oberösterreich von 1885 bis zur Gegenwart (Diss.). Wien 1925, S. 77. Heinrich Wimmer sieht eine solche Anlehnung an literarische Vorbilder: Mit dieser Tragödie ver suchte Streicher das geschichtliche Volksdrama im Stil des historischen Naturalismus (Beispiele dafür: Gerhart Hauptmanns „Florian Geyer", 1896; Franz Kranewitters „Michl Gaismayr", 1899; Franz Kranewitters „Andre Hofer", 1900) auch in Oberösterreich zu beleben.
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