OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 3

Diese knappe Eintragung in der Chronik der Volksschule Ottensheim spezi fiziert Ha weh Von heute an ist auch im hiesigen Postenrayone die Erzeugung von Kleingebäck jeder Art verboten. Die Kaisersemmeln und die sogenannten Kriegslaiberl sind vom Tische verschwunden, und. an ihre Stelle tritt das Kriegs- und Mischbrot, das zur Hälfte aus Weizenbrotmehl und Roggengleichmehl, zur anderen Hälfte aus Gersten-, Kartoffel- und Maismehl besteht. Die Wahl der Surrogate ist den Bäckern freigestellt, infolgedessen liefert der eine ein helleres Gebäck (Ger sten- oder Kartoffelmehlzusatz), der andere ein dunkleres (Maismehlzusatz). Übereinstimmend ist bei den Minderbemittelten, die sich bei den heutigen enorm hohen Fleischpreisen kaum mehr Fleisch kaufen können, die Klage über die zu geringe Quantität Brot und Mehl, die dem einzelnen zugewie sen ist... In der Ottensheimer Gendarmeriechronik werden wir auch genau informiert über die Vorführung der einzelnen Geburtsjahrgänge zur Musterung. Wir erfahren, daß manchmal nicht einmal die Hälfte eines Jahrgangs als tauglich befunden wird. Hawel nennt uns die Menge des Brotes, des Fleisches, der Kartoffeln und anderer Nahrungsmittel, die dem einzelnen zugewiesen werden, und was er dafür zu bezahlenhat, wieviel Bier getrunkenwerden darf und zu welchen Stundendes Tages dies erlaubt ist. Er und seine zwei Beamten haben streng darauf zu achten, daß die Aprovisionierungsvorschriften genau eingehalten werden. Sie müssen überprüfen, ob die Nahrungsmittel in den vorgeschriebenen Mengen von den Landwirten abge liefert werden, ob sie dann von den Gastwirten und Händlern in der genau bestimm ten Qualität und zu den genau festgesetzten Preisen an die Konsumenten abgegeben werden. Die Gendarmeriebeamten müssen darauf achten, daß die Landwirte nichts an Hamsterer, Schwarz- oder Schleichhändler abgeben, daß niemand Waren unbe rechtigt verkauft, einkauft oder transportiert. Weiters müssen sie den konzessionier ten Fleischbeschaffern assistieren, Telephon- und Telegraphenleitungen ständig überprüfen, bei der Bestandsaufnahme von Lebensmitteln und der Ablieferung von Pferden Beistand leisten und vieles andere mehr. Bei dieser Fülle von Arbeit findet der Postenkommandant Hawel noch Zeit, Tag für Tag alles, was in seinem Rayon vor geht, genauestens ins Gendarmerietagebuch einzuschreiben. Nur selten klagt Hawel über die Beschwerlichkeit des Dienstes. Einmal lesen wir: Täglich langen hierpostens zahlreiche Aufträge zur Erhebung von angesuchten Unter haltsbeiträgen ein, welche dem Posten viel Schreiberei verursachen. Wir erleben Ottensheim als Garnisonsort. Mehr als tausend Soldaten sind hier stationiert. Hawel beschreibt das bunte Bild auf dem Marktplatz, das die unifor mierten Männer bewirken. Er schreibt über das Aufspielen der Feuerwehrmusik kapelle, über den täglichen Abendrapport auf dem Kirchenplatz, das Exerzieren auf den Wiesen an der Rodl, die Kirchenparaden an Sonntagen, die Feuerwehrübungen der Soldaten unter dem Kommando des Ottensheimer Feuerwehrobmannes Leo pold Priesner. Hawel erwähnt aber mehrmals auch die Befürchtungen der Markt bewohner, sie selbst könnten durch die ihnen auferlegte Verpflegung der Soldaten weniger zu essen bekommen. 179

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