OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 3

Kaiser Ebersdorf, am 13. Dezember 1846 Grüß Euch Gott, liebste Eltern und Geschwister! Ich hoffe, daß Euch mein Schreiben in bester Gesundheit antreffe. Ich wünsche Euch glückselige Weihnachtsfeiertage und ein friedensreiches neues Jahr. Liebste Eltern, nehmt am Eingang dieses neuen Jahres meine aufrichtigen Wünsche an, sie haben Euer Glück zum Gegenstand. Ich werde nicht aufhören, Gott zu bitten für meine teuersten Eltern, daß er ihnen ein langes und sorgloses Leben schenke. Der gütige Vater im Himmel schenke Euch noch recht viele gute Jahre, eine dauerhafte Gesundheit und ein langes Leben, Zufriedenheit und Hei terkeit der Seele und Glück und Segen in all Euren Hausgeschäften, um das bitte ich täglich zu Gott. Liebste Eltern, Ihr habt es vielleicht schon erfahren, daß ich von Linz weg bin, derweil von der Infanterie viele abgegeben wurden zu Privatdienern der Artillerie. So traf mich auch dieses Los, und ich mußte nach Wien, wo wir drei Tage waren und dann auseinanderkamen. Ich kam nach Kai ser Ebersdorf, eine Stunde unter Wien, zum zweiten k. k. Artillerieregiment zur siebzehnten Kom panie zum Herrn Oberleutnant Schöllinger. Liebste Eltern und Geschwister, Ihr werdet Euch viel leicht betrübt haben, da Ihr erfahren habt, daß ich von Linz weg bin, wo es mir aber jetzt viel besser geht als bei der Kompanie. Mir geht es sehr wohl. Ich kann dem lieben Gott nicht genug danken, daß er mich bis hierhergeführt hat, denn ich bekam einen sehr guten Herrn, daß ich mir keinen besseren wünschen könnte. Er ist ein lediger Offizier, schon mit einem grauen Haupte. Da brauche ich mich nicht so herumfuchsen lassen, als unter dem Guer^. Ich richte meine Geschäfte sehr leicht. Er gab mir noch nie ein schlechtes Wort. Er zeigte mir am Anfang alles genau. Ich habe sonst nichts zu tun, als ihm seine ganzen Sachen zu putzen. Sein Reitzeug muß ich auch putzen, das Pferd nimmt er vom Fuhrwe sen. Ich habe oft einen halben Tag keine Arbeit. Da darf ich nicht so frieren, als wie beim Exerzieren und auf der Wache. Das Leben war freilich in Linz viel besser, denn in Ebersdorf ist alles zu teuer. Ich leg Minasch und eß jetzt mit den Kanonieren; fast ist es wie bei der Kompanie. Was ich vom Herrn bekomme, weiß ich noch nicht. In der Früh muß ich ihm Kaffee machen, der wird auf dem Feuer gemacht mit einer Maschine und mit Spiritus. Es ist sehr leicht. Zu Mittag muß ich ihm das Essen holen. Oh, liebste Eltern, ich weiß, daß es Euch sehr zu Herzen ginge, wenn ich schreiben müßte, daß es mir sehr schlecht geht. Allein, wenn ich die Wahrheit schreibe, so muß ich schreiben, daß es mir sehr gut geht, ansonsten müßte ich lügen. Denn ich weiß, daß es Euch oft bedauert, daß ich in diesem Stande bin. Allein, weil es der liebe Gott so gemacht hat, so bin ich auch zufrieden. Liebste Eltern, Ihr hättet Euch auch Unkosten gefallen lassen und Eure Mühe nicht gespart, um mich von diesem Stande wieder wegzubringen. Ihr ward oft in mir, und Ihr wißt auch, daß ich immer nein sagte. Denn mein Gedanke war nie ariders, als daß ich es dem Glück überlasse. Was mir von Gott angeordnet ist, soll geschehen. So müssen Soldaten auch sein. Der liebe Gott hat mich auch nicht verlassen und hat mich zu einem guten Herrn geführt. Ihr wißt, daß es mich so lange herumzog, bis ich auf den rechten Platz kam. Es ist mir angeordnet, eine Zeit diesem Offizier zu dienen, und wie ich gewiß hoffe, wird es mir gutgehen. In • Guer = Vorgesetzter 169

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