einmal... So einer werden wie.. Nur nicht: Ich. - Identität will erarbeitet sein, und zwar andauernd. Die Literatur ist dabei eine wesentliche Hilfe. Wir behaupten daher: Die Literatur macht die Region. Setzt diese Auffassung ein Volk von Lesern und Lite raturfanatikern voraus? Nein, es genügt ein lebendiger Umgang mit dem Schrifttum. Man muß nicht lange überlegen, um zu finden, daß der Großteil der Autoren in Vergangenheit und Gegenwart sich in einem gewissen Gebiet beheimatet fühlte bzw. fühlt, wie umgekehrt von der Szene, vom „Betrieb" jeder Schriftsteller einem Landstrich zugewiesen wird. Es ist einfach, Stifter zu nennen, Rosegger, Lenau, aber es ist auch ebenso einfach, H. C. Artmann zu nennen, Brandstetter, Rieger, Obermüller. Für die Arbeit an Literaturzeitschriften sei dazu angemerkt, daß es wenig Sinn macht, regionale Veröffentlichungen auf regional ansässige Autoren einzuschrän ken. Es geht ja nicht darum, auszugrenzen oder Einförmigkeit zu fördern, sondern mindestens so sehr darum, die Sprache der Nachbarn kennenzulernen. Andererseits sind solche regionale Publikationen für die Autoren und die Leser leichter erreichbar. Es können neue Leserschichten erreicht werden. Der in der Gegend bekannte Autor lockt manchen aus der Lesereserve. Mancher hat ein paar Schriftsteller, zu denen er auf diesem angesprochenen Weg gekommen ist. Er nimmt deren neue Werke mit Erwartung zur Kenntnis. Der Leser ist sehr häufig ein „regionales Wesen". Da spielen eben die vielschichtigen Identifikationsprozesse herein. Freilich ist der Mensch an kein Revier gebunden. Viele der Wände, die ihn umstellen, kann er selbst bewegen. Dafür liefern die Emigranten unter den Lesern und die Emigranten unter den Autoren ständig Beweise. Am 28. März 1938 schrieb Franz Theodor Csokor aus dem Exil in Polen an Ödön von Horväth unter anderem folgendes: Ich kenne das schöne Haus am Ofener Tor, das du jetzt bewohnst; trotzdem vergiß nicht, daß du weiter mußt, wie ich! iAlir leben jetzt keiner privat mehr, ich ebensowenig wie du. Schreib mir deine nächsten Pläne! Dort, wo man halbwegs ungestört wieder arbeiten kann, dort wird unsere Heimat sein. Schlußbemerkung Im elften Jahr seines Erscheinens brachte „Der Brenner" in Heft Nr. 23 vom 1. Mai 1912 Trakls Erstveröffentlichung „Vorstadt im Föhn". In der Folge erschienen viele weitere Werke dieses Dichters in der Reihenfolge ihres Entstehens in dieser Zeit schrift. Welches Schicksal hätte Trakls Werk gehabt, hätte es den „Brenner" nicht gegeben? Ludwig von Ficker, der Gründer dieser Publikation, hatte sich bewußt vom Zentralraum Wien absetzen wollen. Er hatte sich für Innsbruck als Erscheinungsort entschieden. Damit hat er einen für Tirol noch heute lebendigen Regionalismus begründet. Die Herausgabe des „Brenner" war eine kulturpolitisch wichtige Tat. Zur Zeit kann man in Österreich - neben Wien, Innsbruck, Graz und Klagen furt - auch Linz bzw. Oberösterreich als regionales literarisches Zentrum anspre chen. Nicht zuletzt hat dazu in den Jahren ihres Erscheinens „die Rampe" beigetragen. 166
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