OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 3

Literatur und regionale Identität am Beispiel von zwei oberösterreichischen Zeitschriften Von Franz Xaver Hofer Literatur, Regionalität, regionale Identität - Begriffe, die in den letzten einein halb bis zwei Jahrzehnten verstärkt in Diskussion standen. Schon um die Jahrhun dertwende war Regionalismus ein mit Literatur und Heimatkunst verbundener Begriff. Man besann sich auf Hebel, Gotthelf, Stifter und Keller sowie auf die populäre Tradition von Rosegger, Anzengruber und Stelzhamer und verband diese Vorbilder mit einer Absage an Großstadtkultur und lebensfremden Ästhetizismus. Heute beschäftigt man sich nicht zuletzt wegen der Gefährdung der sprachlichen Grund lagen mit diesem Zusammenhang: Einmal ist da das Verschwinden der Mundart in einem eigentlichen Sinn zusammen mit dem Erlöschen der vorindustriellen Tradi tion, und zum anderen setzt sich immer stärker eine technisierte, höchst abstrakte Kommunikation durch. Es ist damit eine Auseinandersetzung mit oftmals völlig unbemerkt entstandenen, neuen Wirklichkeiten notwendig geworden, die mit dem überlieferten Vokabular nicht mehr treffend bezeichnet werden können. Sprech- und SprachWirklichkeit sind natürlich auch für einen Autor, für einen Literaten von höch ster Wichtigkeit. Auch er ist einer veränderten Welt unterworfen und muß nicht nur seine Mittel neu definieren, sondern auch seine Rolle. Eines jedoch steht fest: Es wird nach wie vor von einem Literaten ausgegangen, der in einem engeren oder weiteren Sinn in einer bestimmten Region beheimatet ist. Der gesamte Literaturbetrieb geht davon aus. Im Zentrum des Begriffs Region steht auch heute Geographisches, Land schaftliches, ökonomisches; Region hängt mit Wegen und Straßen zusammen, mit Siedlungen; Region hängt mit groß und klein zusammen, mit bedeutend und unbe deutend; Region gilt als Schauplatz der Geschichte, als Hin- und Hergeschobenes zwischen verschiedenen Dominanten, als Zerrissenes, Zerstörtes, Entdecktes, Verlas senes, aufsteigend oder fallend, je nach dem; und natürlich haben Menschen dort ihren Platz, sie praktizieren dort Gemeinschaft und Gesellschaft, sie haben bestimmte Gewohnheiten, Eigenheiten, praktizieren Bräuche, Rituale, sind reich oder arm, sind alt oder jung, sind Benützer eines bestimmten Idioms, kommen sich ebenso gut vor wie die Bewohner der angrenzenden Regionen oder kommen sich besser vor als diese und machen deshalb Witze über ihre Nachbarn; sie verfügen über ihre Mittel, regeln ihre gesellschaftlichen Belange und sind mit den Ergebnissen zufrieden oder unzu frieden; sie kritisieren ferne Machthaber oder stimmen ihnen zu... 159

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