OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 3

OBERDSTERREICHISCHE ■ MiMiiMiivnt 42. Jahrgang Heft 3 B II mfti m

1 nDT?ü/°WJTXr'DDI?Tr'lJTCir'Ul? 42. Jahrgang 1988 Heft 3 Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Hans Rödhammer Die Chorfrauen-Klöster am unteren Inn 145 Franz Xaver Hofer Literatur und regionale Identität am Beispiel von zwei oberösterreichischen Zeitschriften 159 Johann Pammer Soldatenbriefe (1846-1848). Ein Beitrag zum Revolutionsjahr 1848 in Wien aus der Sicht eines Mühlviertier Bauernsohnes 168 Otto Kampmüller Gendarmerie-Wachtmeister Ferdinand Hawel. Ein bedeutender Ottensheimer Chronist 176 Rudolf Fochler Ein paar Kuriositäten. Heimatkundliche Notizen 183 Das Provinzkino lebt noch! Ein Resümee des Filmfestivals in Freistadt (31. 8.-4. 9.) (Wolfgang Steininger) 191 Kaiser Maximilian I. unter dem Schutzmantel Mariens (Angela Mohr) 193 Das Theodor-Körner-Denkmal in der Gemeinde Leopoldschlag (Herbert Bezdek) 195 Wie Wartberg ob der Aist 1771 zu den Hausnummern kam (Leopold Vogl) 198 Nachwort zu: „Adalbert Stifters angebliche Reise 1836 ins Salzkammergut" (Oö. Hbl. 42. Jg. 1988, H. 2, S. 75-117) (Fritz Feichtinger) 202 Buchbesprechungen 205 143

Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Leiter: W. Hofrat Dr. phil. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der Oö. Heimatblätter: Dr. Alexander Jalkotzy, Landesinstitut für Volks bildung und Heimatpfiege in Oö., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskulturzentrum Ursulinenhof), Tel. 0732/270517-23 Jahresabonnement (4 Hefte) S 160,- (inkl. 10 % MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges. m. b. H., 4020 Linz, Köglstraße 14 Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-045-X Mitarbeiter: W. Hofrat Ing. Mag. Herbert Bezdek, Leiter der Abt. Landeskontrolldienst des Amtes der o. ö. Lan desregierung, Schubertstraße 4, 4020 Linz W. Hofrat Dr. Josef Demmelbauer, Bezirkshaupt mann, Parkgasse 1, 4910 Ried i.I. Prof. Fritz Feichtinger, Finkstraße 2, 4040 Linz Prof. Dr. Rudolf Fochler, Benzstraße 14, 4020 Linz Franz Xaver Hofer, Korneredt 14, 4780 Schärding Mag. Rupert Huber, Leiter der Büchereistelle der Förderungsstelle des Bundes für Erwachsenenbil dung für Oberösterreich, Hafferlstraße 7, 4020 Linz Otto Kampmüller, Konsulent der o. ö. Landes regierung, Mühlenweg 10, 4100 Ottensheim Mag. Angela Mohr, Konsulent der o. ö. Landes regierung, Johann-Puch-Straße 21, 4400 Steyr Johann Pammer, Konsulent der o. ö. Landesregie rung, Thierberg 28, 4193 Reichenthal Hans Rödhammer, Konsulent der o. ö. Landes regierung, Linke Brückenstraße 8/3/5, 4040 Linz Mag. Wolfgang Steininger, Salzgasse 25, 4240 Freistadt Leopold Vogl, Pascalstraße 10 A, D-5300 Bonn Titelbild: „Unser Lieben Frauen Kirche". Detail eines Kupfer stiches des Klosters Reichersberg aus der Innvier tel-Topographie 1779

Die Chorfrauen-Klöster am unteren Inn Von Hans Rödhammer Bereits im 11. Jahrhundert gab es gottgeweihte Jungfrauen, die nach kano nischen Grundsätzen lebten und „Kanonissen" genannt wurden. Die Bezeich nung „Chorfrauen' galt für diejenigen Kanonissen, die betont die AugustinusRegel annahmen und auch „Augustine rinnen" bezeichnet wurden, richtig aber „Regulierte Chorfrauen des hl. Augusti nus" (Canonissae S. Augustini) waren^. Von der Einrichtung der früheren Chorfrauen ist nur wenig bekannt. Chor frauen-Klöster bildeten sich oft durch Neugründungen, zuerst meist als Schwe sternabteilungen neben den Chorherren, die von diesen auch erhalten wurden^. Waren die Chorfrauen zuerst in Neben klöstern untergebracht, so bekamen sie mit der Zeit eigene Klöster. Bei direkten Neugründungen mit vielfach geistlicher Führung durch Augustiner-Chorherren gerieten sie in engere Beziehungen zu Chorherrenstiften^. Dadurch entstanden die Doppelklöster, eine typische Erschei nung des 12. Jahrhunderts. Da nicht alle Frauen, die Neigung zum Ordensleben hatten, in die bestehenden Klöster aufge nommen werden konnten, suchten diese Anschluß an einen Männerkonvent, meist der Chorherren, weil deren Stifte darauf angelegt waren, möglichst alle Menschengruppen anzusprechen"^. So entstanden in unmittelbarer Nähe der Chorherrenstifte Ranshofen, Reichers berg und Suben ebenfalls Niederlassun gen von Frauen. Die Frauen hatten anfangs meist den Status von Laienschwestern, die sich aber später in Chorfrauen und Laien schwestern gliederten^. Die Chorfrauen wurden in Urkunden „dominae" und die Laienschwestern „conversae sorores" ge nannte Die Chorfrauen standen unter der Leitung einer Meisterin, Magistra ge nannt. Erst später wurde auch eine „Praeposita" (Pröpstin) erwähnt. Der Oberin stand eine Dechantin zur Seite^ Die Vor steherin konnte auch Subpriorin und Priorin heißen®. Die Chorfrauen lebten nach densel ben Vorschriften wie die Chorherren. Sie waren dem Propst und dem Stifts- ^ Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Bd., Frei burg LB., 1958, Spalte 1081. - Alfons Zäk: österreichisches Klosterbuch, Wien 1911, S. 267. ^ Gregor Schauher: Die Augustiner-Chorfrauen. In: 900 Jahre Stift Reichersberg, (Ausstellungskata log), Linz 1984, S. 121-122. ' Schauher, S. 122. ' Schauher, S. 122. ' 39. Bericht des Museums Francisco Carolinum, Linz 1881, S. 60. ^ Zäk, S. 267. ^ Schauher, S. 123. 145

dechant untergeordnet. Sie durften ihr Siegel nur mit Zustimmung des Männer konvents benützen^. Der Personalstand der Chorfrauen-Klöster betrug bis zu 24 Frauen, die sich aus allen Bevölke rungsschichten zusammensetzten. Es waren natürlich auch adelige Frauen dar unter. Die Tracht der alten AugustinerChorfrauen war wie bei den Chorherren weiß, über dem Habit trugen sie ein Chorhemd, teils mit, teils ohne Ärmel, das sich allmählich immer mehr verjüng te und als schmaler Leinenstreifen über Brust und Rücken herabhing^°. Die Schwestern mit gleichen Taufna men wurden in Urkunden, Briefen und im Verkehr durch Beisetzung des Fami lien- oder Herkunftsnamens unterschieden^L Der Propst des Chorherrenstiftes war in der Regel auch der Beichtvater der Chorfrauen, er konnte aber auch einen anderen Chorherren zum Beichtvater be stimmen, der nach einer bestimmten Zeit gewechselt wurde. Für den Besuch der hl. Messe gab es gleichfalls eigene Bestim mungen, und die Chorfrauen hatten in der Pfarrkirche oder auch Stiftskirche ihren eigenen Sitzplatz, der durch ein Gitter von den Chorherren getrennt war^^. Wenn eine Chorfrau starb, durften vier Träger in die Klausur und den Leich nam abholen^^. Die Chorfrauen wurden auf dem Friedhof in einem eigenen Teil bestattet. Über den Bildungsstand der Chor frauen, über die Aufnahmebedingungen und über die Ablegung der Gelübde ist wenig bekannt. Der Tagesablauf - die Einteilung der Arbeit, des Gebetes und der Andachten - ist uns nicht überliefert. Wir wissen, daß die Nonnen das Brevier beten mußten und daß sie lateinische Sermones und Psalmenlasen. Sie hielten das Fasten- und Schweigegebot ein und versammelten sich in einem eigenen Ka pitel. Das Chorfirauen-Kloster Ranshofen Das Chorherrenstift Ranshofen wur de im Jahre 1125 gegründet. Um 1135 kam es zur Errichtung eines ChorfrauenKlosters. Die ersten Chorfrauen gehörten dem Adelsstand an^"^ und widmeten sich der Erziehung junger, meist adeliger Mädchen^^. Von den ersten Chorfrauen wissen wir nur wenige zu nennen. Urkundlich werden genannt: Gertrudis, welche von ihrer Mutter, der Witwe Wichards von Hütte, um 1150 in das Stift gebracht wur de und einen Teil des Gutes zu Biebeling einbrachtet^. Auch Adelheid, Tochter des Raffold von Plankenbach, trat um diese Zeit in das Kloster, und ihre Schwe stern gaben ein Gut zu Lindach an die Chorfrauent^. Die Matrone Liukardis be gab sich um 1175 in das Stift und schenkte diesem ihre Besitzungen zu Überackernt®. Um 1190 war auch Adel- ^ Schauher, S. 122. Schauher, S. 123. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, 65. Vereinsjahr, 1925, S. 139. Mitt. f. SLK, S. 179. " Mitt. f. SLK, S. 179. Wolfgang Dannerhauer: Generalschematismus... der Diözese Linz, 1885, S. 518. Hans Rödhammer: Die Pröpste des AugustinerChorherrenstiftes Ranshofen. In: Oö. Hbl., 38. Jg., H. 4, 1984, S. 339. Urkundenbuch von Oberösterreich, 1. Bd., S. 220, Nr. 49. UB Oö., 1. Bd., S. 226, Nr. 71. UB Oö., 1. Bd., S. 242, Nr. 119. 146

heid, Enkelin des Gottfried, Kämmerers des Herzogs von Bayern, Chorfrau in Ranshofen^^. Gertrud von Hütte wird „Magistra zu Ranshofen" bezeichnet, sie war also eine Vorsteherin des Frauenklosters^°. Die be reits erwähnte Adelheid war „Camera ria" zu Ranshofen^^. Sie führte also die Wirtschaftdes Klosters. Auch eine Ber tha (Pertha) wird als „Magistra" zu Ranshofen erwähnt^^ ebenso eine „conversa" Bertha, die an einem 4. April, und eine „conversa" Petrissa, die an einem 18. Juni des 12. Jahrhunderts starb^^. Im Jahre 1215 bestand das Frauenkloster noch, ohne daß wir von seinem Zustand etwas erfahren^^. Das Kloster mußte daraufhin eine sehr schlechte Zeit durchgemacht haben, weil Propst Konrad I. (12771311) am 25. November 1296 die „Wie derherstellung eines Frauen-Conventes" durchführte und darüber eine Urkunde ausstelltet^. Er gab dem Frauenkloster eigene Statuten und sicherte die wirt schaftlichen Belange. Zu dieser Zeit haben wir uns das Wohngebäude der Nonnen, deren Zahl nicht weniger als drei und nicht mehr als sechs betragen sollte, mit der Pfarrkirche baulich verbunden zu denken, weil es in einer Jubiläumsschriftt^ heißt, es sei „ne ben der Nordseiten (des Stiftes) gelegen gewesen"tt. Nach Osten vor der Apsis der Stifts kirche war vermutlich ein Friedhof situiert, der laut einer Urkunde vom 8. Juni 1277 der Friedhof der Subdiakone, Laienbrüder und Laienschwestern war^®. Nachdem aus dem 14. und 15. Jahr hundert keine Urkunden vorliegen, de nen zufolge Nachrichten über das Chor frauen-Kloster zu entnehmen wären, ist anzunehmen, daß der Frauenkonvent zu einem Anhängsel des Chorherrenstiftes wurde und deshalb rechtlich - also auch siegelmäßig - nicht selbständig in Er scheinung trat^^. Vom Chorfrauenkloster Ranshofen ist nichts erhalten geblieben. Das Chorfrauen-Kloster Reichersberg Der berühmte Propst Cerhoch (1132-1169) errichtete schon bald nach seiner Amtsübernahme ein Gebäude für die Chorfrauen. Im Jahre 1138 weihte Bi schof Roman von Curk die Kirche zu Eh ren der allerseligsten Jungfrau Maria. Daraufhin wurden die ersten Chorfrauen eingeführt und die Klausur geschlosssen. Die Chorfrauen lebten nach densel ben Vorschriften wie die Männer. Wie schon erwähnt, waren sie dem Propst und dem Stiftsdechant untergeordnet und durften ihr Siegel nur mit Zustim mung des Männerkonvents benutzen. UB Oö., 1. Bd., S. 261, Nr. 162. Franz Pritz: Geschichte des aufgehobenen Stiftes der regulierten Chorherren des hl. Augustinus zu Ranshofen in Oberösterreich. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen, 17. Bd., Wien 1857, 5. 378. Pritz, S. 378. Pritz, S. 378. Andreas Meiller: Auszüge aus bisher ungedruck ten Necrologien der Benediktiner-Klöster St. Peter in Salzburg und Admont in Steiermark. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts quellen, 19. Bd., Wien, S. 338. Konrad Schiffmann: Die Baugeschichte des Augu stiner-Chorherrenstiftes Ranshofen. In: Archiv für die Geschichte der Diözese Linz, V. Jg., 1898, S. 14. UB Oö., 4. Bd., S. 247, Nr. 274. Jubiläumsschrift aus dem Jahre 1699. Schiffmann, S. 14. Schiffmann, S. 15. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Zl. 1402/3796 vom 3. 4. 1984. 147

„Unser Lieben Frauen Kirche". Detail eines Kupferstiches des Klosters Reichersberg aus der Imwiertel-Topographie 1779 Der Bildungsstand der Reichersberger Chorfrauen muß hoch eingeschätzt werden, denn Propst Gerhoch widmete ihnen lateinische Sermones. Der Propst hatte auch für den Unterhalt des Frauen klosters zu sorgen^". Das Frauenkloster befand sich einige hundert Schritte vom Herrenstift entfernt^'. Um 1140 übergab der Edle Imizo dem Stifte als Aussteuer seiner Tochter Elisabeth, die sich als Nonne im hiesigen Frauenkloster befand, ein Gut bei Ursprinch (Ursprung) in der Pfarre Raab^^. Ein Erchimbert von Staine übergab zur Ausstattung seiner Tochter, die um 1140 in das Frauenkloster zu Reichersberg ein trat, das Gut zu Percha samt einem Wein garten und Hofe zu Aschach^^. Der Edle Isinrich von Annendorf (Andorf) schenkte nach 1140 dem Frauenkloster, in das seine Tochter eintrat, als Aus steuer ein Gut zu Heidolfingen^". Papst Innocenz II. nahm in einer im Lateran ausgefertigten Urkunde vom 8. Jänner 1142 das in der Passauer Diöze se gelegene Kloster Reichersberg mit dem hier befindlichen Frauenkloster in seinen und des Apostolischen Stuhles Schutz: es soll in diesen beiden Klöstern der kanonische Orden nach der Regel des hl. Augustin immer unversehrt auf rechterhalten werden^'. Die Stiftungen an das Frauenkloster Reichersberg nahmen zu. Adelheid von Grandeberg schenkte dem Stift als Aus stattung ihrer zwei Töchter Petrisse und Perichte, die sich um 1150 im Frauenklo ster befanden, die Güter Tüffenbach, He bensbach, Merofingen und einen halben Mansen an letztgenanntem Orte mit mehreren Zinsleuten"^. Juditha von Pornheim übergab dem Stifte ein Prädium zu Waizenkirchen und Sickelingen für die Tochter, die 1150 bis 1160 im Frauen kloster war, zum Seelentroste ihres Man nes Siboto^^. Nach 1160 hatten Alheidis (Adelheid) und Richkardis (Richarda), Töchter der Hadwigis, Gomtessa Hallensis de Wasserburg, im Frauenshft den Schleier genommen. Das Nekrologium Ranshofen nennt eine Chorfrau Adel heid von Reichersberg^®. Im Jahre 1166 Schaubcr, S. 122-123. Bernhard Appel: Geschichte des regulierten lateranensischen Chorherrenstiftes d. hl. Augustin zu Reichersberg, Linz 1857, S. 16. Appel, S. 17. Appel, S. 36. Appel, S. 19. Appel, S. 21. Konrad Meindl: Catalogus oö. Canonicorum Regularium... Reichersberg, Linz 1884, S. 191. - Blätter des Vereines für Landeskunde von Nie derösterreich, XL Jg., Wien 1877, Neue Folge, S. 357. Meindl, Catalogus, S. 191. - Appel, S. 31. Meindl, Catalogus, S. 191.

stirbt eine Chorfrau Mathilde^'. Diese dürfte mit der Mathildis sanctimon. Ri chersberg ident sein, die an einem 1. Fe bruar des 12. Jahrhunderts starb^° Aus den Jahren 1160 bis 1170 ist ein „Nonnenbrevier" des Chorfrauenstiftes Reichersberg erhalten gebJieben. Die Handschrift enthält vier mittelgroße Unter Propst Gerhoch von Reichers berg wurde in den Jahren 1162 bis An fang 1166 ein Psalmenkommentar, Pars 8, geschrieben. Die Handschrift ent hält in Bl. 1 r zum 118. Psalm eine große Spaltleisteninitiale in Rot auf schwarzer Vorzeichnung. An der gedrängten Form der Ausführung ist die Krisenhaftigkeit der Zeit für den Propst und sein Stift zu erkennen^^. Auf fortgesetztes Bitten widmete Gerhoch den Pars 8 seines Psalmenkom mentars den Chorfrauen^^. Dieser Psalmenkommentar ist aus Pergament, umfaßt 164 Blätter, ist 26,5 X 20 cm groß und befindet sich im Stiftsarchiv Reichersberg als Hand schrift R 9. Propst Gerhoch, in den letzten Jahren schon sehr leidend, starb am 27. Juni 1169 im Alter von 76 Jahren. Er hat 43 Jahre die priesterliche Würde getra gen und ist durch fast 38 Jahre dem Stift rühmlichst vorgestanden^^. Im Herbst des Jahres 1169 trat auch die Comtessa Hadewigis von Hall und Wasserburg in das Frauenstift ein, in dem sich schon ihre Töchter Adelheid und Richarda befanden. Sie brachte dem Stif te viele Schenkungen ein, so ein Gut zu Maichingen mit Zugehör und DienstleuEinband-Vorderdeckel des Nonnen-Breviers aus H60 (Reichersberg). Osterreichische Nationalbihliothek (Cod. Ser. n. 2958) Spaltleisteninitialen in roter Federzeich nung auf blauem und grünem Grund. Die wichtigen Initialen zum 1. und 101. Psalm fehlen. Die Handschrift ist aus Per gament und umfaßt 264 Blätter und ist 20,9 X 14,5 cm groß. Die Ähnlichkeit mit den Initialen der in Reichersberg erhalte nen Initialen ist hervorzuheben^^ Mitteilung von Dr. Gregor Schauher vom 26. Ok tober 1980. hAeiUer, Auszüge, S. 217. Kurl Holter: Nonnenbrevier. In: 900 Jahre Stift Reichersberg, S. 294, Nr. 3, 28. Kurt Holter: Gerhoch von Reichersberg, Psal menkommentar, Pars 8. In: 900 Jahre Stift Rei chersberg, S. 294, Nr. 3, 27. Schauber, S. 122. Appel, S. 61. - Vdolfgang jungschaffer: Gerhoch von Reichersberg und seine Zeit. In: 900 Jahre Augu stiner-Chorherrenstift Reichersberg, Linz 1983, S. 43 bis 68.

ten und eine Mühle in Grafendorf. Hadewigis starb am 4. Februar 1170 und wur de am 8. Februar im sogenannten Capitolium der Chorherren ehrenvoll beige setzt^^. Eine Anonyma de Peting war um 1175 Oblatin im Frauenkloster; dafür op ferte ein gewisser Uschalk sein Prädium zu Peting und ein Gut zu TobeP^. Um 1180 übergab Eufemia von Obernberg, eine alte edle Frau (nobilis Matrona), ihre Magd Pertha zum Zinse von fünf Dena ren dem Frauenkloster in Reichersberg^^. 1190 werden drei „Monialis anonymae" genannt, für die eine edle Bertha ihr Gut zu Friheim dem Stifte übergab^^. Eine Anonyma de Angesieze (Angsüß) trat um 1220 in das Frauenkloster ein, wofür ihr Bruder Hartwig dem Kloster das Gut zu Pitzlingen übergab^^. Für das Ende des 12. Jahrhunderts wird auch eine conversa Agatha erwähnt, die an einem 3. Mai starb^°. Der Kleriker Heinrich von Aigling übergab beim Eintritt seiner Schwe ster Chunigundis von Tousenberg in das Kloster nach 1220 die halbe Hube zu Pimpfing^^ Eine Chunigundis, sanctimonialis Richersberg, starb an einem 19. November^^. Um diese Zeit (1220) starb an einem 24. Juni die conversa Ber tha de Richersberg^^. Von dem Gute in Plad mußten 1227 jährlich sechs Schil ling an die Chorfrauen abgeführt werden^^. Erzbischof Eberhard II. von Salzburg bestätigte in einer Urkunde vom 12. März 1253 zu Werfen, daß den Brüdern und Chorfrauen, welche den Gottes dienst begehen, ein festliches Mahl zu reichen sei^^. Immer wieder wurden dem Frauen kloster Stiftungen gemacht. Am 20. Fe bruar 1234 verschrieb Graf Konrad von Wasserburg dem Stifte zur Aufbesse rung der Pfründe der Brüder und Schwe stern zu seinem Seelenheile das Gut zu Ahaim^^ Graf Heinrich von Ortenburg schenkte am 19. Mai 1236 den Brüdern und Schwestern des Stiftes Reichersberg seine Hube, die er zu Viehausen besaß^^. Propst Gerold stellte am 23. April 1262 einen Revers über eine Stiftung aus, nach der den Brüdern und Schwestern die gewöhnliche Präbende verabreicht und zur Aufbesserung derselben für An schaffung des Weines vom Propst aus dem Erträgnis der gewidmeten Güter all jährlich ein Pfund an die Küche gegeben werden mußte^®. Walther, 20. Propst des Stiftes Rei chersberg (1267-1281), erwirkte den Chorfrauen für ihre Kirche Indulgenzen (Nachsichten) und Gnaden und ließ das einsturzgefährdete Klostergebäude reno vieren^^. Unter Propst Konrad, welcher 1297 starb, war das Frauenkloster in Verfall geraten^®. Anscheinend war das GebäuMeindl, Catalogus, S. 191. - Appel, S. 69. Meindl, Catalogus, S. 191-192. Konrad Meindl: Geschichte... des Marktes und der Pfarre Obernberg am Inn, 1. Bd., Linz 1875, S. 31. Meindl, Catalogus, S. 192. Meindl, Catalogus, S. 192. Mitteilung von Sw. M. Theresia Bolschwing OSB, Archivarin der Abtei Nonnberg, vom 26. Okto ber 1980. - Meiller, Auszüge, S. 243 und 342. Appel, S. 87. Meindl, Catalogus, S. 192. - Meiller, Auszüge, S. 289. Meindl, Catalogus, S. 192. - Meiller, Auszüge, S. 256 und 342. Appel, S. 97. " Appel, S. 101. Appel, S. 102. Appel, S. 104. Appel, S. 112. Meindl, Catalogus, S. 52. Appel, S. 123. 150

de des Frauenklosters unter Propst Wal ther nur mangelhaft ausgebessert wor den. Propst Ulrich III. (1297-1301) sah es nach seinem Amtsantritt als eine wichti ge Aufgabe an, mit allem Ernste darauf Bedacht zu nehmen, das Frauenkloster vor dem Verfall, dem es entgegenging, zu retten. Die laufenden Einkünfte reichten kaum aus, um die ordentlichen Bedürf nisse und Auslagen zu decken. Da trat der Pfarrer von Zwenzendorf, Marquard, einst Kaplan des Bischofs zu Passau, auf den Plan und stellte aus eigenem nicht nur die Gebäude einigermaßen wieder her, sondern traf nach langer und ernst licher Beratung mit dem Propst und dem Konvent endlich zu Passau am 24. De zember 1298 folgendes Übereinkom- ,61. men J. Die Besitzungen und Einkünfte der Chor frauen werden von denen der Herren ausge schieden und durch einen der Chorherren, den der Propst ernennt, verwaltet. 2. Der Verwalter bezieht seine Pfründe wie früher, hat alljährlich nach Epiphani Rechnung zu legen und darf ohne wichtige Gründe nicht entfernt werden. 3. Von nun an verzichten der Propst Ulrich und der Dekan Richer auf die Verwaltung des Frauenklosters und weisen demselben aus den bisher gemeinschaftlichen Gütern zum Unter halte an zwei Höfe zu Moosburg (Thalbach und Ambach) sammt Zehent und Lehen, den Hof in Tobel, den neuen Baumgarten, die Hofstatt mit dem Garten beim Klostermeierhofe, Weingär ten zu Krems und am Weinzierlberg: dann fügte Marquard, der im Frauenkloster eine beständi ge Anzahl von 24 Personen wünschet, aus sei nen Besitzungen noch mehrere hinzu, die er vom Stifte zu Lehen hatte, nämlich den Zehent zu Münchberg, zu Münsteuer, den er um 70 Pfund an sich gekauft, zu Breitenaich und in Revel. 4. Das Frauenkloster soll sobald als mög lich gänzlich geschlossen werden und die Vor nahme der Visitation so wie die Zurechtweisung der Klosterfrauen nur dem Propste und Dechante zustehen. 5. Der schwersten Strafe soll der Propst verfallen, welcher diese Anordnung übertritt, und im Falle hartnäckigen Verharrens soll das Stift St. Nikola bei Passau den Verwalter aus den Chorherren von Reichersberg bestellen. Dieses Übereinkommen wurde am 5. Dezember 1300 vom Bischof Wernhard zu Passau bestätigt. Bischof Wernhard von Passau bestä tigte auf Ansuchen des Propstes Richer II. am 22. Februar 1313 auch das mit Pfarrer Marquard bezüglich des Frauenklosters getroffene Übereinkommen^^. Am 3. April 1326 erteilten mehrere Kardinäle zu Aignon allen jenen Gläubi gen, die an gewissen benannten Tagen nach abgelegter reumütiger Beichte die hiesige Klosterfrauenkirche andächtig besuchen und zur Unterhaltung dersel ben oder des Klosters was immer für ein Almosen geben, einen Ablaß von 40 Ta gen mit Genehmigung des Diözesanbischofs^^. Eine Chorfrau Elsbet Stursbechin wird am 1. Jänner 1327 urkundlich er wähnt, ihr Bruder verkaufte ihr um 40 Pfund den Hof zu Roßbach^^. Zwischen beiden Konventen kam es bald wieder zu Mißhelligkeiten. Die Klosterfrauen beschwerten sich beim Bi schof Albrecht zu Passau, daß man ihnen mehrere Güter, die ihnen zugewiesen Appel S. 123-124. - UB Oö., 4. Bd., S. 292-295, Nr. 314. Appel, S. 126. " Appel, S. 128. Meindl, Catalogus, S. 192. 151

wurden, entzogen und ihre Pfründe ge schmälert habe. Der Bischof brachte nun am 7. April 1331 in Passau wiederum ein Übereinkommen zustande, in welchem die Güter, die Propst Hermann II. ohne Zustimmung der Nonnen nicht verkau fen durfte, sowie die Viktualien und übri gen Dinge, die ihnen vom Herrenkon vent verabreicht werden mußten, na mentlich aufgeführt wurden''®. Diesem Übereinkommen fügte der Bischof am 2. Februar 1332 in Passau noch bei, daß bei eintretenden Landschaden sich gleichsam Chorfrauen und Chorherren eine Minderung der verschriebenen •. ■ Pfründe gefallen lassen müßten, woge gen sie aber auch bei einer Wertsteige rung einen Anteil an dieser Aufbesse rung haben sollten''. Das dieser Perga menturkunde anhängende Siegel ist das einzig erhaltene Siegel des Frauenklo sters. Es ist ein ovales Wachssiegel mit einer nur mehr schlecht lesbaren ümschrift, in der Mitte die Darstellung der hl. Maria mit dem Kinde'^. Der Administrator Ortolf von Teuffenbach ließ in seinem Vertrag vom 24. April 1335 die Bestimmung, die An zahl der im Frauenkloster zu unterhalten den Pfründe soll gleichfalls seiner Dis kretion überlassen bleiben, aufnehmen'®. Im Jahre 1366 beurkundet Georg von Aheim in einem am 11. November aus gestellten Stiftsbrief, daß er zum Seelen heile seiner Freunde von Drechselheim das Cut zu Moos bei Obernberg den Herren und Frauen zu Reichersberg ge geben habe, wofür den Chorherren zwei Drittel zufallen, das letzte Drittel jedoch zur Hälfte dem Propste und zur anderen Hälfte den Klosterfrauen zuzuschreiben sei". ünter Propst Dietmar brachen zwi schen Frauenkloster und Herrenkonvent neue Mißhelligkeiten aus. Zu dieser Zeit war Osanna Epelhauser Superiorin des Frauenkonvents. Diese nahm sogar den Wein des Herrenkonvents in Neuburg in Beschlag. Wegen der Pfründenverwal tung und anderer Sachen kam es zum Ausbruch großer üneinigkeit zwischen beiden Konventen. Bischof Albert III. von Passau erachtete es für notwendig und Wj"' ■ ' Siegel des Frauenstifles Reichersherg aus 1332. Foto: Stift Reichersberg " Appel S, 129. Appel S. 130. " Stiftsarchiv Reichersberg Nr. 97. Appel S. 131. Appel S. 146.

zitierte mit Schreiben vom 20. Februar 1373 den Propst von Reichersberg we gen des Streites mit den Chorfrauen zu sich nach Passau^^. In einem Schreiben vom 20. Dezember 1373 beauftragte Bi schof Albert III. von Passau den Propst (Andreas II.) von Suben, wegen des Strei tes zwischen den Chorherren und den Chorfrauen zu Reichersberg die streiten den Parteien nach Passau zu zitieren. Die streitenden Parteien mußten sich mit ih ren Urkunden und Briefen einfinden. Nachdem Dompropst Hanns von Scherfenberg mit dem Propst Friedrich von St. Nikola die Briefe und Urkunden sorgfäl tig geprüft hatte, tat ersterer am 23. De zember 1373 folgenden Ausspruch^h 1. Sollen beide Parteien und deren Freunde und Helfer in dieser Angelegenheit allem Zwi ste entsagen und in Frieden miteinander leben; auch soll die Eppelhauserin, die dem Propste und Convente wegen der zwischen ihnen eingetrete nen Mißhelligkeit den Wein zu Neuburg in Be schlaggenommen, aber nun wiederum hatte frei lassen müssen, wohl keinen Schaden ersetzen, doch aber den Propst bemüthiglich bitten müssen um Verzeihung ihrer Schuld und um Lösung von dem Banne, in dem sie ihres Ungehorsams wegen gefallen war. 2. Wiewohl dem Propste und Convente hiedurch großer Schaden zugefügt werden, so haben doch auch die Freunde der Eppelhauserin Scha den gelitten, daher es beiderseits von einem An sprüche auf Schadenersatz abzukommen hat, wohl aber sollen die Freunde der Frauen dem Gotteshause zu Reichersberg für die demselben durch sie erwachsenen Nachtheile sich hinfüro dienstlich und förderlich erweisen. 3. Sollen die Klosterfrauen ihrem Propste in allen billigen Stücken Gehorsam leisten, wie dieß die Gewohnheit und die Satzungen ihrer Regel fordern. 4. Soll der Propst den Klosterfrauen ihre Pfründe an Kost, Wein, Waid, Gewand und Holz ordentlich verabreichen, der einen wie der andern, und in so lange, bis der Bischof wieder nach Passau zurückkommt, wo sodann sowohl der Propst und der Convent, als auch die Klo sterfrauen vor demselben sich wiederum einfin den und ihn demüthiglich bitten sollen, daß er ihre Pfründen nach dem Inhalte ihrer alten Briefe ordne und bestätige, damit in Zukunft aller Krieg und Anstoß beseitigt werde. Da jedoch der Bischof, als er von einer Reise zurückgekommen und durch wichtige Angelegenheiten, die seine eige ne Person und die Kirche betrafen, zu sehr in Anspruch genommen war, so beauftragte er den Dompropst Johann von Scherfenberg und Propst Friedrich von St. Nikola mit der gänzlichen Beile gung des Streites zwischen den beiden Reichersberger Konventen. Die Parteien mußten neuerlich mit allen Briefen und Urkunden nach Passau kommen und brachten dort ihre Klagen vor. Nachdem sie sich nicht einigen konnten, wählten am 10. August 1374 der Propst und die Klosterfrauen den Dompropst von Pas sau als Schiedsrichter zur Beilegung ih rer Streitigkeiten^^. In Passau schlichte ten der Dompropst von Passau und der Propst von St. Nikola den Streit zwi schen den Chorherren und den Chor frauen zu Reichersberg durch folgenden Vertrag, geschlossen am 1. November 1374^^: 1. Soll aller bisher gehabte Streit vergessen sein und von keiner Seite mehr angeregt werden, sondern es sollen beide Theile in Eintracht und Liebe leben. UB Oö., 8. Bd., S. 633, Nr. 633. 71 Appel, S. 148-149. - UB Oö., 8. Bd., S. 669, Nr. 677. 72 Appel, S. 149. - UB Oö. 8. Bd., S. 716, Nr. 704. 72 Appel, S. 150-152. - Meindl, Catalogus, S. 192. - UB Oö., 8. Bd., S. 721-725, Nr. 711. 153

2. Sollen die Klosterfrauen dem Propste die ihm gebührende Ehrerbietigkeit und den schul digen Gehorsam erweisen, wie ehedem nach der Vorschrift der Regel leben und die Klausur ein halten, deren Schlüssel bei dem Propste oder, falls kein solcher da wäre, bei einem dazu geeig neten besonderen Herrn aufbewahrt werden. 3. Sollen dieselben ohne Erlaubnis des Prop stes oder dessen Stellvertreters hinfüro die Adauern ihres Klosters nicht verlassen, ausge hen oder wie immer herumschweifen, noch auch Klagen, woraus dem Stifte ein Nachtheil zuge hen könnte, an auswärtige Laien in eigener Per son oder mittelst anderer Personen, sondern nur an den Bischof selbst oder an dessen Archidiakon bringen dürfen, widrigenfalls sie mit Arrest belegt werden sollen, den nur der Propst nachzu lassen das Recht haben solle. 4. Sollen die Klosterfrauen alle Tage die ka nonischen Tagzeiten in ihrem Kloster beten, bis ihrer so Viele werden, daß sie selbe, wie in andern Klöstern gebräuchlich, singen können; auch soll ihnen der Propst durch seine Chorher ren täglich eine Messe lesen oder singen sowie auch die Kirchweih- und Patrociniumsfeste, Processionen, Jahrtage mit Vigilien bei Tag und bei Nacht und andere gewöhnliche Feierlichkei ten abhalten lassen. 5. Damit die Urkunden der Frauen nicht durch selbe oder andere Personen verlorengehen, noch auch durch ihr Siegel irgend ein Miß brauch geschehe, so sollen selbe sämmtlich in einem Schranke verschlossen und im Stifte St. Nicola aufbewahrt bleiben und nur für den Fall eines wirklichen Bedarfes dem Propste, Convente und den Frauen eine Abschrift der Urkunde auf ihre Unkosten überschickt werden; auch sol len die Frauen sich ihres Siegels ohne Zustim mung des Propstes und des Conventes nicht be dienen dürfen, widrigenfalls solche Urkunden ungiltig sein sollen. 6. Was die den Frauen zu verabreichende Präbende betrifft, so soll der Propst oder dessen Stellvertreter alljährlich jeder derselben eine halbe Burie oder 60 Pfennige, am Aschermitt woche 6 Pfund Olivenöl oder 42 Pfennige und täglich einen Pfennig sammt der gewöhnlichen Portion an Brod und Gel und ein Seidel Wein geben; ferner alle Jahre am Feste Mariä Geburt jeder Frau 1 Metzen Weizen, 1 Metzen Gerste und 2 Metzen Hafer, im Advente jeder der Frauen 6 Käse oder 12 Pfennige, am Georgitage einer Jeden 24 Ellen Leinwand oder 60 Pfennige und 14 Pfennige für Sommerschuhe, um Marti ni jedes zweite Jahr 14 Pfennige für Winterschu he, jedes dritte Jahr ein Pellicium oder ein halbes Pfund Pfennige und alle vier Jahre um Allerhei ligen einen Mantel, auch Epitogium genannt, oder 5 Schillinge. 7. Für je zwei Frauen soll der Propst in dem Meierhofe eine Milchkuh und zur Verrichtung der im Frauenkloster erforderlichen Dienstlei stungen zwei Personen verschiedenen Ge schlechtes mit Kost und Lohn unterhalten; auch soll er ihre Küche mit Holz nach Bedarf hinläng lich versorgen, das Refectorium sowie die Infirmarie von Allerheiligen bis Georgi heizen las sen und alle Baulichkeiten im Dormitorium, Re fectorium, Infirmarie, Küche, u.s.w., wie es in andern Klöstern geschieht, unterhalten und er forderlichen Falles herstellen. 8. Wird dem Frauenkloster ein Legat oder Geschenk zu Theil, so sollen dieses die Frauen selbst nach Bedarf zu gleichen Theilen unter sich vertheilen dürfen; wäre es aber ein unbeweg liches Gut, so hat darüber der Propst zu verfü gen wie über die andern Güter seines Stiftes. 9. Sollen unbeschadet dieses Vertrages, je nachdem sich die Einkünfte des Stiftes mehren oder vermindern, an der Aufbesserung und Ver ringerung der Pfründen auch die Klosterfrauen verhältnismäßigen Antheil haben, so wie es in der vom Bischöfe Albert II. 1331 hierüber ausge stellten Vergleichsurkunde bestimmt worden ist. 10. Sollte der Probst, der Convent oder Der jenige, dem sonst dieses zusteht, alles das, was und wie es hierin festgesetzt worden, den Frauen nicht ordentlich zur gehörigen Zeit leisten und 154

auch nach geschehener Erinnerung seiner Pßicht nicht nachkommen, so solle es dem Bischöfe oder dessen Archidiakone vorbehalten sein, über die Schuldigen Strafe zu verhängen und den Klo sterfrauen das Abgängige aus des Stiftes Ein künften ersetzen zu lassen. Die Superiorin Osanna Epelhauser schien in bezug auf die Hausverwaltung eine tatkräftige Frau gewesen zu sein. Sie hatte mächtige Freunde, ohne die sie wahrscheinlich den obigen Vertrag nicht hätte durchsetzen können. Propst Dietmar und der Konvent zu Reichersberg versprachen am 16. No vember 1375, die von der Familie der Ed len von Marsbach gemachten Stiftungen zu vollbringen. Auch das Frauenkloster wurde mit einem halben Pfund Wiener Pfennige bedachP^. Nach den Nekrologien von Salzburg und St. Nikola starb die Superiorin Osanna Epelhauser am 11. April 1380''^. Am 5. Februar 1407 verzichteten Doro thea Hawczinger, Klosterfrau zu Rei chersberg, und ihre Schwester Katha rina, des Konrad Murheimers Witwe, auf ihren Erbteil auf der Bruckmühle, dem Antiesenberg, auf zwei Höfe mit dem Weingarten und allem, was dazugehört, nach dem Tode des Vaters zu Gunsten des Stiftes Reichersberg^^. Im Nekrologium des Domstiftes Salzburg und des Stiftes St. Nikola ist der Tod der Chor frau Dorothea Hawczinger mit 10. Mai verzeichnet. Sie beschließt die Reihen folge der urkundlich beglaubigten Kanonissen des Chorfrauenstiftes zu Reichersberg^^. Weihbischof Mathias von Passau rekonzilierte am 17. November 1432 die Frauenkirche mit den darin befindlichen vier Altären, dem Frauenkloster und dem daranstoßenden Gottesacker und weihte am nächsten Tage eine in einem Gange jener Kirche befindliche schöne MutterGottes-Statue mit dem Jesu-Kinde. Auch verlieh derselbe Weihbischof jenen Gläubigen, die die Frauenkirche andäch tig besuchten, einen Ablaß von 40 Ta78 gen Am Weißen Sonntag, der im Jahre 1447 auf den 16. April fiel, weihte Weih bischof Siegmund von Passau die Altäre der Frauenkirche^^ und verlieh allen Gläubigen, die ihr Gebet an den hohen Festtagen verrichteten, einen Ablaß von 40 Tagen. Diese Kirche wurde vom Kar dinaldiakon und apostolischen Legat Jo hann zu Wien am 18. September 1448, vom Bischof Sylvester von Chiemsee am 18. Jänner 1450 zu Salzburg und vom Kardinaldiakon Prosper Colonna zu Rom 1450 mit Ablässen belegt. Das Frauenkloster scheint um diese Zeit schon aufgelassen gewesen zu sein, da in allen diesen Ablaßbriefen von demsel ben keine Erwähnung mehr gemacht wurde®°. Am 18. April 1518 weihte Weih bischof Bernhard von Passau den Be gräbnisplatz um die Frauenkirche, wel chen Propst Matthäus mit einer Mauer hatte umfangen lassen®^. Die Frauenkirche wurde in der Folge zeit als Pfarrkirche verwendet, bis sie un ter Kaiser Joseph II. gesperrt und 1820 abgerissen wurde. Von den Gebäuden 74 UB Oö., 8. Bd., S. 785, Nr. 760. 75 Meindl, Catalogus, S. 192. 7^ Meindl, Catalogus, S. 192. - Appel, S. 175. 77 Theodor Wiedemann: Die Nekrologien des Dom stiftes Salzburg. In: Archiv für Kunde österr. Ge schichtsquellen, 28. Bd., I. Abt. Wien 1863, S. 97. - Meindl, Catalogus, S. 192. 75 Appel, S. 197. 7^ Appel, S. 202. - Xenia Bernardina, Bd. III, S. 338. 50 Appel, S. 202. 5^ Appel, S. 228. 155

des alten Nonnenklosters hat sich nichts mehr erhalten®^. Aus dem Frühbarock sind im Stift Reichersberg zwei Nonnen-Statuen er halten geblieben. Sie standen in der alten Frauenkirche und waren offensichtlich Assistenzfiguren eines Altares. Die Sta tue Nr. 1 ist nach Art der alten Chor- " r / SÄ '.nenslaiue (Nr. 2) aus dem Stift Reichersberg. Stiftseum Reichersherg. Foto: Hirnschrodt, Ohernherg Nonnenstatue (Nr. 1) aus dem Stift Reichersberg. Stiftsmuseum Reichersberg. Foto: Hirnschrodt, Ohernherg frauen gekleidet, der Mantel ist vorne of fen, der fials ist durch einen Brustschleier bedeckt. Interessant ist das vorne herab hängende Leinenband (Sarrokel = sacrum rochettum = geweihtes Chor hemd), das hier noch etwa doppelt so breit ist wie die heute üblichen. Die Sta tue ist aus fiolz, gefaßt, 130 cm hoch und 53 cm breit®®. Die Statue Nr. 2 ist ebenfalls aus Holz, gefaßt und auch 130 cm hoch und 53 cm breit. Diese Nonne hat einen Um hang um die rechte Schulter geworfen und unter der linken Achsel gegürtet, der Hals ist frei. Die rechte Hand trägt ein Buch. Der Kopf ist über dem Schleier ab geflacht, hier könnte sich eine Krone (Äb tissin) befunden haben®^. Schauher, S. 123. 900 Jahre Stift Reichersberg, S. 385, Nr. 10.05. 900 Jahre Stift Reichersberg, S. 386, Nr, 10.09.

Das Chorfrauen-Kloster Suben Die Gründung des Klosters der Chorfrauen in Suben erfolgte in der Zeit nach 1126, in welchem fahre am 15. No vember im von Königin Tuta, einer Tochter des Grafen von Formbach, ge gründeten Weltpriester-Kollegiatsstift die Regel des hl. Augustinus eingeführt wurde®®. Es ist urkundlich nicht bewiesen, aber historisch wahrscheinlich, daß Kö nigin Tuta als Chorfrau in das Nonnen kloster eintrat. So wie es bei der Grün dung anderer Frauenklöster der Fall war, daß die Gründerin oder die Witwe des Gründers in das neue Kloster eintrat, so war es sicherlich auch in Suben. Tuta war seit 1122 Witwe. Der Eintritt der Gründerin stellte in allen Fällen einen Schutz dar und brachte meist reiche Schenkungen mit sich. Königin Tuta starb am 1. Mai 1136 als Matrone®®. Aus dem 12. Jahrhundert ist nur eine Pertha, conversa de Suben, bekannt, die an einem 6. Mai verstarb®^. Dann schweigen die Chronisten fast zweihun dert Jahre über das Chorfrauen-Kloster zu Suben. Erst am 1. Mai 1356 gibt eine Urkunde die Mitteilung, daß Erzbischof Ortolf von Salzburg mit Einwilligung seines Kapitels dem „Nonnen Augusti ner-Orden" im Kloster das Prädium Choyslehen, einen Zehent in der Abtenau, ein halbes Gut in Aznowe bei Rotenstein und ein Gut zu Uttendorf bei Mittersill schenkte®®. Vermutungen ergeben, daß die von Propst Matthias Meermoser am 25. No vember 1429 vor den Toren des Stiftes geweihte Kirche „Zu unserer lieben Frau" als Klosterkirche für die Nonnen be stimmt war®®. So wie die Nonnenklöster Ranshofen und Reichersberg gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts aufhörten zu bestehen, so war es auch in Suben. Vom Nonnenkloster Suben ist weder eine Ur kunde noch ein Siegel erhalten geblie ben®". Die allerletzte Erinnerung an ein Chorfrauen-Kloster in Suben sind vier ovale Stuckreliefs, Büsten von Nonnen Nonnenmedaillon aus der Stiftskirche Suben. Foto: Bundesdenkmalamt Wien Hans Rödhammer: Die Pröpste des AugustinerChorherrenstiftes Suben. In: Oö. Hbl., 32. Jg., H. 4, 1978, S. 224. Hans Rödhammer: Sammlung Suben, Grün dungsakte. Wiedemann, Nekrologien, S. 96 und 261. - Meil ler, Auszüge, S. 243 und 357. 88 UB Oö., 7. Bd., S. 448-449. 8' Erich Zanzinger: Heimatbuch Suben, 1987, S. 109. Bayerisches Hauptstaatsarchiv in München, ZI. 1402/3796 vom 3. 4. 1984.

mit zum Gebet gefalteten Händen, Höhe 131 cm, Breite 116 cm, mit Stuckrahmen. Diese Nonnen-Medaillons sind gute Ar beiten, stammen vom Westchor der Subener Stiftskirche und waren Anfang des 17. Jahrhunderts erneuert worden^l Nach eingeholten Gutachten des Denk malamtes soll es sich um Darstellungen von Äbtissinen handeln^^. Diese Non nen-Medaillons befinden sich jetzt im Stadtpfarrhof Schärding in Verwah rung^^. Am 25. November 1856 zogen Schwestern vom Guten Hirten in das ehemalige Stift Suben ein, leiteten eine Strafanstalt für Frauen und blieben bis 1865. Für wenige Jahre bestand wieder ein Nonnenkloster am Inn^^. Diese Or densschwestern von der „Versammlung Unserer Lieben Frau von der Liebe des guten Hirten" lebten nach der Regel des hl. Augustin^^. Sie sind somit unter ande rem Namen Nachfolgerinnen der frühe ren Augustiner-Chorfrauen. Dagobert Frey: Die Denkmale des politischen Be zirkes Schärding. In: Österreichische Kunst topographie, Bd. 21, S. 201 und 203. Der Sammler, 15. Jg. Nr. 5-6, Mai-Juni 1919, S. 630. - Der Sammler, 17. Jg., Juli-Dezember 1921, S. 682. Mitteilung von OStR Prof. Franz Engl, Schärding, vom 7. April 1986. Zanzinger, Suben, S. 18. Dannerhauer, Generalschematismus, S. 624. 158

Literatur und regionale Identität am Beispiel von zwei oberösterreichischen Zeitschriften Von Franz Xaver Hofer Literatur, Regionalität, regionale Identität - Begriffe, die in den letzten einein halb bis zwei Jahrzehnten verstärkt in Diskussion standen. Schon um die Jahrhun dertwende war Regionalismus ein mit Literatur und Heimatkunst verbundener Begriff. Man besann sich auf Hebel, Gotthelf, Stifter und Keller sowie auf die populäre Tradition von Rosegger, Anzengruber und Stelzhamer und verband diese Vorbilder mit einer Absage an Großstadtkultur und lebensfremden Ästhetizismus. Heute beschäftigt man sich nicht zuletzt wegen der Gefährdung der sprachlichen Grund lagen mit diesem Zusammenhang: Einmal ist da das Verschwinden der Mundart in einem eigentlichen Sinn zusammen mit dem Erlöschen der vorindustriellen Tradi tion, und zum anderen setzt sich immer stärker eine technisierte, höchst abstrakte Kommunikation durch. Es ist damit eine Auseinandersetzung mit oftmals völlig unbemerkt entstandenen, neuen Wirklichkeiten notwendig geworden, die mit dem überlieferten Vokabular nicht mehr treffend bezeichnet werden können. Sprech- und SprachWirklichkeit sind natürlich auch für einen Autor, für einen Literaten von höch ster Wichtigkeit. Auch er ist einer veränderten Welt unterworfen und muß nicht nur seine Mittel neu definieren, sondern auch seine Rolle. Eines jedoch steht fest: Es wird nach wie vor von einem Literaten ausgegangen, der in einem engeren oder weiteren Sinn in einer bestimmten Region beheimatet ist. Der gesamte Literaturbetrieb geht davon aus. Im Zentrum des Begriffs Region steht auch heute Geographisches, Land schaftliches, ökonomisches; Region hängt mit Wegen und Straßen zusammen, mit Siedlungen; Region hängt mit groß und klein zusammen, mit bedeutend und unbe deutend; Region gilt als Schauplatz der Geschichte, als Hin- und Hergeschobenes zwischen verschiedenen Dominanten, als Zerrissenes, Zerstörtes, Entdecktes, Verlas senes, aufsteigend oder fallend, je nach dem; und natürlich haben Menschen dort ihren Platz, sie praktizieren dort Gemeinschaft und Gesellschaft, sie haben bestimmte Gewohnheiten, Eigenheiten, praktizieren Bräuche, Rituale, sind reich oder arm, sind alt oder jung, sind Benützer eines bestimmten Idioms, kommen sich ebenso gut vor wie die Bewohner der angrenzenden Regionen oder kommen sich besser vor als diese und machen deshalb Witze über ihre Nachbarn; sie verfügen über ihre Mittel, regeln ihre gesellschaftlichen Belange und sind mit den Ergebnissen zufrieden oder unzu frieden; sie kritisieren ferne Machthaber oder stimmen ihnen zu... 159

Region - Landstrich, Gebiet, Gegend; Bezirk - die Region des ewigen Schnees; in den höhe ren, höhergelegenen, wilderen Regionen; er schwebt immer in den höheren Regionen (fig.; umg.); er steht nicht auf dem Boden der Tatsachen, hängt schwärmerischen Träumereien nach (lat. regio = „Richtung, Gegend, Bereich, Gebiet"; zu regere; -^regieren) So erklärt Wahrigs Deutsches Wörterbuch. Man erfährt dabei, daß eine Region etwas Handfestes ist, daß es aber auch „höhere Regionen" gibt, die nicht mehr so zu verlässig sind, ja, in denen zu schweben so gar nicht empfehlenswert ist. Von diesen letzteren Regionen ist auch im Zusammenhang mit den Funktionen zwischen Litera tur, regionaler Identität und der Herausgabe von Zeitschriften abzuraten. Vorausset zung für einen einigermaßen erfolgreichen Umgang mit diesen Faktoren ist eine Er kenntnis der Gegebenheiten, der Eigenheiten und der Zusammenhänge, eine Auf nahme der Realitäten. Auch der Verweis auf „regieren" ist im Zusammenhang mit der angesprochenen Thematik wichtig. Es gibt in jeder Region eine Reihe von „Regierungen", von lenken den Behörden, z. B. die Gemeinden. Sie alle nehmen Anteil an der Bedeutung der Kul tur für die Gesellschaft, und zwar so weit, als dies die Bereiche ihres Regierens - also der Lenkung gesellschaftlicher Zusammenhänge - berührt. Für sie ist die Literatur als Teil der Kultur ein Aspekt innerhalb der Kulturpolitik. Sie hat dann neben Unterhal tung und Bildung mit Informiertheit und Aufklärung der Bevölkerung zu tun und wird damit eine Frage der Ideologie. Je nach Standpunkt wird auch der Stellenwert, welcher Literaturzeitschriften zugebilligt wird, verschieden ausfallen. Grundsätzlich dürfte aber heute die Berechtigung solcher Publikationen allgemein anerkannt sein. „die Rampe" - eine Literaturzeitschrift; „Landstrich" - eine Kulturzeitschrift Zur Begründung der Auswahl dieser beiden Zeitschriften sei angemerkt, daß der Autor in der Redaktion dieser beiden Publikationen zur Zeit mitarbeitet. Was er hier aufführt, ist, wie der Titel des Textes schon anführt, beispielhaft gemeint. Ein Gutteil der zur Sprache kommenden Aspekte gilt sicher in modifizierter Weise auch für andere Druckwerke vergleichbarer Art. „die Rampe - Hefte für Literatur" ist die Literaturzeitschrift des Landes Oberöster reich, das Land ist Medieninhaber (Verleger). Diese Zeitschrift besteht seit dem Jahre 1975, sie erscheint zweimal jährlich und hat das Format eines Taschenbuches, der Umfang beträgt durchschnittlich 150 Seiten. „Die Idee zur Gründung erwuchs", wie der ehemalige Leiter der Kulturabteilung des Amtes der oö. Landesregierung, W. Hofrat Dr. Pömer, es einmal formulierte, „aus der Praxis der Literaturförderung." Der erklärte Zweck dieser Zeitschrift im Rahmen der regionalen Kulturpolitik ist „die Förderung der heimischen Autoren durch Publikationen deren Werke der Literatur; wobei in dieser Zeitschrift jeder poetischen Gattung Raum gegeben werden soll". In der Praxis erlaubt dies die Aufnahme von Prosa, Lyrik, Drama und Essay von hei mischen Schriftstellern, sofern sie gelungene Werke einreichen. Beim Essay ist unter Umständen der Bezug zur oberösterreichischen Literatur mit ein Kriterium. Ein Ge sichtspunkt, der bei der Auswahl hinzukommt, ist der zusätzliche Auftrag, jungen. 160

am Anfang ihrer schriftstellerischen Tätigkeit stehenden Leuten innerhalb der „Rampe" einen Platz einzuräumen. Dazu dient der Abschnitt „Proben junger Auto ren". Bn redaktionelles Dreierteam, das zur Zeit aus Dr. Waltraud Mitgutsch, Prof. Kurt Klinger und dem Autor besteht, entscheidet weisungsfrei, welche Beiträge nach Durchsicht der Einreichungen in eine Nummer aufgenommen werden. Das Redak tionsteam ändert sich alle zwei Jahre in seiner Zusammensetzung. Die Beiträge werden honoriert. Die Rechte bleiben bei den Autoren, „die Rampe" ist im Buch handel erhältlich, kann aber auch abonniert werden. Ein Teil der Ausgabe wird jeweils an Schulen und Kultureinrichtungen weitergegeben sowie an Botschaften und Kulhirinstitute im Ausland. Die Literaturzeitschrift „die Rampe" wird im deut schen Sprachraum beachtet. Erst vor geraumer Zeit wurde sie in einer in der FAZ er schienenen Liste wichtiger deutscher literarischer Periodika an prominenter Stelle aufgeführt. //Landstrich - eine Kulturzeitschrift"/ gegründet 1980 von einem Kulturverein, näm lich dem Kulturverein Landstrich, zum Zweck der regionalen Kulturbelebung, zur Er munterung und Belebung vorhandener Talente, zum Zweck der Auseinanderset zung mit regionalen Gegebenheiten, mit dem Ziel einer Aufklärung, mit dem Ziel einer Erneuerung des regionalen Bewußtseins und einer „Vermehrung der Unabhän gigkeit in unserer Welt" (J. Burckhardt). Die Benennung „Landstrich" ist also ein Mot to. Aus lokalen Situationen heraus soll geschrieben und kritisch beleuchtet werden. Empfindungen, die aus der Verstörung entstehen, sollen herausgelassen werden. Dazu bedient sich der „Landstrich" nicht nur des Wortes, sondern auch das Foto und das bildnerische Werk sind als Beitrag erwünscht. Jede Nummer des „Landstrich" steht unter einem Thema. Medieninhaber ist der Kulturverein Landstrich, als dessen Hauptaktivität sich mehr und mehr die Her ausgabe und Verbreitung dieser Zeitschrift herausstellt. „Landstrich" erscheint einbis zweimal pro Jahr. Er hat DIN-A4-Format, ist mit zahlreichen Foto- und Kunst reproduktionen ausgestattet und wird sowohl im Buchhandel wie auch im Abonne mentsystem vertrieben. Der Sitz ist Schärding. Diese Ansiedlung an der Grenze bewirkt eine besondere regionale Schwerpunktbildung im niederbayerisch-innviertlerischen Raum. Die Kulturzeitschrift „Landstrich" enthält, wie schon angesprochen, neben rein literarischen Beiträgen von Fall zu Fall Bildbeiträge, darüber hinaus aber auch Dokumentationen, Materialien, essayistische Beiträge. Was von der Redaktion für ein vielfältig interessiertes Publikum konzipiert war, hat sich im Lauf der Zeit auch als ein Vorteil im Sinne der Verbreitung erwiesen. Auch die Zusammensetzung der Redaktion - Maler, Buchhändler, Schriftsteller, Lehrer, Hausfrau, Fotograf, Architekt, Historiker - begünstigte die Vielseitigkeit des Konzepts. Die Redaktion ist von Anfang an fast unverändert geblieben, sie besteht zur Zeit neben dem Autor aus Helga Hofer, Annerose Riedl, Alois Riedl, Gerwald Sonnberger, Hans Schusterbauer und Rudolf Weilhartner sowie dem ständigen Mitarbeiter Dr. Siegwald Ganglmair. Die Arbeit dieses Teams wurde schon mehrfach in heimischen Medien vorgestellt und anerkannt. 161

Was ist Literatur? Wir gehen hier von einem Literaturbegriff aus, der die Literatur allen gesell schaftlichen und sonstigen Erscheinungen vorordnet, also auch dem Regionalen. Literatur hat dies alles zum Gegenstand der Behandlung. Sie stellt Wahrheit her. Sie beschäftigt sich mit der Realität als „wirklicher Wirklichkeit". Sie ist der wissenschaft lichen Annäherung überlegen. Literatur ist, wenn sie wahrgenommen wird, Einfluß; sie hat jedoch keinen Herrschaftsanspruch, sie ist „ohnmächtig" überzeugend. Und selbst ihr Anspruch auf Wirkung im gesellschaftlich-sozialen Sinn, im Sinne einer engagierten Literatur, ist, selbst wenn er beim Autor vorhanden ist, fragwürdig. Lite ratur arbeitet mit der Leistungsfähigkeit der Sprache. Es sei hier hinzugefügt, daß neben der Literatur auch andere künstlerische Verfahren wie Malerei, Grafik, Plastik, Fotografie, Film, Musik für gleich vermögend zu halten sind, vergleichbar in Wirkungsweise und Wirksamkeit. Es sind dies alles „Sprachen" in einem weiteren ^inn, die ebenfalls der rationalen Verarbeitung in ihrem Ansatz vorgeordnet sind, ja, die, wenn sie ihr Optimum erfüllen, diesen auch überlegen sind. Eine Meinung, der das Konzept der Kulturzeitschrift „Landstrich" gerecht zu werden sucht. Günter Eich sagte in einer Rede über „Literatur und Wirklichkeit", gehalten in Vezelay, 1956, unter anderem: Erst durch das Schreiben erlangen für mich die Dinge Wirklichkeit. Sie ist nicht meine Voraussetzung, sondern mein Ziel Ich muß sie erst herstellen. Ich hin Schriftsteller, das ist nicht nur ein Beruf, sondern die Entscheidung, die Welt als Sprache zu sehen. Als die eigentliche Sprache erscheint mir die, in der das Wort und das Ding zusammenfallen. Aus dieser Sprache, die sich rings um uns befindet, zugleich aber nicht vorhanden ist, gilt es zu übersetzen. Wir übersetzen, ohne den Urtext zu haben. Die gelungenste Übersetzung kommt ihm am nächsten und erreicht den höchsten Grad von Wirklichkeit. („Akzente", 3. Jahr gang, 313) Welche Fügung könnte die Nöte und die Herausforderungen des Literaten genauer bezeichnen als dies „Wir übersetzen, ohne den Urtext zu haben"? Der Schreibende erstellt also eine Übersetzung eines Urtextes, den er erst erraten muß; den er dann, wenn er ihn erraten hat, nicht einfach niederschreiben kann, weil er ihn zuvor noch übersetzen muß, damit er „sprach-bar", damit er sprechbar und damit er lesbar wird. Wenn man die Formulierung vom vorsprachlichen Urtext akzeptieren kann, so folgt daraus sachgemäß, daß jede „Übersetzung" eines Autors in seine Sprache etwas noch nie Dagewesenes sein muß. Urtexte existieren eben nur einmal. Nach dem, was vorhin über Region gesagt wurde, ist es naheliegend anzu nehmen, daß solche Urtexte auch durch regionale Gegebenheiten bestimmt sind. Der in seiner Region beheimatete Autor wird mit seinem Sensorium als nächstes auf Sprache als linguistischen Rohstoff und vorstrukturierten Inhalt - will sagen: Urtext - in seiner Umgebung stoßen. Die Meinung, die hier vertreten wird, läßt sich kurz so fassen: Urtexte sind ein regionales Substrat. Und: Jede literarische Produktion bringt also etwas Neues, eine „erstmalige" Übersetzung. 162

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2