OÖ. Heimatblätter 1988, 42. Jahrgang, Heft 2

bewußt, denn er bewarb sich um einige ausgeschriebene Lehramtsstellen, wenngleich ohne Erfolg, was er zum Teil selbst verschuldet hatte. Zur „erledigten" Lehrkanzel in Prag -1832 - hatte ihm sein ehemaliger Professor in Mathematik und Physik (an der Universität in Wien) Andreas Baumgartner (ein Friedberger) geraten, wurde aber ent täuscht, da Stifter nach der schriftlichen „Konkursausschreibung" zur mündlichen nicht mehr angetreten war. In seiner Verärgerung über den Leichtsinn Stifters berich tete Baumgartner nach Friedberg an die Adresse der Eltern von Fanni Greipl, der Jugendliebe Stifters. Die Eltern distanzierten sich, untersagten der Tochter Umgang und Korrespondenz mit Stifter und beauftragten den Sohn ihm dies brieflich mit zuteilen. Dieser Brief-vom 5. Februar 1833^^ - dürfte in Stifter eine zornige Trotzhal tung ausgelöst haben, die ihn sogleich veranlaßte, sich in das Faschingstreiben zu stürzen, wobei er eine neue Bekanntschaft machte: die 21jährige Amalia Mohaupt. Das Verhältnis des 27jährigen Stifter zu diesem bildhübschen und nicht prüden Mädchen vertiefte sich, und im Sommer 1834 - am 11. Juli war sie 23 - gab er ihr das Eheversprechen, das er aber wenige Monate später wieder zurückzog, um einen letz ten Versuch zu machen, Fanni wiederzugewinnen. Er sah sie bei der Hochzeit seines Freundes Schiffler (18. August 1835) in Chrishansberg und schrieb ihr am 20. August des gleichen Jahres den langen, werbenden BrieP^ der kein sehr gutes Licht auf seinen Charakter wirft. Der Brief blieb unbeantwortet, und Fanni heiratete am 18. Oktober 1836 einen Beamten in Ried im Innkreis und zog später nach Wels. Stifters ständiges Schwanken zwischen Neigung und Pflicht - einer Pflicht sich selber gegenüber im Hinblick auf eine Lebensexistenz - verursachte anhaltende finanzielle Schwierigkeiten. Seine einzige, aber auch nicht regelmäßige Einnahme quelle damals war das Entgelt für Privatunterricht, den er seit 1828 erteilte. Celdausleihen und Schuldenmachen" wurden bei Stifter zu einer langjährigen Übung, die oft krihsche Situationen auslöste. 2.1 Shfters Lage Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daß Adalbert Stifter im Herbst 1835 und im Frühjahr 1836 psychisch und finanziell belastet war. Nach dem Bruch mit Amalia und der Verweigerung Fannis hatte er sich gewissermaßen in die Nesseln gesetzt, vermied weibliche Nähe und pries die Männerfreundschaft als das einzige Wahre. Doch seine beiden engsten Freunde - Adolf Freiherr von Brenner und Sig mund Freiherr von Handel - waren bereits von Wien abwesend, der eine in Rom, der andere in Innsbruck. Stifter verspürte die Einsamkeit in einem fast unerträglichen Maße. Seine „ewige" Jugendliebe hatte er verloren, und zu Amalia konnte er - so kurz nach der Trennung - nicht zurück, wie sehr er es auch wünschen mochte. Seine Stim mung zum damaligen Zeitpunkt kommt in einem Brief vom 4. Februar 1836 an Adolf Freiherr von Brenner^^ zum Ausdruck: ... Es ist schändlich und schmachvoll, daß ich Dir so lange nicht schrieb, aber nicht aus Mangel an Liebe, sondern aus Überfluß derselben entstand immer und immer kein Brief; denn ich hatte Dir stets so viel zu sagen, daß 2 Stunden, ja 3 oder 4 nicht hinreichten, das alles zu schreiben, wenn ich nun 1 oder iVi Stunden Zeit hatte, so war es ja nicht der Mühe werth anzufangen... Seit

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